SED-OPFER
Koalition sieht materielle Folgen der Unterdrückung "sichtbar" gelindert
Endlich würden die materiellen Folgen der Unterdrückung durch das SED-Regime sichtbar gelindert. Das Schicksal der in der DDR aus politischen Gründen Inhaftierten werde durch eine regelmäßige Zahlung erleichert, erklärte die Unionsfraktion Ende vorigen Monats. Klaas Hübner von den Sozialdemokraten stimmte dem in der Abschlussdebatte am 13. Juni zu: Dies sei ein "gutes Gesetz". Es verbessere die Lage der überwältigenden Mehrheit der Opfer.
Hübner fügte aber auch hinzu: Es sei klar, dass man einmal geschehenes Unrecht nicht wiedergutmachen könne. Was man aber könne, sei, "den Opfern das Gefühl geben, dass sie nicht vergessen sind und dass ihr Leiden nicht umsonst war".
Das vom Bundestag beschlossene Gesetz ( 16/5532 , 16/4842 ) sieht vor, Menschen, die mindestens sechs Monate in Haft waren und wirtschaftlich bedürftig sind, eine Opferpension von 250 Euro zu zahlen. Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU-Fraktion) hob hervor, dass Rentenleistungen in diesem Zusammenhang unberücksichtigt blieben. Künftig würden so über 40.000 Haftopfer in den Genuss einer monatlichen Zuwendung kommen. Voßhoff wies zudem darauf hin, dass das Einkommen des Ehegatten oder eines Lebenspartners, mit dem der Betroffene in eheähnlicher Gemeinschaft lebe, bei der Ermittlung der Einkommensgrenzen außen vor bleibe. In dem Gesetz ist weiterhin vorgesehen, dass die Zuwendungen dauerhaft gewährt werden. In dem ursprünglichen Entwurf war noch vorgesehen, dass die Bewilligung alle sechs Monate verlängert werden müsse. Kritiker hatten die Regelung als bürokratisches Monstrum bezeichnet. Horst Schüler, Vorsitzender der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft, erkannte gegenüber dem "Parlament" die erreichten Verbesserungen an. Dennoch sei dem von den Opferverbänden geforderten Wegfall der Bedürftigkeitsprüfung nicht entsprochen worden. Dies habe zur Folge, dass die Opfer in "arme" und "reiche" gespalten würden. "Das kritisieren wir scharf", so Schüler.
Auch die fehlende Berücksichtigung der repressiv Verfolgten in der DDR (wie etwa ein Verbot des Studiums) sei kritikwürdig. Insgesamt sei das Gesetz keine Anerkennung des Widerstandes in der menschenverachtenden kommunistischen Diktatur, sondern gleiche eher einer Sozialmaßnahme.
Für die FDP wies Jörg van Essen darauf hin, es habe 17 Jahre gedauert, bis man überhaupt zu einer Regelung gekommen sei. Diejenigen, die Täter gewesen seien, bezögen teilweise seit vielen Jahren Sonderrenten. In vielen Fällen lebten sie besser als die Opfer des SED-Regimes. Ein Änderungsantrag der Liberalen ( 16/5597 ), der vorsah, für alle Betroffenen einen Sockelbetrag zu zahlen und nur den wirtschaftlich Bedürftigen eine Zusatzzahlung zu gewähren, lehnte das Parlament ab. Die Opposition befürwortete den Antrag. Petra Pau von der Linkspartei übte Kritik an der Koalition: Nutznießer dieses Gesetzes würden nur jene Opfer des DDR-Unrechts sein, die inzwischen zu den Ärmsten zählten.