Es ist nicht leicht für Politiker, Jugendlichen und jungen Erwachsenen gegenüber korrekt aufzutreten - korrekt im Sinne von angemessen und richtig. Denn korrekt - im Sinne von steif und staatstragend - möchte man ja gerade nicht wirken. Viel zu weit ist das damit verbundene Image von der Lebenswelt der meisten jungen Leute entfernt. Sie sind flippig, voller Träume, benutzen seltsame Worte, tragen provozierende Kleidung, viele sind engagiert, manche faul - und alle sind sie Wähler. Wie also ihnen gegenüber auftreten?
Politik ist eine Welt für Erwachsene. Es gibt viele Beispiele für falsche Formen der Annäherung: Bilder von Politikern, die versuchen, sich auf einer Bühne zwischen Jugendlichen zu Technomusik zu bewegen ist eines davon. Es gibt hier kein Patentrezept. Dafür sind die Jugendlichen zu unterschiedlich veranlagt und situiert, nicht wenige haben einfach ganz andere Interessen, und Politik - sei es im kleinen auf kommunaler Ebene oder im großen - hat da kaum Platz.
Das kann man ändern: Neben Politikern geben sich viele andere Gruppen, Organisationen und Institutionen Mühe, jungen Menschen zu erklären, wie Politik funktioniert und warum sie sich daran beteiligen sollten - zumindest als Wähler. Das ist Aufgabe politischer Bildung; sie ist elementar in einer Demokratie.
Wichtig ist - so schreiben mehrere Autoren dieser Ausgabe - die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ernst zu nehmen. Die Zeiten, in denen man Politik mit zu Albernheit verkommenen Spaß versuchte gleichzusetzen, sind vorbei. Viele junge Menschen wissen, dass Politiker heute über Fragen entscheiden, die ihr ganzes Leben beeinflussen werden. Sie haben erkannt, dass sie eine Generation sind, die vor weitaus schwierigeren sozialen und ökonomischen Problemen steht als ihre Vorgänger. Und sie wollen, dass Politiker und Politikvermittler dies anerkennen, indem sie die jungen Leute für voll nehmen.
Gleichzeitig ist Spaß ein Faktor, ohne den Politik für Jugendliche uninteressant wird. Demokratie - also die Beteiligung an Entscheidungen, das Sammeln von Unterschriften für eine Bürgerinitiative, die Diskussion mit dem Abgeordneten - bereitet Freude, macht Spaß und ist nicht albern. Dies zu vermitteln ist eine wichtige Aufgabe politischer Bildung, sagt Klaus Hurrelmann, Mitautor der Shell-Jugendstudie, in dieser Ausgabe. Und: Je früher junge Menschen dies erkennen, desto früher lernen sie auch die Mechanismen des politischen Systems kennen und können so unterscheiden, ob eine Regierungserklärung und die Replik der Opposition darauf ein echter Kampf um politische Positionen ist oder lediglich symbolische Politik.
Dabei sind Jugendliche keineswegs politikverdrossen - auch dies ist eine Quintessenz vieler Artikel. Ihre Beteiligung an Nichtregierungsorganisationen ist hoch, selbst bei den - von vielen bereits als Auslaufmodell verschrieenen - Gewerkschaften. Das Auslaufmodell in den Augen vieler Jugendlicher sind die Parteien. Sie werden oft reduziert auf ihre Funktion als reines Karrierenetzwerk für den politischen Nachwuchs - und das ist wenig attraktiv für die meisten Jugendlichen.
Vielleicht kommen durch diese Karrierenetzwerke aber auch häufiger als bisher jüngere und junge Politiker in wichtige Positionen. Dies wäre ein erster Schritt, das düstere Bild der Jugendlichen von den Parteien aufzuhellen. Die Distanz zwischen der Erwachsenenwelt der Politik und den Jugendlichen würde so - zumindest gemessen am Alter - schrumpfen. Das routinemäßige Drängen von Vertretern der Jugendorganisationen der Parteien, bei der Vergabe politischer Posten stärker berücksichtigt zu werden, macht also Sinn. Dort angekommen, sollten sie jedoch nicht vergessen, wo sie hergekommen sind - dass sie vor nicht allzu langer Zeit selbst jung waren.
Bert Schulz ist Redakteur der "tageszeitung" (taz) in Berlin.