DEUTSCHE BAHN
Vorstand weist Vorwürfe zurück: Gleise sind nicht "verlottert". Abgeordnete setzen einen Unterausschuss ein
Die Beschreibungen reichen von "normale Alterung" über "nicht ausreichend instandgehalten" bis hin zu "verlottert". Diese Bandbreite zeigt: So recht weiß niemand genau, in welchem Zustand das deutsche Schienennetz wirklich ist, oder - wie eine Reihe von Abgeordneten befürchtet - die Deutsche Bahn AG (DB AG) weiß es zwar, will es aber nicht sagen. Erste stichhaltige Belege dafür, dass das Schienennetz nicht mehr "taufrisch ist", lieferte Anfang Februar ein Berichtsentwurf des Bundesrechnungshofes. Darin wird der Bahn vorgeworfen, in den vergangenen Jahren nicht genug Geld in die Instandhaltung des Schienennetzes gesteckt zu haben. Seitdem versuchen vor allem die Verkehrspolitiker im Bundestag, den Zustand des Netzes genauer zu eruieren. Am 21. März mussten sich dazu im Verkehrsausschuss Vertreter von Bahn, Bundesrechnungshof und Eisenbahnbundesamt erklären. Am 22. März beschäftigte sich gar das Bundestagsplenum auf Antrag der Grünen in einer Aktuellen Stunde mit dem Zustand der DB AG vor der geplanten Teilprivatisierung. Außerdem beschloss der Verkehrsausschuss einstimmig, einen "Unterausschuss Schieneninfrastruktur" einzusetzen.
Vor den Fachpolitikern im Ausschuss wies die DB AG den Vorwurf zurück, sie habe in den vergangenen Jahren das Schienennetz nicht ausreichend in Stand gehalten, klar zurück. Einzelne detaillierte Vorwürfe, die der Bundesrechnungshof in seinem Bericht erhebe, seien zwar richtig, sagte Volker Kefer, Vorstandsvorsitzender der DB Netz AG. Von "verlottern lassen" des Netzes, wie es in der Öffentlichkeit heiße, könne allerdings nicht die Rede sein. Nach Aussage der Bahn sind in den Jahren 2005 und 2006 jeweils rund 1,6 Milliarden Euro für die Instandhaltung des Schienennetzes ausgegeben worden.
Sowohl die Qualität des Netzes als auch die geplante Teilprivatisierung in der derzeit bekannten Form kritisierten FDP, Grüne und Linke in der Aktuellen Stunde. Winfried Herrmann (Grüne) bezeichnete es als Skandal, dass noch immer kein Netzzustandsbericht vorliege, Horst Friedrich (FDP) warnte, mit der Privatisisierung verliere der Bund noch mehr Einfluss auf das Schienennetz, und Dorothee Menzner (Die Linke) kritisierte, die Bahn habe das Schienennetz "kaputt gespart". Einig sind sich Koalition und Opposition aber darin, dass der Bund "ohne Wenn und Aber" Eigentümer des Schienennetzes bleiben muss.