Pressemitteilung
Datum: 12.11.2001
Pressemeldung des Deutschen Bundestages -
12.11.2001
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Zeit:
Mittwoch, 14. November 2001,
11.00 - 14.00 Uhr
Ort:
Berlin, Paul-Löbe-Haus
(PLH), Sitzungssaal E 600
Tagesordnung
Öffentliche Anhörung zu dem
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung bestimmter Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard (Zweites Seeschifffahrtsanpassungsgesetz - SchAnpG2 -)
BT-Drucksache 14/6455
Gesetzentwurf der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Rainer Funke, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Entwurf eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes (SeeUG)
BT-Drucksache 14/6892
Liste der Anhörungspersonen
Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen am 14. November 2001 zu
- Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung bestimmter Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard (Zweites Seeschifffahrtsanpassungsgesetz SchAnpG2)
BT-Drucksache 14/6455
- Gesetzentwurf der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Rainer Funke und der Fraktion der FDP
Entwurf eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes (SeeUG)
BT-Drucksache 14/6892
Prof. Dr. jur. LL.M. Rainer Lagoni, Universität Hamburg, Institut für Seerecht und Seehandelsrecht
Peter Schlegel, Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU)
Kapitän Prof. Werner Huth Verband Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere e. V. - VDKS -
Dieter Benze, Ver.di/ÖTV Vorstandssekretariat
Jochen Hinz, Vorsitzender des Personalrats der WSD Nord und Beauftragter des Hauptpersonalrats beim BMVBW
Dr. Fritz Frantzioch, Bundesoberseeamt
Dr. Bernd Kröger, Verband Deutscher Reeder
Prof. Dr. Werner von Unruh
Rechtsanwalt Kapitän Jens Paulsen
Rechtsanwalt Dr. Julius Drumm
Kapitän Hans-Werner Schleiter
Fragenkatalog
zu der Anhörung am 14.11.2001 zu dem
Entwurf eines Zweiten Seeschifffahrtsanpassungsgesetz - SchAnpG2 - Drucksache 14/6455 - und dem
Entwurf eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes (SeeUG) - Drucksache 14/6892
I. Fragen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS90/ DIE GRÜNEN
1. Halten Sie den Gesetzentwurf für vereinbar mit
- dem deutschen Verfassungsrecht ?
- dem deutschen Verwaltungs- und insbesondere Verwaltungsverfahrensrecht ?
- dem geltenden EG-Recht einschließlich der Richtlinie 1999/35/EG ?
- dem geschriebenen und ungeschriebenen Völkerrecht ?
2. Reicht insbesondere die Erweiterung und Umwandlung des bisherigen
§ 24a SeeUG in den Abschnitt 3 des Gesetzentwurfs aus, um den Anforderungen des IMO-Codes für die Untersuchung von Unfällen und Vorkommnissen auf See zu genügen ?
3. Welche Ausrichtung hat der moderne seefahrtbezogene Unfalluntersuchungsstandard im internationalen Maßstab und insbesondere welche Bedeutung hat die Abkehr von einer "Culture of Blame" für die Zusammenarbeit der Staaten und für die Fortentwicklung der internationalen Sicherheitskultur auf See ?
4. Welche Folgen hat die weitere Verzögerung der Umsetzung der EG-Richtlinie 1999/35/EG?
5. Wie arbeitet die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung ?
a) Wie tragen die aus den Unfallberichten gewonnen Erkenntnisse zur Unfallvermeidung bei ?
b) In welcher Form werden die Rechte der Beteiligten, insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör, bei dem Verfahren zur Untersuchung von Flugunfällen gewahrt?
c) Wären mit dem heutigen System der Flugunfalluntersuchung öffentliche mündliche Verhandlungen vereinbar ?
d) Inwieweit können bei der Flugunfalluntersuchung Fachwissen und Erfahrungen Privater nutzbar gemacht werden?
e) Wie können Flugunfälle aufgrund des "menschlichen Faktors" besser vermieden werden?
f) Wie ist die Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden bei der Flugunfalluntersuchung zu bewerten?
g) Halten Sie eine Anlehnung der Seeunfalluntersuchung an die FLUU für sachgerecht?
6. Bei welchen Unfällen im öffentlichen Bereich (Verkehr, öffentliche Veranstaltungen, einstürzende Gebäude usw.) ist in Deutschland vorgeschrieben, dass die amtlich untersuchende, für die Sicherheitsvorsorge zuständige Verwaltung
a) auf Antrag eines an dem Unfall Beteiligten tätig werden,
b) vor Verwertung ihrer Erkenntnisse eine öffentliche Verhandlung durchführen muss ?
7. Welche Regelungen wurden für das Verfahren der Seeunfalluntersuchung, das der Bundesgesetzgeber 1995 einstimmig mit Zustimmung des Bundesrats eingeführt hat und nach dem z.B. der Seeunfall des Tankers "Baltic Carrier" in der Ostsee im März 2001 untersucht wird, hinsichtlich der zentralen Behörde, der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, der Öffentlichkeit einer solchen Verhandlung und hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens getroffen?
8. Bietet das jetzige SUG einen ausreichenden Rahmen zur Ursachenfeststellung ?
a) Auch außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer ?
b) Gibt es insbesondere datenschutzrechtliche Grundlagen, auf denen Beratungsunterlagen, Untersuchungsergebnisse und Beweismittel in der Hand deutscher Unfalluntersuchungsbehörden ausländischen Untersuchungsstellen zugänglich gemacht werden dürfen ?
9. Welche Schlussfolgerungen werden heute aus der Untersuchung von Seeunfällen gezogen ? Können die Untersuchungsergebnisse zur Optimierung der Schiffssicherheit beitragen ?
10. Wie wird die Neutralität der Bundesstelle nach dem Gesetzentwurf zur Seeunfalluntersuchung gewährleistet oder gibt es Möglichkeiten der Einflussnahme gegenüber der Bundesstelle
11. Ist eine sofortige Patententziehung bei eindeutigen Alkoholdelikten - wie sie nach § 14 Abs. 6 des geltenden Rechts vorgesehen ist - auch im Rahmen der Vorprüfung nach § 22 SUG möglich?
12. Wie erfolgt die Unfalluntersuchung bei einem Unfall außerhalb deutscher Hoheitsgewässer derzeit?
a) Welche deutschen Seeunfalluntersuchungsbehörden sind zuständig ?
b) Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um bei dienstlichem Interesse an Seeunfalluntersuchungen in internationalen Gewässern beteiligt zu werden?
13. Welche Möglichkeiten ergeben sich nach Abschnitt 3 des Gesetzentwurfs für eine nicht-normvollziehende Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden bei einem Seeunfall im deutschen Küstenmeer?
14. Welche Vor- und Nachteile ergeben sich für Beteiligte und interessierte Gruppen (z.B. VDR) aus einer nichtöffentlichen Seeamtsverhandlung ?
15. Welche Rolle kommt den ständig wichtiger werdenden Instrumenten der Mediation und freiwilligen Schiedsgerichtsbarkeit zu, um eventuellen Nachteilen entgegenzuwirken ?
16. Kann sich der Gesetzentwurf zur Frage der Vorprüfung zu Recht darauf stützen, dass es im deutschen Verwaltungsrecht prinzipiell keine öffentlichen Verfahren zur Entziehung oder Einschränkung von persönlichen Berechtigungen (insbesondere Fahrtberechtigungen) gibt, bei denen die Rollen von "Ankläger" und "Richter" in Personalunion bei einer Stelle liegen ?
17. Welche Vor- und Nachteile bringt im Verfahren der Patententziehung bzw.
-einschränkung nach Abschnitt 4 des Entwurfs die Wiederherstellung der (durch § 23 Abs. 2 SeeUG ausgeschlossenen) gerichtlichen Berufungsinstanz ?
18. Ist der Verzicht auf den Fachhochschulabschluss für Seelotsen (Artikel 5 § 9 Nr. 1 und 2) angesichts der fortschreitenden technischen Entwicklung in der Seeschifffahrt und der häufig multinationalen Zusammensetzung der Besatzungen angemessen ?
II. Fragen der Fraktion der CDU/CSU
1. Besteht ein notwendiger Anlass, das bisherige Verfahren zu ändern?
Handlungsbedarf
2. Besteht derzeit der Zwang bis zum 28. Februar 2002 eine EU-Richtlinie mit dem IMO-Code in nationales Recht umzusetzen?
IMO-Code und EU-Richtlinie
3. Ist tatsächlich eine Vergleichbarkeit der Verfahren der Unfalluntersuchung in der Luftfahrt einerseits und der Schifffahrt andererseits gegeben?
Vergleichbarkeit von Flugunfall- und Seeunfalluntersuchung
4. Ist auch in den angestrebten neuen Verfahren gewährleistet, dass die Einbindung von Fachkompetenz gewährleistet, ein faires Verfahren sichergestellt, die Ausgrenzung ehrenamtlich Tätiger vermieden, die Möglichkeit eines Widerspruchverfahrens gegeben, die bisherige Befriedungsfunktion beibehalten ist oder wird? Vergleichbare Güte des neuen Verfahrens
5. Ist auch im angestrebten neuen Verfahren der Grundsatz der Öffentlichkeit gewährleistet?
Grundsatz der Öffentlichkeit
6. Ist auch in angestrebten neuen Verfahren der Datenschutz sichergestellt?
Datenschutz
7. Wird den Einwendungen des Bundesrates hinreichend Rechnung getragen und was ergibt sich daraus für die zukünftigen Aufgaben der Seeämter?
Einwendungen des Bundesrates
III. Fragen der Fraktion der FDP
1. Die BReg. erklärt verschiedentlich zur Begründung des Gesetzentwurfes (Drs. 14/6455, S. 1, 2, 3, 73) wie auch der von ihr als Gesetzesmotiv zitierte sogenannte "Grobekecker-Bericht" (S. 72), die geltende deutsche Seeunfalluntersuchung entspreche nicht dem internationalen Standard und sei diesem anzupassen. Was verstehen Sie unter "internationalem Standard" in diesem Sinne:
- die fachliche Qualität des Durchschnitts der wesentlichen ausländischen Regelungen, gemessen an den Zwecken?
- Prävention, Verhütung von Unfällen, Lehren für Praxis und Ausbildung, Verbesserung von Vorschriften, Schutz der Schifffahrt vor unfähigen Pateninhabern?
oder
- die wesentlichen Normen der Staatengemeinschaft, also IMO-Code (sachlich unverbindliche Empfehlung, beschränkt, verbindlich?) und EU-Richtlinie 1999/35 EG?
Entspricht das geltende deutsche Recht diesen Standards? Wie kann, falls nötig, eine Anpassung erreicht werden?
2. Wird in den beiden Gesetzentwürfen zur Neuregelung der Seeunfalluntersuchung der IMO-Code A.849(20) ausreichend umgesetzt?
3. Welche Auswirkungen wird die von der Kommission der EU am 06.12.2000 vorgeschlagene Verordnung zur Einrichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, deren Artikel 2 Ziffer 1.-e) u.a. die Konzipierung eines gemeinsamen Verfahrens der Mitgliedstaaten zur Untersuchung von Seeschifffahrtsunfällen vorsieht
a) auf das geltende SeeUG
b) im Falle der Gesetzeskraft auf den Regierungsentwurf
c) im Falle der Gesetzeskraft auf den FDP-Gesetzentwurf haben?
4. Die Bundesregierung sagt (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.57), dass die Widerspruchsverfahren in den letzten Jahren drastisch abgenommen hätten (1998: 1, 1999: 2, 2000: 2) und deshalb in der Praxis keine Bedeutung mehr hätten. Wie beurteilen Sie die Bedeutung des Widerspruchsverfahrens für den Bereich der Seeunfalluntersuchung:
a) Für die Seeunfalluntersuchung (Feststellung der Umstände, Ursachen begünstigenden Faktoren?
b) Für den Entzug bzw. die Einschränkungen von Berechtigungen zur Führung von Schiffen, Sportfahrzeugen?
c) Welche Rechtsbehelfen sind gegen den Bericht der von der Bundesregierung geplanten Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung, mit dem ein Betroffener nicht einverstanden ist, möglich?
5. Welche Bedeutung messen Sie dem bisherigen Grundsatz der Öffentlichkeit der Seeamtsverfahren bei und wie beurteilen Sie die Begründung der Bundesregierung auf die Öffentlichkeit zu verzichten, da §68 Abs. 1 Satz 1 VwVfG die Nichtöffentlichkeit des Verwaltungsverfahrens vorsähe und dies auch dem Schutz der Verfahrensbeteiligten und der Wahrung der Objektivität der Amtsträger diene (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.55). Und wie beurteilen Sie die diesbezügliche Regelung des § 19 Abs. 6 Ziffer 3 des FDP-Gesetzentwurfes?
6. Wie beurteilen Sie die Aussage der Bundesregierung (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.55), wonach durch Art. 3 des Ausführungsgesetzes vom 06. Juni 1995 zum UN-Seerechtsübereinkommen mit § 24a SeeUG ein Verfahren beschlossen wurde, das keine öffentliche Verhandlung vorsehe und nur so eine Teilnahme an internationalen Untersuchungen mit anderen Staaten ermöglicht wurde und welche Bedeutung ist § 24a SeeUG bei der Untersuchung von Seeunfällen, an denen unter ausländischer Flagge fahrende Schiffe beteiligt sind, im Vergleich zu den in § 1 SeeUG genannten Seeunfällen beizumessen?
7. In Abweichung aller anderen Unfalluntersuchungen wird u.a. vom Bundesrat, von Greenpeace und von der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste eine Öffentlichkeit des Verfahrens bei Seeunfalluntersuchungen gefordert. Wie beurteilen Sie diese Forderung? Was unterscheidet die Seeunfalluntersuchung, so dass hier ein öffentliches Verfahren gerechtfertigt wäre?
8. Der Bundesrat hat am 01.06.2001 ein Antragsrecht auf ein Untersuchungsverfahren für Beteiligte gefordert. Die Bundesregierung hält den Begriff "Beteiligter" nicht für präzisierbar (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.54). Wie beurteilen Sie die Forderung des BR und wie beurteilen Sie die Gegenäußerung der Bundesregierung? Wie beurteilen Sie die Regelung gemäß § 4 Abs. 2 Ziffer 2 des FDP-Gesetzentwurfes?
9. Welche zivilrechtlichen Folgen (Schadensauseinandersetzung) sehen sie für den Fall, dass sich das von der Bundesregierung vorgeschlagene Verfahren durchsetzt?
10. Der Bundesrat hat in seinem Beschluss vom 01.06.2001 zwar die von der Bundesregierung geplante neue Bundesstelle grds. begrüßt, fordert aber, den Abschlussbericht der Bundesstelle einem Seeamtsverfahren zu unterziehen. Die Bundesregierung lehnt dies ab, weil dies dem IMO-Code und der Richtlinie 1999/35/EG (Art. 12 Abs. 4) widerspreche, weil "die Untersuchung so effizient und zeitsparend wie möglich gemäß den Bestimmung des Codes für die Untersuchung von Seeunfällen abgeschlossen" werden solle (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.56). Außerdem würden die Seeämter massiv überlastet, die Seeunfälle würden langsamer aufgearbeitet und die Kosten wären nicht zu vertreten. Wie beurteilen Sie diese Einschätzung der Bundesregierung? Wie beurteilen Sie die Auswirkungen auf die Praxis, wenn sie das bestehende Verfahren und das beabsichtigte Verfahren vergleichen? Sind die bisherigen Verfahren länger als im internationalen Durchschnitt? Ist nach Umsetzung der EU Richtlinie in der EU mit kürzeren Verfahren zu rechnen?
11. Wie beurteilen Sie die Aussage der Bundesregierung, das bisherige fehleranlastende ("blame culture") deutsche Seeamtsverfahren werde im Ausland abgelehnt (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.56)?
12. Wie beurteilen Sie die Behauptung der Bundesregierung, wonach in einschlägigen nautischen Fachkreisen seit Jahren Kritik am Abgleiten der Unfalluntersuchung in ein Verfahren mit Strafprozesscharakter geübt wurde, das (wegen der Öffentlichkeit des Verfahrens) mit erheblichen seelischen Belastungen der Verfahrensbeteiligten verbunden sei (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.57)?
13. Wie beurteilen Sie die Stellungnahme der Bundesregierung, wonach die Seeämter im bisherigen Verfahren keine Erkenntnisse zutage förderten, die zur Fortentwicklung der Sicherheit auf See dienlich waren und deshalb die neue Bundesstelle notwendig sei (Gegenäußerung der BReg., Drs. 14/6455, S. 56)? Welche Schlussfolgerungen werden heute aus der Untersuchung von Seeunfällen gezogen? Wenn die Aussage der BReg. stimmt, woran liegt dies? Wie beurteilen Sie § 3 des FDP-Gesetzentwurfes?
14. Wird die Neutralität der nach dem Regierungsgesetzentwurf einzurichtenden Bundesstelle gewährleistet sein oder gibt es Möglichkeiten der Einflussnahme?
15. Wie erfolgt derzeit nach geltendem Recht die Unfalluntersuchung bei einem Unfall außerhalb deutscher Hoheitsgewässer? Und wie beurteilen Sie die Regelungen
a) im Regierungsentwurf?
b) im FDP-Gesetzentwurf?
16. Wie beurteilen Sie die vorliegenden Gesetzesentwürfe im Hinblick auf den Erhalt und die Ausnutzung von Fachkompetenz für das Untersuchungsverfahren?
17. Wie beurteilen Sie die Notwendigkeit einer Voruntersuchung zur Tatsachenfeststellung? Und wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die Regelung des § 17 des FDP-Gesetzentwurfes?
18. Wie beurteilen Sie die Gesetzesentwürfe im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Seeunfalluntersuchung?
19. Welche Auswirkungen haben die Gesetzesentwürfe auf die vorhandene Organisationsstruktur der Seeämter?`
20. Welche finanziellen Folgen haben die Gesetzesentwürfe für den Bundeshaushalt?
21. Ist der Verzicht auf den Fachhochschulabschluss für Seelotsen (Art. 5 § 9 Nr. 1 und 2, Drs. 14/6455) angesichts der fortschreitenden technischen Entwicklung in der Seeschifffahrt und der häufig multinationalen Zusammensetzung der Besatzungen angemessen? Welche Auswirkungen wird die Absenkung der Qualifizierung auf die Attraktivität des Seelotsenberufs haben?
IV. Fragen der Fraktion der PDS
(Zusätzliche Fragen zu den Fragen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
1. Liegen die Fehler bei Schiffsunfällen hauptsächlich im technischen oder im menschlichen Bereich und ist es möglich, diese Fehler ohne eine Schuldzuweisung festzustellen und zu benennen?
2. Kann eine Einvernahme der an einem Seeunfall beteiligten Kapitäne, Schiffsoffiziere, Ingenieure, Nautiker vom Dienst der Revierzentrale jeweils getrennt ohne gleichzeitiges Beisein der Gegenseite erfolgen oder können dadurch sich Fehler in der Aufnahme der Fakten einschleichen?
3. Ist es sinnvoll, ohne mündliche Verhandlung und ohne die Möglichkeit der Fragestellung der Gegenseite eine ordnungsgemäße Sachverhaltsfeststellung in einem Unfall zu gewährleisten, an dem hauptsächlich menschliches Versagen die Ursache gestaltet hat?
4. Ist eine ordnungsgemäße Information der Öffentlichkeit gewährleistet, wenn die Unfalluntersuchung hinter verschlossenen Türen vor einem Ausschuß stattfindet?
5. Wie kann man sicherstellen, daß eine Behörde, die eine andere Behörde ohne die Möglichkeit des Hinterfragens durch Dritte (Anwälte der beteiligten Kapitäne) einvernimmt, eine ordnungsgemäße Feststellung von Schadenverursachung durch die Behörde sicherstellt (muß nicht befürchtet werden, daß die Revierzentralen und die Wasser- und Schifffahrtsämter bei Fehlern durch die Untersuchungsbehörde gedeckt werden)?
6. Entspricht es dem Rechtsstaatsprinzip, wenn ein Beteiligter nicht mehr die Möglichkeit hat, eine fehlerhafte Entscheidung in einer zweiten Verhandlung (vor dem Bundesoberseeamt) fachlich und rechtlich überprüfen zu lassen?
7. Kommt es zu einer Verlagerung der tatsächlichen Untersuchung eines Seeunfalls von der Seeunfalluntersuchungsstelle auf die Strafgerichte und die Zivilgerichte?
8. Ist tatsächlich eine Einsparung von Kosten mit der Neueinführung des vorgeschlagenen Gesetzes zu erwarten oder muß befürchtet werden, daß durch Minderung der Qualität eine Erhöhung der Kosten entsteht?
Öffentliche Anhörung zu dem
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung bestimmter Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard (Zweites Seeschifffahrtsanpassungsgesetz - SchAnpG2 -)
BT-Drucksache 14/6455
Gesetzentwurf der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Rainer Funke, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Entwurf eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes (SeeUG)
BT-Drucksache 14/6892
Liste der Anhörungspersonen
Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen am 14. November 2001 zu
- Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung bestimmter Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard (Zweites Seeschifffahrtsanpassungsgesetz SchAnpG2)
BT-Drucksache 14/6455
- Gesetzentwurf der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Rainer Funke und der Fraktion der FDP
Entwurf eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes (SeeUG)
BT-Drucksache 14/6892
Prof. Dr. jur. LL.M. Rainer Lagoni, Universität Hamburg, Institut für Seerecht und Seehandelsrecht
Peter Schlegel, Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU)
Kapitän Prof. Werner Huth Verband Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere e. V. - VDKS -
Dieter Benze, Ver.di/ÖTV Vorstandssekretariat
Jochen Hinz, Vorsitzender des Personalrats der WSD Nord und Beauftragter des Hauptpersonalrats beim BMVBW
Dr. Fritz Frantzioch, Bundesoberseeamt
Dr. Bernd Kröger, Verband Deutscher Reeder
Prof. Dr. Werner von Unruh
Rechtsanwalt Kapitän Jens Paulsen
Rechtsanwalt Dr. Julius Drumm
Kapitän Hans-Werner Schleiter
Fragenkatalog
zu der Anhörung am 14.11.2001 zu dem
Entwurf eines Zweiten Seeschifffahrtsanpassungsgesetz - SchAnpG2 - Drucksache 14/6455 - und dem
Entwurf eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes (SeeUG) - Drucksache 14/6892
I. Fragen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS90/ DIE GRÜNEN
1. Halten Sie den Gesetzentwurf für vereinbar mit
- dem deutschen Verfassungsrecht ?
- dem deutschen Verwaltungs- und insbesondere Verwaltungsverfahrensrecht ?
- dem geltenden EG-Recht einschließlich der Richtlinie 1999/35/EG ?
- dem geschriebenen und ungeschriebenen Völkerrecht ?
2. Reicht insbesondere die Erweiterung und Umwandlung des bisherigen
§ 24a SeeUG in den Abschnitt 3 des Gesetzentwurfs aus, um den Anforderungen des IMO-Codes für die Untersuchung von Unfällen und Vorkommnissen auf See zu genügen ?
3. Welche Ausrichtung hat der moderne seefahrtbezogene Unfalluntersuchungsstandard im internationalen Maßstab und insbesondere welche Bedeutung hat die Abkehr von einer "Culture of Blame" für die Zusammenarbeit der Staaten und für die Fortentwicklung der internationalen Sicherheitskultur auf See ?
4. Welche Folgen hat die weitere Verzögerung der Umsetzung der EG-Richtlinie 1999/35/EG?
5. Wie arbeitet die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung ?
a) Wie tragen die aus den Unfallberichten gewonnen Erkenntnisse zur Unfallvermeidung bei ?
b) In welcher Form werden die Rechte der Beteiligten, insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör, bei dem Verfahren zur Untersuchung von Flugunfällen gewahrt?
c) Wären mit dem heutigen System der Flugunfalluntersuchung öffentliche mündliche Verhandlungen vereinbar ?
d) Inwieweit können bei der Flugunfalluntersuchung Fachwissen und Erfahrungen Privater nutzbar gemacht werden?
e) Wie können Flugunfälle aufgrund des "menschlichen Faktors" besser vermieden werden?
f) Wie ist die Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden bei der Flugunfalluntersuchung zu bewerten?
g) Halten Sie eine Anlehnung der Seeunfalluntersuchung an die FLUU für sachgerecht?
6. Bei welchen Unfällen im öffentlichen Bereich (Verkehr, öffentliche Veranstaltungen, einstürzende Gebäude usw.) ist in Deutschland vorgeschrieben, dass die amtlich untersuchende, für die Sicherheitsvorsorge zuständige Verwaltung
a) auf Antrag eines an dem Unfall Beteiligten tätig werden,
b) vor Verwertung ihrer Erkenntnisse eine öffentliche Verhandlung durchführen muss ?
7. Welche Regelungen wurden für das Verfahren der Seeunfalluntersuchung, das der Bundesgesetzgeber 1995 einstimmig mit Zustimmung des Bundesrats eingeführt hat und nach dem z.B. der Seeunfall des Tankers "Baltic Carrier" in der Ostsee im März 2001 untersucht wird, hinsichtlich der zentralen Behörde, der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, der Öffentlichkeit einer solchen Verhandlung und hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens getroffen?
8. Bietet das jetzige SUG einen ausreichenden Rahmen zur Ursachenfeststellung ?
a) Auch außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer ?
b) Gibt es insbesondere datenschutzrechtliche Grundlagen, auf denen Beratungsunterlagen, Untersuchungsergebnisse und Beweismittel in der Hand deutscher Unfalluntersuchungsbehörden ausländischen Untersuchungsstellen zugänglich gemacht werden dürfen ?
9. Welche Schlussfolgerungen werden heute aus der Untersuchung von Seeunfällen gezogen ? Können die Untersuchungsergebnisse zur Optimierung der Schiffssicherheit beitragen ?
10. Wie wird die Neutralität der Bundesstelle nach dem Gesetzentwurf zur Seeunfalluntersuchung gewährleistet oder gibt es Möglichkeiten der Einflussnahme gegenüber der Bundesstelle
11. Ist eine sofortige Patententziehung bei eindeutigen Alkoholdelikten - wie sie nach § 14 Abs. 6 des geltenden Rechts vorgesehen ist - auch im Rahmen der Vorprüfung nach § 22 SUG möglich?
12. Wie erfolgt die Unfalluntersuchung bei einem Unfall außerhalb deutscher Hoheitsgewässer derzeit?
a) Welche deutschen Seeunfalluntersuchungsbehörden sind zuständig ?
b) Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um bei dienstlichem Interesse an Seeunfalluntersuchungen in internationalen Gewässern beteiligt zu werden?
13. Welche Möglichkeiten ergeben sich nach Abschnitt 3 des Gesetzentwurfs für eine nicht-normvollziehende Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden bei einem Seeunfall im deutschen Küstenmeer?
14. Welche Vor- und Nachteile ergeben sich für Beteiligte und interessierte Gruppen (z.B. VDR) aus einer nichtöffentlichen Seeamtsverhandlung ?
15. Welche Rolle kommt den ständig wichtiger werdenden Instrumenten der Mediation und freiwilligen Schiedsgerichtsbarkeit zu, um eventuellen Nachteilen entgegenzuwirken ?
16. Kann sich der Gesetzentwurf zur Frage der Vorprüfung zu Recht darauf stützen, dass es im deutschen Verwaltungsrecht prinzipiell keine öffentlichen Verfahren zur Entziehung oder Einschränkung von persönlichen Berechtigungen (insbesondere Fahrtberechtigungen) gibt, bei denen die Rollen von "Ankläger" und "Richter" in Personalunion bei einer Stelle liegen ?
17. Welche Vor- und Nachteile bringt im Verfahren der Patententziehung bzw.
-einschränkung nach Abschnitt 4 des Entwurfs die Wiederherstellung der (durch § 23 Abs. 2 SeeUG ausgeschlossenen) gerichtlichen Berufungsinstanz ?
18. Ist der Verzicht auf den Fachhochschulabschluss für Seelotsen (Artikel 5 § 9 Nr. 1 und 2) angesichts der fortschreitenden technischen Entwicklung in der Seeschifffahrt und der häufig multinationalen Zusammensetzung der Besatzungen angemessen ?
II. Fragen der Fraktion der CDU/CSU
1. Besteht ein notwendiger Anlass, das bisherige Verfahren zu ändern?
Handlungsbedarf
2. Besteht derzeit der Zwang bis zum 28. Februar 2002 eine EU-Richtlinie mit dem IMO-Code in nationales Recht umzusetzen?
IMO-Code und EU-Richtlinie
3. Ist tatsächlich eine Vergleichbarkeit der Verfahren der Unfalluntersuchung in der Luftfahrt einerseits und der Schifffahrt andererseits gegeben?
Vergleichbarkeit von Flugunfall- und Seeunfalluntersuchung
4. Ist auch in den angestrebten neuen Verfahren gewährleistet, dass die Einbindung von Fachkompetenz gewährleistet, ein faires Verfahren sichergestellt, die Ausgrenzung ehrenamtlich Tätiger vermieden, die Möglichkeit eines Widerspruchverfahrens gegeben, die bisherige Befriedungsfunktion beibehalten ist oder wird? Vergleichbare Güte des neuen Verfahrens
5. Ist auch im angestrebten neuen Verfahren der Grundsatz der Öffentlichkeit gewährleistet?
Grundsatz der Öffentlichkeit
6. Ist auch in angestrebten neuen Verfahren der Datenschutz sichergestellt?
Datenschutz
7. Wird den Einwendungen des Bundesrates hinreichend Rechnung getragen und was ergibt sich daraus für die zukünftigen Aufgaben der Seeämter?
Einwendungen des Bundesrates
III. Fragen der Fraktion der FDP
1. Die BReg. erklärt verschiedentlich zur Begründung des Gesetzentwurfes (Drs. 14/6455, S. 1, 2, 3, 73) wie auch der von ihr als Gesetzesmotiv zitierte sogenannte "Grobekecker-Bericht" (S. 72), die geltende deutsche Seeunfalluntersuchung entspreche nicht dem internationalen Standard und sei diesem anzupassen. Was verstehen Sie unter "internationalem Standard" in diesem Sinne:
- die fachliche Qualität des Durchschnitts der wesentlichen ausländischen Regelungen, gemessen an den Zwecken?
- Prävention, Verhütung von Unfällen, Lehren für Praxis und Ausbildung, Verbesserung von Vorschriften, Schutz der Schifffahrt vor unfähigen Pateninhabern?
oder
- die wesentlichen Normen der Staatengemeinschaft, also IMO-Code (sachlich unverbindliche Empfehlung, beschränkt, verbindlich?) und EU-Richtlinie 1999/35 EG?
Entspricht das geltende deutsche Recht diesen Standards? Wie kann, falls nötig, eine Anpassung erreicht werden?
2. Wird in den beiden Gesetzentwürfen zur Neuregelung der Seeunfalluntersuchung der IMO-Code A.849(20) ausreichend umgesetzt?
3. Welche Auswirkungen wird die von der Kommission der EU am 06.12.2000 vorgeschlagene Verordnung zur Einrichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, deren Artikel 2 Ziffer 1.-e) u.a. die Konzipierung eines gemeinsamen Verfahrens der Mitgliedstaaten zur Untersuchung von Seeschifffahrtsunfällen vorsieht
a) auf das geltende SeeUG
b) im Falle der Gesetzeskraft auf den Regierungsentwurf
c) im Falle der Gesetzeskraft auf den FDP-Gesetzentwurf haben?
4. Die Bundesregierung sagt (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.57), dass die Widerspruchsverfahren in den letzten Jahren drastisch abgenommen hätten (1998: 1, 1999: 2, 2000: 2) und deshalb in der Praxis keine Bedeutung mehr hätten. Wie beurteilen Sie die Bedeutung des Widerspruchsverfahrens für den Bereich der Seeunfalluntersuchung:
a) Für die Seeunfalluntersuchung (Feststellung der Umstände, Ursachen begünstigenden Faktoren?
b) Für den Entzug bzw. die Einschränkungen von Berechtigungen zur Führung von Schiffen, Sportfahrzeugen?
c) Welche Rechtsbehelfen sind gegen den Bericht der von der Bundesregierung geplanten Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung, mit dem ein Betroffener nicht einverstanden ist, möglich?
5. Welche Bedeutung messen Sie dem bisherigen Grundsatz der Öffentlichkeit der Seeamtsverfahren bei und wie beurteilen Sie die Begründung der Bundesregierung auf die Öffentlichkeit zu verzichten, da §68 Abs. 1 Satz 1 VwVfG die Nichtöffentlichkeit des Verwaltungsverfahrens vorsähe und dies auch dem Schutz der Verfahrensbeteiligten und der Wahrung der Objektivität der Amtsträger diene (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.55). Und wie beurteilen Sie die diesbezügliche Regelung des § 19 Abs. 6 Ziffer 3 des FDP-Gesetzentwurfes?
6. Wie beurteilen Sie die Aussage der Bundesregierung (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.55), wonach durch Art. 3 des Ausführungsgesetzes vom 06. Juni 1995 zum UN-Seerechtsübereinkommen mit § 24a SeeUG ein Verfahren beschlossen wurde, das keine öffentliche Verhandlung vorsehe und nur so eine Teilnahme an internationalen Untersuchungen mit anderen Staaten ermöglicht wurde und welche Bedeutung ist § 24a SeeUG bei der Untersuchung von Seeunfällen, an denen unter ausländischer Flagge fahrende Schiffe beteiligt sind, im Vergleich zu den in § 1 SeeUG genannten Seeunfällen beizumessen?
7. In Abweichung aller anderen Unfalluntersuchungen wird u.a. vom Bundesrat, von Greenpeace und von der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste eine Öffentlichkeit des Verfahrens bei Seeunfalluntersuchungen gefordert. Wie beurteilen Sie diese Forderung? Was unterscheidet die Seeunfalluntersuchung, so dass hier ein öffentliches Verfahren gerechtfertigt wäre?
8. Der Bundesrat hat am 01.06.2001 ein Antragsrecht auf ein Untersuchungsverfahren für Beteiligte gefordert. Die Bundesregierung hält den Begriff "Beteiligter" nicht für präzisierbar (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.54). Wie beurteilen Sie die Forderung des BR und wie beurteilen Sie die Gegenäußerung der Bundesregierung? Wie beurteilen Sie die Regelung gemäß § 4 Abs. 2 Ziffer 2 des FDP-Gesetzentwurfes?
9. Welche zivilrechtlichen Folgen (Schadensauseinandersetzung) sehen sie für den Fall, dass sich das von der Bundesregierung vorgeschlagene Verfahren durchsetzt?
10. Der Bundesrat hat in seinem Beschluss vom 01.06.2001 zwar die von der Bundesregierung geplante neue Bundesstelle grds. begrüßt, fordert aber, den Abschlussbericht der Bundesstelle einem Seeamtsverfahren zu unterziehen. Die Bundesregierung lehnt dies ab, weil dies dem IMO-Code und der Richtlinie 1999/35/EG (Art. 12 Abs. 4) widerspreche, weil "die Untersuchung so effizient und zeitsparend wie möglich gemäß den Bestimmung des Codes für die Untersuchung von Seeunfällen abgeschlossen" werden solle (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.56). Außerdem würden die Seeämter massiv überlastet, die Seeunfälle würden langsamer aufgearbeitet und die Kosten wären nicht zu vertreten. Wie beurteilen Sie diese Einschätzung der Bundesregierung? Wie beurteilen Sie die Auswirkungen auf die Praxis, wenn sie das bestehende Verfahren und das beabsichtigte Verfahren vergleichen? Sind die bisherigen Verfahren länger als im internationalen Durchschnitt? Ist nach Umsetzung der EU Richtlinie in der EU mit kürzeren Verfahren zu rechnen?
11. Wie beurteilen Sie die Aussage der Bundesregierung, das bisherige fehleranlastende ("blame culture") deutsche Seeamtsverfahren werde im Ausland abgelehnt (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.56)?
12. Wie beurteilen Sie die Behauptung der Bundesregierung, wonach in einschlägigen nautischen Fachkreisen seit Jahren Kritik am Abgleiten der Unfalluntersuchung in ein Verfahren mit Strafprozesscharakter geübt wurde, das (wegen der Öffentlichkeit des Verfahrens) mit erheblichen seelischen Belastungen der Verfahrensbeteiligten verbunden sei (Gegenäußerung der Bundesregierung, Drs. 14/6455, S.57)?
13. Wie beurteilen Sie die Stellungnahme der Bundesregierung, wonach die Seeämter im bisherigen Verfahren keine Erkenntnisse zutage förderten, die zur Fortentwicklung der Sicherheit auf See dienlich waren und deshalb die neue Bundesstelle notwendig sei (Gegenäußerung der BReg., Drs. 14/6455, S. 56)? Welche Schlussfolgerungen werden heute aus der Untersuchung von Seeunfällen gezogen? Wenn die Aussage der BReg. stimmt, woran liegt dies? Wie beurteilen Sie § 3 des FDP-Gesetzentwurfes?
14. Wird die Neutralität der nach dem Regierungsgesetzentwurf einzurichtenden Bundesstelle gewährleistet sein oder gibt es Möglichkeiten der Einflussnahme?
15. Wie erfolgt derzeit nach geltendem Recht die Unfalluntersuchung bei einem Unfall außerhalb deutscher Hoheitsgewässer? Und wie beurteilen Sie die Regelungen
a) im Regierungsentwurf?
b) im FDP-Gesetzentwurf?
16. Wie beurteilen Sie die vorliegenden Gesetzesentwürfe im Hinblick auf den Erhalt und die Ausnutzung von Fachkompetenz für das Untersuchungsverfahren?
17. Wie beurteilen Sie die Notwendigkeit einer Voruntersuchung zur Tatsachenfeststellung? Und wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die Regelung des § 17 des FDP-Gesetzentwurfes?
18. Wie beurteilen Sie die Gesetzesentwürfe im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Seeunfalluntersuchung?
19. Welche Auswirkungen haben die Gesetzesentwürfe auf die vorhandene Organisationsstruktur der Seeämter?`
20. Welche finanziellen Folgen haben die Gesetzesentwürfe für den Bundeshaushalt?
21. Ist der Verzicht auf den Fachhochschulabschluss für Seelotsen (Art. 5 § 9 Nr. 1 und 2, Drs. 14/6455) angesichts der fortschreitenden technischen Entwicklung in der Seeschifffahrt und der häufig multinationalen Zusammensetzung der Besatzungen angemessen? Welche Auswirkungen wird die Absenkung der Qualifizierung auf die Attraktivität des Seelotsenberufs haben?
IV. Fragen der Fraktion der PDS
(Zusätzliche Fragen zu den Fragen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
1. Liegen die Fehler bei Schiffsunfällen hauptsächlich im technischen oder im menschlichen Bereich und ist es möglich, diese Fehler ohne eine Schuldzuweisung festzustellen und zu benennen?
2. Kann eine Einvernahme der an einem Seeunfall beteiligten Kapitäne, Schiffsoffiziere, Ingenieure, Nautiker vom Dienst der Revierzentrale jeweils getrennt ohne gleichzeitiges Beisein der Gegenseite erfolgen oder können dadurch sich Fehler in der Aufnahme der Fakten einschleichen?
3. Ist es sinnvoll, ohne mündliche Verhandlung und ohne die Möglichkeit der Fragestellung der Gegenseite eine ordnungsgemäße Sachverhaltsfeststellung in einem Unfall zu gewährleisten, an dem hauptsächlich menschliches Versagen die Ursache gestaltet hat?
4. Ist eine ordnungsgemäße Information der Öffentlichkeit gewährleistet, wenn die Unfalluntersuchung hinter verschlossenen Türen vor einem Ausschuß stattfindet?
5. Wie kann man sicherstellen, daß eine Behörde, die eine andere Behörde ohne die Möglichkeit des Hinterfragens durch Dritte (Anwälte der beteiligten Kapitäne) einvernimmt, eine ordnungsgemäße Feststellung von Schadenverursachung durch die Behörde sicherstellt (muß nicht befürchtet werden, daß die Revierzentralen und die Wasser- und Schifffahrtsämter bei Fehlern durch die Untersuchungsbehörde gedeckt werden)?
6. Entspricht es dem Rechtsstaatsprinzip, wenn ein Beteiligter nicht mehr die Möglichkeit hat, eine fehlerhafte Entscheidung in einer zweiten Verhandlung (vor dem Bundesoberseeamt) fachlich und rechtlich überprüfen zu lassen?
7. Kommt es zu einer Verlagerung der tatsächlichen Untersuchung eines Seeunfalls von der Seeunfalluntersuchungsstelle auf die Strafgerichte und die Zivilgerichte?
8. Ist tatsächlich eine Einsparung von Kosten mit der Neueinführung des vorgeschlagenen Gesetzes zu erwarten oder muß befürchtet werden, daß durch Minderung der Qualität eine Erhöhung der Kosten entsteht?
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Quelle:
http://www.bundestag.de/aktuell/presse/2001/pz_0111127