Schily rechtfertigt Einreisesperre gegen Kurnaz
Ex-Innenminister Otto Schily hat am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss die Entscheidung vom Herbst 2002 verteidigt, den damaligen Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz im Falle einer seinerzeit im Raum stehenden Freilassung durch die USA nicht in die Bundesrepublik einreisen zu lassen. Im Sinne des Strafrechts sei der in Bremen aufgewachsene Türke zwar als unschuldig einzustufen, so der SPD-Politiker. Polizeirechtlich sei es aber geboten gewesen, ihn im Rahmen der Abwehr terroristischer Gefahren als Sicherheitsrisiko einzuordnen.
Schily: Vorwürfe gegen Kurnaz noch nicht ausgeräumt
Schily erklärte, er sehe keinen Anlass, diese von den Spitzen der Geheimdienste und des Bundeskriminalamts (BKA) im Oktober 2002 getroffene Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Aus Sicht des früheren Ressortchefs sind die Vorwürfe gegen Kurnaz auch heute noch nicht ausgeräumt. Der nach seiner Verhaftung in Pakistan Ende 2001 bis August 2006 in Guantanamo einsitzende Bremer Türke konnte letztlich aufgrund einer Intervention von Kanzlerin Angela Merkel nach Deutschland zurückkehren.
Kontakte zu islamistischen Organisationen
Er selbst sei seinerzeit mit dem Fall Kurnaz nicht im Detail befasst gewesen, sagte Schily vor dem Ausschuss. In der Rückschau begründen nach seiner Auffassung die den Geheimdienst- und BKA-Verantwortlichen damals vorliegenden Verdachtsmomente stichhaltig die Einstufung von Kurnaz als eines Gefährders. Der SPD-Politiker verwies unter anderem auf dessen überstürzte Abreise nach Pakistan, auf den - von der Opposition bestrittenen - Kauf eines Kampfanzugs durch den Türken, auf dessen Kontakte zu islamistischen Organisationen oder auf dessen "unglaubwürdige Darstellung", in Pakistan religiöse Studien betreiben zu wollen.
Bewertung der Geheimdienste
Zu der Kritik des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (Grüne), dass deutsche Geheimdienstler nach einem Verhör in Guantanamo Kurnaz im Herbst 2002 als ungefährlich beurteilt hätten, sagte Schily, die Geheimdienstspitzen seien zu einer anderen Bewertung gekommen, "und das halte ich für glaubwürdig".
Kurnaz sollte ausgewiesen werden
Der Ex-Minister wehrte sich gegen den Vorwurf, mit der Verhängung einer Einreisesperre gegen Kurnaz habe die rotgrüne Regierung dessen Haftverlängerung in Guantanamo zu verantworten. Schließlich hätte Kurnaz ja in die Türkei ausreisen können. 2002 habe auch Einvernehmen mit dem um eine Freilassung von Kurnaz bemühten Auswärtigen Amt geherrscht, den Gefangenen in einem solchen Fall in die Türkei zu überstellen.
Schily erklärte, angesichts der damaligen Gefährdungsanalyse hätte man Kurnaz auch in die Türkei ausgewiesen, so er aus Pakistan in die Bundesrepublik zurückgekehrt wäre.
Keine Rechtfertigung für Guantanamo
Der SPD-Politiker betonte, aus seiner Sicht seien Inhaftierungen in einem rechtsfreien Raum wie Guantanamo unter keinen Umständen zu rechtfertigen. Die Verantwortung für dieses Gefängnis liege aber ausschließlich bei den USA. Nach dem Auftritt Schilys will der Ausschuss im Laufe des Nachmittags Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) als Zeugen vernehmen, der 2002 als Kanzleramtschef amtierte. (hib/KOS)