Die "New Economy", das Versprechen auf immerwährende Krisenfreiheit des weltweiten Kapitalismus, hat sich als hohl erwiesen. Zurück blieben neben mehreren Betrugsprozessen und neuer Nachdenklichkeit vieler Anleger über die "Aktienkultur" auch eine veränderte Einstellung zur Arbeit. Die Unterscheidung zwischen "Arbeit" und "Freizeit" wurde für veraltet erklärt. Stattdessen galt für IT- Lifestyleworker: Arbeit ist Leben ist Arbeit, "Arbeit als Lebensstil". Jeder ist für seinen wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich, alle werden Ich-AGs. Dass sich ein arbeitsmarktwirksamer Erfolg auch dieses Hartz-Projektes nicht recht einstellen will, ändert an den eingeleiteten psychosozialen Umwälzungen grundlegend nichts.
In der vom US-Soziologen Richard Sennet begründeten kritischen Tradition ("Der flexible Mensch") geht das Buch der Frage nach dem heutigen Stellenwert von "Arbeit" für das Selbstbewusstsein der Menschen nach. Nach Oskar Negt zerstört die ökonomisch geforderte Flexibilität die Identität von Menschen. Weitere Aufsätze beschäftigen sich mit Ursachen und Auswirkungen der Entwertung von Sozialkapital oder der Atomisierung der Arbeitsgesellschaft und deren psychologischer Verarbeitung. Besonders interessant sind Texte ehemaliger Insider der "New Economy" über als "Religion" wahrgenommene Ideologie der "Me Inc.". Die kulturelle Bedrohung durch die fortschreitende Ökonomisierung des Bewusstseins wird durch dieses ebenso lesbare wie lesenswerte Bändchen gut illustriert.
Alexander Meschnig / Matthias Stuhr (Hrsg.)
Arbeit als Lebensstil.
edition suhrkamp, Frankfurt/M. 2003; 212 S., 10,- Euro