Milch ist gesund! Das weiß in Deutschland jedes Kind. Laut der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft beugt ein ausreichender Milchkonsum, Osteoporose, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Übergewicht vor. Nicht zu vergessen das Calcium, welches der Mensch zum Knochenaufbau benötigt. Zuletzt ist die Milch jedoch durch ihren überraschenden Preisanstieg in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gelangt. Was den Verbraucher möglicherweise ärgert, ist für deutsche Milchproduzenten ein Grund durchzuatmen. Nach jahrelangem Preisverfall können nun endlich wieder Existenz sichernde Preise erzielt werden. Doch wie ist es um die Zukunft der deutschen Milchbauern bestellt? Diese und andere Fragen erörterten Sachverständige während einer öffentlichen Anhörung im Landwirtschaftsausschuss am 17. September. Insbesondere das "Für und Wider" einer Milchquote führte dabei zu kontroversen Diskussionen. Während sich beispielsweise Professor Michael Schmitz von der Universität Gießen für die baldige Aufhebung der Produktionsbeschränkung aussprach, forderte der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter eine Beibehaltung der Quotierung auch über das Jahr 2015 hinaus. Der Deutsche Bauernverband wiederum sieht im Moment keinen Handlungsbedarf, spricht sich aber für eine Abschaffung der Quote wie vorgesehen im Jahr 2015 aus.
Derzeit, so der Deutsche Bauernverband, sei der Milchmarkt weltweit auf einem Erholungskurs. Man plädiere daher für eine "Politik der ruhigen Hand". Jegliche Änderungen der bis 2015 geltenden Milchmarktordnung seien überflüssig. Verbessert werden müsse hingegen die Vermarktungssituation für Milch. Dabei komme dem Fortbestand der CMA als Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft hohe Bedeutung zu. Dem stimmte auch Claus-Peter Witt, Vorstandsvorsitzender der Uelzen eG aus Sicht der genossenschaftlichen Molkereien zu. Sowohl die CMA als auch die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle ZMP würden weiterhin gebraucht, sagte er. Auch Witt sprach sich für eine Beibehaltung der Quotenregelung aus. Nach dem Auslaufen der Quote müsse es jedoch Regelungen geben, die den Molkereien Klarheit über die zu erwartende Milchmenge gebe. Professor Folkhard Isermeyer von der Bundesanstalt für Landwirtschaft prognostizierte eine positive Weltmarktentwicklung mit einem starken Nachfragewachstum, aber stabilen Preisen. Diese lägen derzeit sehr hoch, dürften allerdings schon ab 2008 wieder sinken. Derzeit profitierten die Landwirte von den stark gestiegenen Preisen auch im geltenden Quotensystem, so Isermeyer. Gebe es dieses System nicht, wäre zwar einerseits mehr Wachstum möglich. Dies könne aber andererseits zu einer Senkung des Milchpreisniveaus führen.
"Die Milchmenge wird steigen und der Milchpreis stark fallen", sagte Lutz Ribbe von der Stiftung europäisches Naturerbe mit Blick auf den eventuellen Wegfall der Quotenregelung. Dies führe zu dramatischen Einkommensverlusten der Milchbauern, was wiederum vielen landwirtschaftlichen Betrieben die Existenz kosten und eine entscheidende Veränderung der Molkereistruktur zur Folge haben könnte. Ribbe forderte daher Lösungsansätze, die über das Jahr 2015 hinausgehen. Wolle man zukünftig auf dem Weltmarkt bestehen, so Professor Michael Schmitz, müsse man über einen grundlegenden Wandel in der Agrarpolitik nachdenken. Ziel müsse es sein, weg von Konservierung und staatlicher Alimentierung hin zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovation und einer Stärkung der Marktkräfte zu gelangen. Eine derartige Liberalisierung lehnt der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter hingegen ab. Die Politik müsse darauf Einfluss nehmen, dass die derzeitigen regionalen Ansätze nicht dem Liberalismus geopfert werden. Die Milchquote müsse langfristig beibehalten und als flexible Angebotssteuerung genutzt
werden, hieß es. Schließlich sei dies in anderen Industriebereichen auch möglich.