Wenn Arno Lang seinen Arbeitstag beginnt, zieht es ihn erst einmal tief nach unten. Noch bevor in den Büros des Bundestages die Telefone läuten oder die Rechner gestartet werden, gehen er und seine Mitarbeiter die Treppen hinunter in das zweite Untergeschoss. Beinahe zehn Meter unter dem Bundestag, eröffnet sich eine Welt, die in aller Regel weder Besucher noch Mitarbeiter je zu Gesicht bekommen: Ein Labyrinth von Speichern, Trichtern und Rohren in Stahl, Chrom und Aluminium zieht sich durch das Untergeschoss des Jakob-Kaiser-Hauses und aller anderen Bundestagsgebäude. Die unterirdische Welt der Kälte-, Heizungs- und Lüftungsrohre wird von höchst komplexen Anlagen gesteuert und von zwei parlamentseigenen Blockheizkraftwerken versorgt. Täten sie das nicht, würde es in den Bundestagsgebäuden nicht nur nicht warm und kalt. Es gäbe auch keine frische Luft zum Atmen.
Arno Lang, der seinem Namen alle Ehre macht und sich unter den meisten Rohren hinwegducken muss, ist hier unten wie zuhause. Er kann die völlig kryptischen Aufschriften lesen, die Eingeweihten vermitteln, welche Relais und Sicherungen sich in welchem Schaltschrank verbergen und welches der Rohre mit welchem Kälte- oder Wärmespeicher verbunden ist. Es gefällt ihm sogar hier unten: "Ach wissen Sie", sagt er, "im Büro sitzen wir doch den ganzen Tag." Warum er jeden Morgen hier runter muss? Aus dem gleichen Grund, aus dem Hausbesitzer auch regelmäßig im Heizungskeller schauen sollten, ob irgendwo ein Leck aufgetreten ist und sich das Wasser auf dem Fußboden sammelt. "Wenn etwas an unseren Anlagen nicht in Ordnung ist," erklärte Arno Lang, "dann sieht man es meist hier unten. Wir sparen eine Menge Arbeit und Ärger, wenn wir das feststellen, bevor im Haus der Betrieb losgeht."
Und wenn wirklich etwas nicht stimmt mit dem Klima, klingelt in Arno Langs Büro das Telefon. Der 45-jährige Meister für Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik und seine Mitarbeiter stehen parat, wenn es zu warm oder zu kalt oder einfach nur stickig ist. Die größte Herausforderung ist nämlich zu verhindern, dass irgendwo in dem riesigen Gebäude, das acht Häuser miteinander verbindet, "dicke Luft" entsteht. Weil nicht jeder Raum ein Fenster nach draußen hat, verteilt ein äußerst komplexes System aus Lüftungsanlagen und elektrisch betriebenen Fenstern die frische Luft von draußen in das gesamte Gebäude. Auf diesem Weg wird auch zumindest im Sommer die Temperatur im Bundestag geregelt: Auf den Einbau einer Klimaanlage wurde aus ökologischen Gründen verzichtet.
Es ist aber nicht nur das Wetter, das die Arbeit von Langs Team beeinflusst - sondern auch das tägliche Geschehen im Bundestag. Vor jeder Sitzung inspiziert einer von ihnen den Saal und überprüft die klimatischen Bedingungen. Die Steuerungsmöglichkeiten, die sich den Technikern bieten, wenn sie feststellen, dass es Verbesserungsbedarf gibt, sind ganz enorm; vor und auch während der Sitzungen. Flexible Arbeitszeiten sind deswegen für die Männer an der Tagesordnung: Solange die letzte Sitzung nicht zu Ende ist, bleibt ein Klimatechniker im Haus.
Der Meister Arno Lang ist Flexibilität gewöhnt: Bevor er sich im Bundestag bewarb, arbeitete er mehrere Jahre auf Montage. Das Zuhause war im Rheinland, die Aufträge brachten ihn nach Hannover, Frankfurt, oder München, für ein paar Wochen oder nur für ein paar Tage und häufig auf Zuruf über Nacht. "Eine Nacht in Leverkusen, drei in Dortmund und dann ab nach Bayern - das war eher Alltag als Ausnahme", erinnert er sich, "und als ich dann eine Ausschreibung vom Bundestag fand, dachte ich: Das wär es doch - eine feste Stelle!" Das mobile Leben hatte er nämlich schon vor den Jahren auf Montage geprobt. Zwölf Jahre war Arno Lang bei der Marine und immer mal wieder woanders stationiert. Dort musste er übrigens noch viel tiefer hinunter als im Bundestag: Um das Schiff notfalls auch von unten reparieren zu können, hat er eine Taucherausbildung absolviert.