Jordanien/Syrien
Die Flüchtlingswelle aus dem Irak überrollt die Nachbarländer
Der Exodus aus dem Irak hält unvermindert an. Seit über einem Jahr verlassen täglich Tausende das Land. Iraks unmittelbare Nachbarn werden der Lage nicht mehr Herr. Jordanien hat bereits seine Grenzen für Iraker geschlossen. Nur wer eine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, ein Geschäftsvisum erhielt oder das Königreich als Durchgangsstation in ein anderes Land benutzt, wird hereingelassen. Am Grenzübergang in der Wüste werden fast nur noch Lastwagen abgefertigt. Die vordem regelmäßigen Bustransfers zwischen Bagdad und Amman sind weitgehend eingestellt. Ebenso die Fahrten im Sammeltaxi. Iraqi Airways, die staatliche irakische Fluggesellschaft, musste zuweilen alle Passagiere wieder zurückfliegen, da sie keine gültigen Einreisepapiere hatten.
Auch Syrien hat angefangen, seine Grenzen für Iraker dicht zu machen. Als zuletzt einziges visafreies Land gilt auch hier seit Anfang Oktober Visazwang. Vordem bekamen die Iraker beim Grenzübertritt einen Stempel in ihren Pass, der ihnen einen Aufenthalt von zunächst drei Monaten genehmigte. Vor einem Jahr wurde die Dauer auf einen Monat und schließlich auf zwei Wochen beschränkt. Jetzt ist auch diese Freizügigkeit vorbei. "Die Nachbarländer haben uns gebeten, Lager einzurichten", berichtet UNHCR-Sprecher Ron Redmond in Genf. Die Organisation erwog, Zelte für Neuankömmlinge in Jordanien, Syrien, Kuwait und Saudi-Arabien zu errichten. Doch die Länder seien damit nicht einverstanden. Sie bevorzugen so genannte Sicherheitszonen auf irakischem Territorium. "Wir sehen aber keinen Platz im Irak, der sicher für die Menschen wäre und haben die Idee gleich wieder verworfen", so Redmond.
Konkrete Zahlen zu nennen ist schwierig. Die meisten sind nicht als Flüchtlinge registriert. Nach UN-Schätzungen leben in Syrien bis zu 1,4 Millionen Iraker. Jordanien beherberge mindestens 750.000 Flüchtlinge. Offizielle Regis-trierungen bei den UNHCR-Büros seien Anträge auf Umsiedlung in aufnahmewillige Länder - eine Minderheit. Nachdem lediglich 500 irakische Flüchtlinge im Jahre 2006 die Einreise in die USA genehmigt bekamen, wollten die Amerikaner in diesem Jahr nun 10.000 aufnehmen. Die Überprüfungen durch den US-Geheimdienst können aber bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen. Für Flüchtlingskommissar Guterres ist dies beschämend, denn viele Antragsteller standen im Dienste der Amerikaner, als Übersetzer, Vertragsarbeiter oder sonstige Dienstleister, und sind aufgrund dessen bedroht oder gekidnappt worden. Manche wurden sogar umgebracht. Ihre Angehörigen suchen nun Zuflucht in den USA.