Jahr für Jahr verbringen etwa fünf Millionen Deutsche in der Türkei ihren Urlaub, Tendenz steigend. An der türkischen Mittelmeerküste lassen sich immer mehr Deutsche mit Dauerwohnsitz nieder; in der Region um Antalya sollen es schon mehrere Zehntausende sein. Touristen wie Dauerbewohner stehen der türkischen Umwelt freundlich-reserviert gegenüber; touristische Highlights und annehmliche Alltäglichkeiten sind willkommen, aber sich wirklich auf Land und Leute einzulassen, erscheint als überflüssig.
Der kleine Band der in Deutschland geborenen, heute in Berlin arbeitenden Journalistin Iris Alanyali ist eine locker geschriebene, mit viel Informationen und Historie gespickte Einführung in den modernen türkischen Alltag. Eine große Verwandtschaft - Omas, Cousinen, Schwägerin, Onkels - sind willkommener Anlass, Mentalitäten und Verhaltensweisen der Durchschnittsbevölkerung vorzuführen und den ausländischen Besucher darauf einzustimmen.
In zwölf Kapiteln wird der Besucher durch das Land geführt. Am Anfang steht Istanbul, "die Seele und das Herz des Landes". Dabei interessiert weniger die große Vergangenheit der Stadt, sondern erstaunt fragt sich die Autorin wiederholt, wie eine auf den ersten Blick so ungebändigte, ja chaotische 15-Millionen-Metropole Tag für Tag überhaupt funktioniert. Dann - als Beispiel für Reisen durch die Türkei - eine Fahrt mit dem Überlandbus, der in dem eisenbahnarmen Land fast durchweg ein Schienennetz ersetzt. In der Tat ist es ein Erlebnis eigener Art; nirgends sonst lernt man Land und Leute besser kennen.
Weitere Themen: Schnäppchenjäger auf türkischen Märkten und Basaren; türkische Küche, türkische Musik, antike Vergangenheit (ein Pfund, mit dem sich immer besser wuchern lässt, was sich bis in die kleinsten Nester herumgesprochen hat) und schließlich die touristenüberströmte Mittelmeerküste ("Sodom und Gomorrha im Paradies"). All das wird mit Witz und einer kräftigen Prise Selbstironie erzählt; die großen Konflikte des Landes wie Arbeitslosigkeit, Landflucht, Wohlstandsgefälle und Kurdenfrage klingen allenfalls an, aber eine "Gebrauchsanweisung" richtet ja in der Tat ihren Blick nicht gerade auf Schwachstellen. ks
Iris Alanyali
Gebrauchsanweisung für die Türkei.
Piper Verlag, München/Zürich 2004; 190 S., 12,90 Euro