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Europa:
Europa ist überall ? Europäische Gesetze regeln den
Alltag, Euro-Münzen klimpern im Portemonnai. Aber was bedeutet
es eigentlich, zu Europa zu gehören? Hat Europa eigentlich
Grenzen und wie sieht die Zukunft der Europäischen Union aus?
GLASKLAR hat sich in Europa umgesehen. In der aktuellen Ausgabe
lest ihr unter anderem, was EU-Richtlinien mit Glück in der
Liebe zu tun haben, wie junge Leute heute grenzenlos arbeiten,
lernen oder ihrem eigenen Film drehen und was Menschen von anderen
Kontinenten so alles über Europa denken.
www.glasklar-bundestag.de
Politik aktiv gestalten:
Mitmischen.de ist das Jugendforum des Deutschen Bundestages im
Internet. Die Plattform bietet Chats mit Abgeordneten des
Bundestages, Diskussionsforen, Abstimmungen, Nachrichten und
Hintergrundberichte zu aktuellen politischen Themen.
www.mitmischen.de
Kinder brauchen Erwachsene, die sich
für sie einsetzen, für ihre Rechte kämpfen und
dafür sorgen, dass es ihnen gut geht. Kinder brauchen Schutz
und Fürsorge. Auch politische. Dafür gibt es im Deutschen
Bundestag die Kinderkommission, kurz KiKo. Sie ist ein Untergremium
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, hat
zwar kein Antragsrecht, aber alles, was sie als Konsens
beschließt, geht in die Arbeit des Bundestages als Empfehlung
und Aufforderung zum Handeln ein. Die KiKo ist etwas Besonderes und
etwas besonders Gutes.
Marlene Rupprecht hat sich Zeit genommen. Viel Zeit, denn die
Klinik für Kinder und Jugendliche in Fürth ist eine
Herzensangelegenheit der SPD-Abgeordneten. Sie sagt aber:
„Ein gutes Herz allein reicht nicht für gute
Politik.“ Deshalb ist sie eine Fachfrau mit einem guten
Herzen geworden.
Professor Jens Klinge, Leiter der Klinik, und Professor Gunther
Moll, Kinderpsychiater und Lehrender an der Universität
Erlangen, reden über Projekte. Bereits angelaufen ist ein
Programm, um Kindern mit Übergewicht mit einer Kombination von
stationärem Aufenthalt und ambulanter Betreuung beim Abnehmen
zu helfen. Es soll ihnen beibringen, wie man einkauft, gesund
kocht, sich gut ernährt, dabei Spaß am Leben hat und
Krankheitsrisiken vermeidet. In zwei Jahren vielleicht wird man
wissen, ob das gelingt. Die beiden Männer wollen aber mehr.
Sie wollen in der Kinder Kinderklinik eine Tagesklinik für
Kinderpsychiatrie aufbauen. Dann könnte man Kinder besser und
ganzheitlich behandeln. Eingreifen und helfen, so früh wie
möglich. So ein Projekt wollen sie ins Leben rufen. „Wir
schauen, ob es geht“, sagt Professor Moll. „Und wenn es
nicht geht, machen wir es eben.“
So ähnlich geht auch die Abgeordnete Rupprecht an die Dinge
heran. Wenn etwas nicht geht, wird gekämpft. Jammern und
Rückzug hat noch nie gegolten. In diesen Zeiten kämpft
die 59-Jährige, die zurzeit den Vorsitz in der
Kinderkommission hat, dafür, dass Kinderrechte in die
Verfassung kommen. Erst vor kurzem hat die Kommission zu diesem
Thema eine viel beachtete Anhörung veranstaltet. „Wir
machen noch viel zu viel, eigentlich fast immer,
Erwachsenenpolitik. Ich will, dass Kinder in den Fokus genommen,
ihre Rechte gestärkt werden.“
Die Lehrerin weiß, wovon sie redet. Sie hat mehr als 20 Jahre
mit Kindern gearbeitet, fast immer in und an Brennpunkten, mit
Kindern, denen nichts geschenkt wurde und die kein einfaches Leben
hatten. „Verfassungsrechte für Kinder“, sagt
Marlene Rupprecht, „werden allein noch keine Probleme
lösen.“ Aber sicher das Bewusstsein für Probleme
stärken und neue Möglichkeiten eröffnen, mehr
Politik für Kinder zu machen.
Über all das redet die Abgeordnete mit dem Leiter der
Kinderklinik und dem Kinderpsychiater. Projekte wie diese hier wird
Marlene Rupprecht unterstützen. Um das deutlich zu machen, ist
sie gekommen. Und um zu lernen. Denn ein gutes Herz allein reicht
noch nicht für gute Politik.
Geschichten mit Zündstoff
Sie ist eine großartige Vorleserin.
Die Kinder der Städtischen Gemeinschaftsgrundschule Willbeck
in Erkrath wissen das zu schätzen. Der Applaus für die
CDU/CSU-Abgeordnete Michaela Noll verlangt nach mehr. Aber die Zeit
für die Geschichten von Astrid Lindgren und vom Sams und Herrn
Taschenbier bleibt bemessen. Also: Aufhören, wenn es am
spannendsten wird. Was tun? Die Eltern bitten, mit dem Vorlesen
weiterzumachen? Oder selber weiterlesen!
Michaela Noll hat eine Art, mit den Kindern zu reden, bei der man
denkt: Diese Frau ist genau richtig in der Kinderkommission. Sie
nimmt die Kinder ernst, weiß offensichtlich ziemlich gut, wie
es in den kleinen Köpfen aussieht, und lässt die Kinder
spüren, dass sie jetzt nur für sie da ist.
Der Vorlesetag in der Schule, den die Abgeordnete gemeinsam mit der
stellvertretenden Bürgermeisterin von Erkrath, Regina Wedding,
gestaltet, ist für Lehrerinnen und Kinder richtig schön.
Deshalb wird am Ende auf dem Schulhof noch ein Lied für die
Abgeordnete geschmettert.
Michaela Noll sagt: „Kinder sind engagiert, interessiert und
neugierig. Wenn sie es nicht sind, gibt es Ursachen dafür und
die muss man beseitigen helfen.“ Das heißt
beispielsweise, gemeinsam mit anderen ein Projekt ins Leben zu
rufen, das Schulverweigerer wieder einbindet.
„Zündstoff“ heißt es und der Erfolg sagt:
Fast 80 Prozent der Aussteiger steigen wieder ein und lernen.
Das heißt beispielsweise auch, ein gutes Projekt aus
Frankfurt/Main in den Wahlkreis zu importieren, bei dem abends die
Sporthallen ihre Türen öffnen zum
„Mitternachtssport“. Sport ist ein Weg für die
Abgeordnete, gerade in sogenannten Problembezirken Kinder und
Jugendliche einzubinden, zusammenzubringen, ihnen Teilhabe zu
ermöglichen.
Michaela Noll war die erste Vorsitzende der Kinderkommission in
dieser Legislaturperiode. Ihre Themenschwerpunkte sind Sport,
Medien und Gewalt. In den Klassen 1 bis 4 erklärt Michaela
Noll am Vorlesetag allen Kindern, wofür es eine
Kinderkommission gibt. „Schreibt uns“, fordert sie die
Kinder auf, „wenn ihr Sorgen habt und möchtet, dass wir
etwas ändern. Dafür sind wir da.“ Sie hat sich an
diesem Vormittag so ins Zeug gelegt und so viel Freude und
Engagement rübergebracht, dass klar ist: Genau so meint sie es
auch.
Perlen im Puppentopf
Die FDP-Abgeordnete Miriam Gruß hat
sich an diesem Morgen von ihrem zweieinhalbjährigen Sohn
verabschiedet und ist dann in den Berliner Wedding gefahren. Sie
ist verabredet mit Jochen Meinhardt. Der arbeitet in der
Kindertagesstätte Neue Hochstraße 44. Er ist seit 25
Jahren Erzieher — und damit eine besondere Spezies, denn
Männer sind in Erzieherberufen immer noch eine Seltenheit.
Darüber möchte sich Miriam Gruß heute mit ihm
unterhalten. Außerdem möchte sie von ihm wissen, wie der
Alltag in einer großen Kita ist, in der die Kinder Hussam,
Ismail, Kevin, Ali Alp, Hadi, Eren, Asya, Aleyna und Sebiha
heißen. Sie setzt sich auf einen kleinen Stuhl und ist auf
Augenhöhe mit den Kindern. Die kochen Essen in
Plastiktöpfen, malen Bilder und ziehen Puppen an und aus.
Miriam Gruß redet mit Jochen Meinhardt über Spracherwerb
und Gruppenstärke, Zusammenarbeit mit Eltern, interkulturelle
Gruppen, Ernährung und Bewegung, traditionelle
Rollenverteilung und moderne Familien, über Politik in Zeiten
des Sparens und familienfreundliches Handeln in einer zunehmend
kinderarmen Gesellschaft.
In der Kinderkommission ist die Abgeordnete zuständig für
die Themen Kinder und Mobilität, Kultur und Alltag. Da steckt
die halbe Welt drin. Wie ihre vier Kolleginnen ist Miriam
Gruß zugleich Kinderbeauftragte ihrer Fraktion, und wie ihre
vier Kolleginnen wird sie einmal und für neun Monate in der
Kommission den Vorsitz übernehmen. Die 31-jährige
FDP-Abgeordnete mit den langen blonden Haaren schaut besonders auf
die Welt des Alltags. „Was sieht, was erlebt ein Kind, wenn
es aufwächst, welche Gefahren drohen ihm, wie kinderfreundlich
ist die Gesellschaft? Ich beobachte, wie unsere Welt für ein
Kind ist. Ist es überall willkommen — in Läden, in
Restaurants, in Zügen beispielsweise, wo es noch immer nicht
untersagt ist, ein Kind mit in das Raucherabteil zu nehmen? Werden
Familien zielgenau gefördert, genügen die Hilfsangebote,
wenn Überforderungssituationen entstehen? Mein Ziel ist,
Kinderpolitik stärker ins Bewusstsein zu rücken. So dass
bei jeder politischen Entscheidung bedacht wird, welche Folgen und
Auswirkungen das für Kinder haben wird.“
In der Weddinger Kita erfährt Miriam Gruß viel Neues und
viel Wichtiges für ihre Arbeit. Und Schönes dazu, denn
sie weiß am Ende, dass man aus Perlen und Plastikbausteinen
eine ganz leckere Suppe kochen kann. In einem
Puppennachttopf.
Kleeblatt bringt Glück
Frau Holle schüttelt ein großes
weißes Kissen. Vielleicht fällt ja Schnee in die
Krabbelstube. Das wäre etwas! Die Abgeordnete Diana Golze von
der Fraktion Die Linke. sitzt auf dem Fußboden —
zwischen Müttern und krabbelnden, laufenden, spielenden
Kindern — und redet. Es geht laut, fröhlich und
chaotisch zu. Alle fühlen sich wohl. Nur Frau Holle schwitzt
ein wenig unter ihrer Haube.
Kleeblatt e.V. betreibt seit fast zehn Jahren in der Großen
Hagenstraße in Rathenow das Zentrum für Familie, Frauen
und Kinder. Wer ein Kind hat, das noch keine drei Jahre ist, kann
hierher kommen. Das kostet 50 Cent die Stunde und einen Euro, wenn
man das Kind hier lässt, um mal ein bisschen Zeit für
sich zu haben. Initiatorin des Projektes ist die Hebamme Manuela
Neubüser. Sie hat ihre Zeit, ihr Geld, vor allem aber ihre
Leidenschaft hier reingesteckt, damit vor allem junge Mütter
einen Ort haben, an dem sie sich treffen können. Und damit die
kleinen Kinder, denen oft schon von Beginn an so manches verwehrt
bleibt, früh und gut gefördert werden. Zuwendung, Hilfe,
Rat, Gemeinsamkeit — für Mütter und für Kinder
ist Kleeblatt ein Glück. Wer kommen will, kann kommen.
Diana Golze kennt den Verein und das Projekt von Beginn an. In der
Kinderkommission befasst sich die 31-jährige
Sozialpädagogin mit den Schwerpunkten Kinderarmut, Kinderund
Jugendhilfe und -sozialarbeit sowie Selbst- und
Mitbestimmungsrechte von Kindern. Über Armut, sagt sie, werde
in Deutschland viel zu wenig gesprochen. Über Armut von
Kindern noch weniger. „Das muss sich ändern. Wir
brauchen mehr Wissen darüber, wo Armut beginnt, wie sie sich
manifestiert und auswirkt auf Kinder. Und wir müssen mehr tun
dagegen, dass Kinder wegen Armut von Beginn an ausgeschlossen und
abgeschoben sind.“ Diana Golze will, dass die
Kinderkommission eine Anhörung zu diesem Thema macht, sie
will, dass die Kommission Vorschläge entwickelt und
unterbreitet, was eine an sich reiche Gesellschaft für arme
Kinder tun kann.
An diesem Vormittag redet die Abgeordnete mit Müttern und den
Frauen, die seit vielen Jahren den Verein Kleeblatt tragen. Sie
hört zu, wenn über die Alltäglichkeit der Sorgen
gesprochen wird. Sie will für ihre parlamentarische Arbeit
wissen, wovon sie redet und wofür sie Vorschläge
unterbreitet.
Frau Holle macht Pause. Sie setzt sich mit der Abgeordneten und der
Hebamme und den anderen Frauen, die hier arbeiten, an den Tisch.
Man redet über das Leben. In der Krabbelstube bereiten sich
laut und energisch eine Menge Kinder darauf vor, es zu meistern.
Einige haben hier schon laufen gelernt.
Lust auf die Zukunft
Ekin Deligöz sagt: „Wenn ich
unterwegs bin, um mit Kindern und Jugendlichen zu reden, dann tue
ich das, weil ich sie als Bürger unseres Landes ernst nehme
— ihre Ansprüche an das Leben, ihre Bedürfnisse,
ihre Meinungen. Damit fängt gute Kinderpolitik an. Mit Respekt
und Interesse.“
In der Montessori-Volksschule in Wertingen ist die Abgeordnete der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit Mädchen und
Jungen einer 10. Klasse verabredet. Zum Reden. Ekin Deligöz
nimmt jede Frage auf. Es ist eine offene Diskussion auf
Augenhöhe. Natürlich geht es um das Thema Kopftuch und
die Frage, warum die 1971 in der Türkei geborene Deutsche
Deligöz Musliminnen aufgerufen hat, ihre Kopftücher
abzulegen. Es wird diskutiert, warum Jugendliche von Älteren
oft eher negativ wahrgenommen werden, es geht um
Fremdenfeindlichkeit und die Arbeit von Abgeordneten. „Mit
euch“, sagt Ekin Deligöz am Schluss, „habe ich
Lust auf Zukunft.“
Auch am Nachmittag dieses Tages geht es um die Zukunft und um die
Schattenseiten der Gegenwart. Ekin Deligöz ist verabredet mit
Vertretern des Deutschen Kinderschutzbundes, im Kreis Dillingen.
Hier wird viel und viel gute ehrenamtliche Arbeit geleistet. Und
hier wird darüber geredet, warum Kinder und Jugendliche sich
oft so alleingelassen fühlen. „Da verlässt jemand
die Schule, hat keinen Ausbildungsplatz, sieht keine Perspektive
und wir müssen uns fragen, warum diese moderne Gesellschaft es
immer noch zulässt, dass so jemand zum Verlierer wird.“
Der Kinderschutzbund in Dillingen bietet Kurse an, die heißen
„Starke Eltern — starke Kinder“ und die nehmen,
wie die Abgeordnete sagt, erfolgreich beide in den Blick, die
Erziehenden und die Heranwachsenden. Auch das macht Lust auf
Zukunft.
Ekin Deligöz ist seit 1998 Bundestagsabgeordnete und sitzt
seitdem in der Kinderkommission. Ihre Schwerpunktthemen sind
Vernachlässigung von Kindern und soziale Ausgrenzung,
Verbraucherschutz, Ernährung und
Elementarbildung/frühkindliche Förderung. Das alles habe,
sagt sie, mit Gerechtigkeit zu tun und natürlich mit
Gestaltung von Zukunft. An frühkindlicher Förderung liegt
der Abgeordneten ganz besonders. „Wir brauchen eine
Qualitätsinitiative, um Kindergärten und andere
frühkindliche Einrichtungen zu verbessern, wir müssen
darüber nachdenken, wie Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet
sein sollen. Wir wollen“, sagt Ekin Deligöz und ist dann
ganz bei dem, was allen Frauen in der Kinderkommission so wichtig
ist, „eine Verfassung, in der Kinderrechte verankert
sind.“ So klingt das, wenn man Kinder und Jugendliche als
Bürger ernst nimmt.
Text: Kathrin Gerlof
Fotos: studio kohlmeier
Erschienen am 31. Januar 2007
Die Kinderkommission des Deutschen
Bundestages hat eine Sonderstellung im Parlament. Seit ihrer
Einrichtung 1988 versteht sie sich als Ansprechpartner,
Interessenvertretung und Sprachrohr für die Kinder. Formal ist
sie ein Unterausschuss des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend und besteht aus fünf Mitgliedern (eines pro
Fraktion) und ebenso vielen Stellvertretern. Mehr Infos und der
elektronische KiKo-Briefkasten für Kinder unter:
www.kinderkommission.de