Die Europäische Union kommt den immer wieder kehrenden Klagen von Tierschützern über katastrophale Bedingungen bei Tiertransporten entgegen. Dass die Berichte über die dabei erlittenen Qualen, die Nichteinhaltung der Fahrzeitbeschränkungen, die Überladung der Transportfahrzeuge, der Durst der Schlachttiere, von denen viele ihren letzten Transport zum Schlachthof gar nicht überleben, nicht übertrieben sind, machen zufällige Kontrollen immer wieder deutlich. So wurden bei verstärkten Inspektionen in Österreich in mehr als der Hälfte der untersuchten Fälle Regelverstöße festgestellt. Als Reaktion darauf hat das Europäische Parlament Ende März für einen neuen Verordnungsvorschlag der Kommission gestimmt, mit der strengere Regeln für den Langstreckentransporte von lebenden Tieren durchgesetzt werden, die bei Verstößen unter Strafe gestellt werden sollen.
Generell sprechen sich die Abgeordneten dafür aus, dass die Tiere so wenig wie möglich transportiert werden sollten. So weit möglich sollten sie in der Nähe ihrer Herkunftsortes geschlachtet werden. Auf keinen Fall sollten sie in ein anderes Land gebracht werden, nur weil es dort billiger arbeitende Schlachthäuser gibt. Zur Lösung des Problems könnte auch die Einrichtung von mobilen Schlachteinrichtungen beitragen. In diesem Zusammenhang könnten auch solche mobilen Schlachthäuser oder kommunale Schlachtereien in besonders benachteiligten Regionen gefördert werden. Hierzu soll die Kommission die Möglichkeiten prüfen.
Als Grundlage sieht der Verordnungsentwurf der Brüsseler Kommission vor, dass der Fahrer eines Tiertransports spätestens alle neun Stunden halten muss. Die Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde, aber auch kleinere Tierarten dürfen dann zwölf Stunden lang ruhen. Das Parlament hält dies jedoch für unpraktisch und möchte Transporte für Schlachtvieh grundsätzlich auf höchstens neun Stunden beschränken. Tiere, die zu öffentlichen Veranstaltungen, Ausstellungen oder zum Training transportiert werden, fallen nicht unter die neuen Regeln. Der Transport von sehr jungen oder kranken Tieren soll ganz verboten werden.
Über diese Grundbedingungen hinaus sollen zur Verringerung des Leidens der Tiere bei den Transportfahrzeugen Mindeststandards eingehalten werden. So wird eine maximale Anzahl von Tieren pro Fahrzeug vorgeschrieben, die Innentemperatur, der Platz pro Tier, ein Klimatisierungs- oder Belüftungssystem und die regelmäßige Versorgung mit Futter und frischem Wasser. Elektroschockgeräte zur Bändigung widerspenstiger Bullen sollen nicht mehr eingesetzt werden dürfen.
Eine erste EU-Richtlinie zum Schutz von Tieren beim Transport wurde schon 1977 erlassen und 1991 fortgeschrieben. Darin wurden bereits die höchstzulässige Ladedichte für Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine festgelegt. Außerdem wurde ein Transportplan und für die Tiertransporte eine Genehmigung durch die einzelstaatlichen Behörden vorgeschrieben.
Die Vorschriften, die noch von den einer starken Lobby aus Bauernverbänden und Transportunternehmen gegenüberstehenden Agrarministern endgültig abgesegnet werden müssen, sollen künftig auch besser überwacht werden. Da dies aber nicht annähernd lückenlos möglich ist, ist für die Fahrer ein spezielles Zertifikat vorgesehen, ebenso für die Speditionen. Bei Verstößen gegen die EU-Verordnung kann die Fahrerlaubnis für ein Jahr entzogen werden. Nach Angaben der Kommission werden jährlich zwei Millionen Schlachttiere quer durch Europa transportiert. Das soll wegen mangelnder Regelungen und Kontrollen zur Ausbreitung von Tierkrankheiten wie Schweinepest, BSE und Maul- und Klauenseuche beigetragen haben. H. H.