Demokratie in Flammen
Am Abend des 27. Februar 1933 ging der Berliner Reichstag in Flammen auf.
Der Brand des Plenarsaals wurde von vielen Zeitgenossen als
Fanal für die Terrorherrschaft der Nationalsozialisten
wahrgenommen. Kurz nach der Ernennung Adolf Hitlers schien mit dem
Plenarsaal auch die parlamentarische Demokratie in Schutt und Asche
zu liegen. Der Brand diente den neuen Machthabern als willkommener
Anlass, den "kommunistischen Aufstand" propagandistisch
auszuschlachten. Der Niederländer Marinus van der Lubbe
wurde am Tatort festgenommen und Ende 1933 zum Tode verurteilt. Das
Urteil wurde kurz darauf vollstreckt. Es wurde Ende 2007 posthum
aufgehoben. Über die Entstehung des Reichstagsbrands
besteht jedoch bis heute keine restlose Klarheit.
Beginn der Terrorherrschaft
Ob van der Lubbe Alleintäter war oder die
Nationalsozialisten als Drahtzieher agierten, darüber gab es
auch dem Krieg keine Einigkeit unter den Historikern. Viele
Indizien sprechen dagegen. Van der Lubbe selbst gestand: "Es hat
mir niemand bei der Tat geholfen." Sicher ist, dass der Brand dem
NS-Regime einen willkommenen Vorwand für den ersten
großen Anschlag auf die labile junge Demokratie der Weimarer
Republik bot. Noch in der Brandnacht nutzte der gerade vier Wochen
amtierende Reichskanzler Adolf Hitler und sein Kabinett die
"Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" als juristische Handhabe
für die Verfolgung und willkürliche Verhaftung der
politischen Gegner. Hunderte Kommunisten und Sozialisten wurden in
derselben Nacht verhaftet. Mit der "Reichstagsbrandverordnung"
setzten die Nationalsozialisten die wichtigsten Grundrechte, das
Recht auf persönliche Freiheit, die Presse- und
Meinungsfreiheit sowie das Versammlungsrecht, außer Kraft.
Die Zerstörung der Demokratie nahm ihren Lauf. Ein paar Wochen
später stimmte eine Mehrheit im Reichstag dem
Ermächtigungsgesetz und damit der eigenen Entmachtung zu. Das
Parlament war endgültig bedeutungslos, Hitler bahnte sich den
Weg zur schrankenlosen Herrschaft.
Todesurteil aufgehoben
Im Prozess vor dem Reichsgericht in Leipzig verurteilten die Richter den 24jährigen van der Lubbe am 23. Dezember 1933 wegen Hochverrats und Brandstiftung zum Tode. Er wurde am 10. Januar 1934 hingerichtet. Ein dreiviertel Jahrhundert später, am 6. Dezember 2007, wurde das Urteil gegen den mutmaßlichen Brandstifter des Reichstages von der Bundesanwaltschaft aufgehoben. Grundlage für die Aufhebung des Urteils ist das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile von 1998. Die Aufhebung des Urteils ist kein nachträglicher Freispruch für Marinus van der Lubbe. Lediglich die formalen juristischen Grundlagen für den damaligen Schuldspruch wurden als nicht rechtmäßig erkannt.
Das Urteil wurde aufgehoben, weil die Verhängung der Todesstrafe auf zwei spezifisch nationalsozialistischen Unrechtsvorschriften beruhe, so die Begründung der Bundesanwaltschaft. Die "Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat" vom 28. Februar 1933 führte bei Straftaten, wie sie van der Lubbe zur Last gelegt wurden, die Todesstrafe ein. Mit dem Gesetz über die Verhängung und den Vollzug der Todesstrafe vom 29. März 1933, die so genannte Lex van der Lubbe, wurde gar die Verschärfung der Strafe rückwirkend angewandt, also auch auf Taten, die vor dem 28. Februar 1933 begangen worden waren.
Die Frage der Täterschaft bleibt ungeklärt. Sie beschäftigt bis heute die Historiker.