Wer nicht kämpft, hat schon verloren
Rita Süssmuth gehört zu den bedeutendsten Politikerinnen der Nachkriegszeit.
Von 1988 bis 1998 war sie die Präsidentin des Deutschen Bundestages und hatte damit als erste weibliche Abgeordnete der CDU das zweithöchste Amt der Bundesrepublik inne. Ihr Name ist mit dem Aufbruch der Christdemokraten in der Frauen- und Familienpolitik verbunden.
In den achtziger Jahren war sie in zwei Bundesregierungen als Ministerin unter anderem für Frauen und Gesundheit zuständig. Zuvor war sie als Wissenschaftlerin ihren Weg gegangen und hatte als Beraterin politische Entscheidungen in der Familienpolitik mit vorbereitet. Noch heute ist sie gesellschaftlich und politisch aktiv, veröffentlicht Bücher, engagiert sich ehrenamtlich in Organisationen und übernimmt den Vorsitz in verschiedenen Gremien und Institutionen. Am Samstag, dem 17. Februar 2007, wird sie 70 Jahre alt.
Rita Süssmuth wurde 1937 in Wuppertal als Rita Kickuth geboren. Nach dem Abitur studierte sie in Münster, Tübingen und Paris Romanistik und Geschichte. Sie ist mit dem Historiker Hans Süssmuth verheiratet und Mutter einer Tochter.
Die Politikerin
Mit 44 Jahren schloss sie sich der CDU an und übernahm verschiedene Ämter in ihrer Partei: Unter anderem war sie Bundesvorsitzende der Frauen-Union und blieb für elf Jahre Mitglied des CDU-Präsidiums. 1985 folgte sie Heiner Geißler im Amt und wurde Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, später kam das Ressort Frauen hinzu.
1987 erhielt sie ein Direktmandat bei den Bundestagswahlen und war bis 1998 direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises 49 Göttingen. Danach erhielt Süssmuth von Oktober 1998 bis September 2002 über die Landesliste der CDU ein erneutes Mandat. Zwei Drittel ihrer Zeit als Parlamentarierin repräsentierte sie den Bundestag als Präsidentin. Von allen Bundestagspräsidenten war nur Eugen Gerstenmeier länger im Amt als Rita Süssmuth.
Sie formulierte Positionen, die in der eigenen Partei umstritten waren. So stellte sie den "dritten Weg" im Streit um den Abtreibungsparagraphen 218 zwischen Indikations- und Fristenlösung vor. Schon früh setzte sie sich für die Errichtung eines Holocaust-Mahnmals in Berlin ein. In ihrem Buch "Wer nicht kämpft, hat schon verloren" berichtet sie über ihre Erfahrungen in der Politik.
Die Wissenschaftlerin
Rita Süssmuth war als Professorin für Erziehungswissenschaften an verschiedenen Hochschulen tätig. Zu ihren zahlreichen beruflichen Stationen gehört die Mitgliedschaft im Wissenschaftlichen Beirat für Familienfragen beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit und später ihre Aufgabe als Direktorin des Instituts "Frau und Gesellschaft" in Hannover.
Der Verband der Deutschen Staatsbürgerinnen ernannte Süssmuth zur "Frau des Jahres 1987". Sie bekam zudem eine Reihe von Ehrendoktorwürden verliehen.
Nach wie vor ist die Christdemokratin in Forschungsinstituten und den Vorständen verschiedener gesellschaftlicher und politischer Einrichtungen eingebunden. Sie veröffentlicht als Autorin und Herausgeberin eine Reihe von Büchern, darunter "Eine deutsche Zwischenbilanz: Standpunkte zum Umgang mit unserer Vergangenheit". Ihre jüngste Publikation handelt von einem zentralen politischen Thema der Gegenwart: "Migration und Integration. Testfall für unsere Gesellschaft." (2006)
Engagement auch ohne politisches Amt
Rita Süssmuth arbeitet seit vielen Jahren auf der Bundes-, EU und UNO-Ebene an Lösungen von Zuwanderungsfragen, so auch in der UN-Weltkommission für Internationale Migration. In der vom damaligen Bundesminister des Innern, Otto Schily, eingesetzten "Unabhängigen Kommission Zuwanderung" übernahm Süssmuth den Vorsitz. Darüber hinaus leitete sie 2003 die Wahlbeobachtung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei den Wahlen zur siebten Staatsduma in der Russischen Föderation. Seit Januar 2006 ist Süssmuth Vorsitzende der "EU Hochrangigen Beratergruppe für Integration von benachteiligten ethnischen Minderheiten in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt".