Das Parlament: Leben Sie als Mieter lieber bei privaten oder staatlichen Eigentümern?
Sotelo: Ich ziehe private Vermieter vor, die haben eine bessere Kundenorientierung. Einmal wohnte ich bei einer öffentlichen Gesellschaft, woran ich keine guten Erinnerungen habe. Ein professioneller privater Eigentümer ist von seinem Gewinninteresse her um das Wohl seiner Mieter besorgt.
Das Parlament: Aber nutzen private Vermieter Spielräume bei Mieterhöhungen nicht stärker aus als staatliche Unternehmen?
Sotelo: Das kann man alles im Vertrag regeln, so dass Risiken für die Dauer des Mietverhältnisses ausgeschlossen sind. Mieter sind in einer starken Position: Sie können die Wohnung wechseln, zudem haben sie mächtige Interessenvertretungen.
Das Parlament: Einkommensschwache, die auf preisgünstige Unterkünfte angewiesen sind, haben auf dem Markt keine starke Position. Öffentliche Gesellschaften, die sich nicht allein an wirtschaftlicher Effizienz orientieren, stellen ihnen Wohnraum zur Verfügung.
Sotelo: Ich will nicht alles dem freien Markt überlassen. Aber der Staat soll nicht als Wohnungseigentümer auftreten. Private Vermieter arbeiten nun mal wirtschaftlich effizienter. Staatlicher Einfluss ist nötig, aber man muss Wohnungspolitik und Wohnungswirtschaft trennen. Die Privatisierung öffentlicher Unternehmen ist nicht das Ende, sondern die Voraussetzung einer wirkungsvollen Wohnungspolitik.
Das Parlament: Was heißt das konkret?
Sotelo: Man kann an Einkommensschwache Wohngeld zahlen. Dann kann der Staat bei Privateigentümern Belegungsrechte kaufen, um Personen mit schwierigem Sozialverhalten unterzubringen. Soll der Wohnungsbestand insgesamt vergrößert werden, bietet sich an, private Investoren durch kluge Abschreibungsmodelle zu unterstützen. Das kann man differenzieren und etwa nur in Ballungszentren mit Wohnungsknappheit praktizieren. Fördert der Staat hingegen den Bau von Wohnungen speziell für Einkommensschwache, erhalten diese die neuesten und besten Unterkünfte, was nicht sinnvoll ist.
Das Parlament: Diese Methode kostet aber auch Geld.
Sotelo: Klar, ich denke aber, dass dies den Staat billiger als öffentliches Wohnungseigentum kommt, das legen jedenfalls Modellrechnungen nahe. Konkrete Vergleiche sind schwierig, weil sich öffentliche Unternehmen anders als Private nicht allein am Kriterium wirtschaftlicher Effizienz orientieren.
Das Parlament: Nun fürchten Mieterverbände beim Verkauf staatlicher Gesellschaften Mieterhöhungen, eine verschärfte soziale Auslese bei Neuvermietungen, den Abbau der Mietermitbestimmung, zudem das Herunterkommen mancher Bestände bis hin zu Gettobildungen. Alles nur Schreckgespenster?
Sotelo: Der Mieterbund widerspricht sich, wenn er einerseits privaten Unternehmen Luxusmodernisierungen vorwirft und andererseits Verfall anprangert. Natürlich orientieren sich private Vermieter an der finanziellen Nachfrage: Es macht keinen Sinn, in Berlin-Neukölln den gleichen Wohnungsstandard anzubieten wie im Grunewald. Wenn es Tendenzen zur Gettoisierung gibt, dann hat das nichts mit öffentlichem oder privatem Eigentum zu tun. Dann hat meist die Politik versagt, weil Instrumente wie Sanierungsrecht oder Quartiersmanagement nicht adäquat eingesetzt wurden. Die Miethöhe ergibt sich im Übrigen aus Angebot und Nachfrage und hat gar nichts mit der Eigentümerschaft der Wohnungen zu tun.
Das Parlament: Bei Privatisierungen werden neue Eigentümer oft auf eine Sozialcharta verpflichtet.
Sotelo: Eine Sozialcharta ist grundsätzlich abzulehnen. Schränkt sie den Erwerber wirkungsvoll ein, mindert dies den Kaufpreis, was Staat und Steuerzahler schädigt. Läuft eine Charta ins Leere, weil sie nicht strenger als das Gesetz ist, braucht man sie sowieso nicht. So etwas soll den politischen Frieden sichern, das ist ein Ausdruck verschärfter Unehrlichkeit im politischen Streit. Wenn man die Interessen der Bewohner stärken will, dann über das allgemeine Mietrecht.
Das Interview führte Karl-Otto Sattler