Der Auftrag ist kein Kinderspiel: Mehr als 1.200 Grenzkilometer zwischen der Republik Moldau (Moldawien) und der Ukraine sollen sicherer werden. Bisher konnten auf einigen Grenzabschnitten Schmuggler und Schleuser frohgemut passieren. Sogar von Waffen- und Drogenhandel ist immer wieder die Rede. Damit solle Schluss sein, entschied die EU im vergangenen Jahr, und sandte Grenzexperten zu einer Mission in die Schwarzmeerregion, um Recht und Gesetz durchzusetzen. Schließlich wird Moldau mit Rumäniens EU-Beitritt zum direkten Nachbarn.
Moldau, das ärmste Land in Europa, hat ein Problem: Es hat keine Kontrolle über die Region Transnistrien, die östlich des Flusses Dnjestr an der Grenze zur Ukraine liegt. Im Jahr 1992 hatten Teile der mehrheitlich russischen und ukrainischen Bevölkerung das Gebiet gewaltsam von Moldaus Zentralregierung in Chisinau abgespalten. Seitdem wird die "Transnistrische Moldauische Republik", die von keinem Staat der Welt anerkannt wird, von einer autoritären Oligarchie unter "Präsident" Igor Smirnow beherrscht, die den Anschluss an Moldau vehement ablehnt.
470 Kilometer des moldauischen Grenzstreifens werden von transnistrischen Grenzern kontrolliert, die Schmugglern bisher kaum Einhalt geboten. Denn der illegale Handel ist eine wichtige Geldquelle für die transnistrische Wirtschaft. In großem Stil importieren transnistrische Unternehmer Güter, wofür dort kaum Importsteuern anfallen, und verfrachten sie illegal entweder nach Moldau oder zurück in die Ukraine. Das Geschäft ist lukrativ, weil es die ukrainischen und moldauischen Import- und Mehrwertsteuern umgeht. Der Ukraine und Moldau gehen dadurch erhebliche Steuereinnahmen verloren.
"Vom Schmuggel profitiert das ganze Land, von Präsident Smirnow selber über die Sicherheitsorgane bis zu den Unternehmen", sagt Politikbeobachter Dan Vexler von der renommierten unabhängigen "International Crisis Group" (ICG), die jüngst eine Studie über Moldau veröffentlicht hat. "Es ist ein groß angelegtes Geschäft, das viel Organisation und Infrastruktur braucht, von Lastwagen über Lager bis zu Kühlhäusern." Weil auch viele einflussreiche Unternehmer in Chisinau und der Ukraine vom Schmuggel profitierten, hätten beide Länder in den letzten Jahren kaum an der Sicherung der Grenze gearbeitet.
Doch inzwischen sind Moldau und die Ukraine auf EU-Kurs umgeschwenkt. Im November 2005 gab EU-Außenpolitikchef Javier Solana den Startschuss für die "Border Assistance Mission" (EUBAM). Zwei Jahre lang sollen 101 Grenzbeamte aus 16 EU-Staaten ihre moldauischen und ukrainischen Kollegen schulen und europäische Standards einführen. Neben einem Hauptquartier in Odessa unterhält die EUBAM mehrere Feldstationen entlang der Grenze, darunter drei am transnistrischen Streifen auf ukrainischer Seite. Rund 8 Millionen Euro lässt sich die EU den Einsatz kosten.
Die EU-Beamten dürfen selbst keine Kontrollen durchführen. Stattdessen begleiten sie die Beamten vor Ort bei Passkontrollen, Fahrzeugdurchsuchungen, Grenzpatrouillen und Zollabfertigungen und geben ihr Expertenwissen weiter. Neben verbesserter Koordination der täglichen Grenzkontrollen stehen Fachwissen wie das Erkennen gefälschter Dokumente, die systematische Suche nach geschmuggelter Ware und die Fahndung nach Schmugglergruppen auf dem freien Feld auf dem Stundenplan. Vor allem möchte die Grenzmission die Kooperation zwischen den 800 moldauischen und den 1.470 ukrainischen Grenzbeamten anregen.
Seit März verbietet die Ukraine alle Warentransits über die Grenze, die nicht das offizielle moldauische Zollsiegel tragen. Firmen aus Transnistrien müssen sich in Chisinau registrieren, wenn sie exportieren wollen, und auf Dauer auch Mehrwert- und Einkommensteuern zahlen. Aber Transnistriens Präsident Smirnov, der jede Kooperation mit Chisinau verweigert, hinderte seine Unternehmen monatelang an der Registrierung und inszenierte das Bild einer "humanitären Katastrophe" als Folge des ukrainischen Zollregimes. Unterstützt wird er von Russland, das Truppen in Transnistrien stationiert hat und dem Land satte Wirtschaftshilfen bereitstellt. Doch es regt sich Widerstand. Der Direktor des einflussreichen Stahlwerks in Rybniza beklagte sich öffentlich über Smirnows Politik. "Eine knalldicke Ohrfeige für Smirnow", sagt Wilfried Jilge vom Ostmitteleuropa-Zentrum (GZWO) der Uni Leipzig. "In den nächsten Monaten wird es spannend zu beobachten, ob sich Bewegung in der transnistrischen Regierung zeigt."
Inzwischen sind neun Monate der EU-Mission um, und das EUBAM-Büro in Odessa meldet erste Erfolge. Bei einer gemeinsamen Aktion von ukrainischen und moldauischen Grenzbeamten sei im Mai innerhalb von zehn Tagen mehr Schmuggelware entdeckt worden als in den gesamten ersten drei Monaten des Jahres -darunter 52 Tonnen Fleisch, 63 Tonnen Gemüse, mehr als 5.000 Zigarettenschachteln und über 2.500 Liter Alkohol. Waffen wurden bisher keine gefunden, Drogen nur in geringen Mengen.
Den Schmugglern wird damit längst nicht das Handwerk gelegt sein. Das wissen nicht nur die Zollbeamten. "Die Grenzposten haben nicht die Mittel, um alles zu kontrollieren", sagt der Politikwissenschaftler Dan Vexler. Auch würden viele Probleme nur über lange Zeiträume zu lösen sein, vor allem die Korruption unter den Grenzbeamten und das Misstrauen gegenüber Vorgesetzten, die möglicherweise selber an illegalen Geschäften beteiligt seien. Die Europäische Union müsse jetzt standhaft bleiben. "Es wäre eine Schande, wenn die Mission schon nach zwei Jahren abgeschlossen würde."