UNTERNEHMENSTEUERREFORM
25 Prozent pauschal auf Zinsen. Und unter 30 Prozent auf Gewinne.
In dieser Woche wird sich der Bundestag erstmals mit der geplanten Unternehmensteuerreform befassen. Das wichtigste steuerpolitische Vorhaben der Großen Koalition soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.
Im Kern geht es darum, die nominalen Steuersätze für Unternehmen auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen. Zugleich soll die Möglichkeit eingeschränkt werden, Gewinne ins Ausland zu verlagern, um dadurch Steuern zu sparen. Aber auch den Kleinsparer betrifft das Gesetz: Von allen Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinnen sollen ab 2009 pauschal 25 Prozent anonym an den Fiskus abgeführt werden. Als Aufschlag kommen allerdings noch der Solidaritätszuschlag sowie gegebenenfalls die Kirchensteuer hinzu.
Diese so genannte Abgeltungsteuer ersetzt bei Privatleuten auch das bisherige Halbeinkünfteverfahren, wonach Dividenden nur zur Hälfte der Besteuerung unterworfen werden. Damit würde einerseits die Steuerhinterziehung von Kapitaleinkünften erschwert, andererseits könnten die unbeliebten Nachforschungen der Finanzämter bei den Banken ("Kontenabruf") künftig unterbleiben. Wer einen geringeren persönlichen Steuersatz als 25 Prozent hat (er greift bei Einkünften ab 15.000 Euro), soll seine Zinsen in der Steuererklärung angeben und zuviel gezahlte Abgeltungsteuer zurückerhalten können. Die so genannte Spekulationsfrist von einem Jahr, die Wertpapiere mindestens gehalten werden müssen, um den Veräußerungsgewinn steuerfrei kassieren zu können, soll ab 2009 entfallen.
Die nominale Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften will die Regierung von derzeit 38,65 auf 29,83 Prozent senken. Diese Zahl ergibt sich, wenn der Körperschaftsteuersatz von 25 auf 15 Prozent gesenkt wird, wie es im Regierungsentwurf des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 geplant ist, und gleichzeitig die Gewerbesteuermesszahl von maximal fünf auf einheitlich 3,5 Prozent verringert wird. Dabei wird ein kommunaler Hebesatz für die Gewerbesteuer von 400 Prozent unterstellt.
Die Absenkung des Steuersatzes ist das eine, die Einschränkung ungewünschter steuerlicher Gestaltungen zu Lasten des Fiskus das andere. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Joachim Poß, beklagte jüngst, dass "jährlich rund 100 Milliarden Euro in Deutschland erzielter Unternehmensgewinne am deutschen Fiskus vorbei ins Ausland transferiert werden".
Schon während der Beratungen in der Koalition hat der Begriff der Zinsschranke Karriere gemacht. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist vor allem die "grenzüberschreitende Fremdkapitalfinanzierung" ein Dorn im Auge. Dabei werden Tochtergesellschaften in Deutschland von ihren ausländischen Konzernmüttern mit Krediten versorgt. Die Zinsen der Töchter an ihre Muttergesellschaften sind in Deutschland als Betriebsausgabe abzugsfähig und mindern dadurch den hierzulande zu versteuernden Gewinn. Fremdkapitalzinsen und interne Verrechnungspreise sind aus Sicht der Bundesregierung die wichtigsten Instrumente der Konzerne, um Steuerzahlungen ins Ausland zu verlagern.
Die Zinsschranke bei der Körperschaftsteuer begrenzt die abzugsfähigen Zinszahlungen. Sie soll sich am Saldo aus Zinsaufwand und Zinserträgen orientieren. Ist der Saldo größer als eine Million Euro, was bei einem Zinssatz von fünf Prozent etwa 20 Millionen Euro Fremdkapital entspricht, soll künftig nur noch ein Teil des über den Zinserträgen liegenden Zinsaufwands sofort gewinnmindernd geltend gemacht werden können. Der Rest soll zeitlich unbefristet auf künftige Veranlagungszeiträume verlagert werden können.
Von der Zinsschranke nicht betroffen sind laut Entwurf Einzelunternehmen, die weitere Beteiligungen halten; die im Mittelstand weit verbreitete Betriebsaufspaltung; so genannte Organkreise; die Public-Private-Partnership-Projektgesellschaften, die nicht in einen Konzern eingebunden sind, sowie Verbriefungszweckgesellschaften. Nicht belastet werden sollen auch Unternehmen, die ohne steuerliche Gestaltungsabsicht eine hohe Außenfinanzierung aufweisen. Kann ein Unternehmen nachweisen, dass seine Finanzierungsstruktur für den Gesamtkonzern typisch ist, soll die Zinsschranke nicht angewendet werden (Escape-Klausel).
Ferner ist vorgesehen, nicht ausgeschüttete Gewinne steuerlich zu begünstigen, damit international tätige Personenunternehmen ähnliche Bedingungen antreffen wie Kapitalgesellschaften. Die Unternehmensteuerreform wird nach Regierungsangaben zu jährlichen Mindereinnahmen von gut 5 Milliarden Euro führen, von denen 2,66 Milliarden auf den Bund, 2,37 Milliarden auf die Länder und 10 Millionen Euro auf die Gemeinden entfallen.