Recht. Die Neufassung der Strafvorschriften gegen den Menschenhandel, wie von der Regierungskoalition im Entwurf des Strafrechtsänderungsgesetzes ( 15/3045) vorgesehen, wird von Experten weitgehend begrüßt. Dies wurde auf einer öffentlichen Anhörung des Rechtssausschusses am 30. Juni deutlich.
Der Gesetzentwurf dient dem Zweck, die strafrechtliche Definition des Menschenhandels, insbesondere des Frauenhandels, entsprechend den Vorgaben der UNO und der EU zu erweitern. Dort wird gefordert, den Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft oder zum Zweck der sexuellen Ausbeutung unter Strafe zu stellen. Das deutsche Strafrecht kenne bisher lediglich die Variante des Menschenhandels zum Zwecke der Prostitution, die jedoch nicht hinreichend geregelt sei. Daher gebe es Änderungs- und Ergänzungsbedarf, so die Koalition.
Annette Louise Herz vom Max-Planck-Institut Freiburg begrüßte die Vereinfachung und Überarbeitung der bestehenden Vorschriften. Die vorläufigen Ergebnisse eines von ihrem Institut betriebenen Forschungsprojektes zum Thema Menschenhandel zeigten jedoch, dass eine erfolgreiche Strafverfolgung nur durch eine deutliche Stärkung der Rolle der Opfer, die in einem Verfahren als Zeuge dienten, zu erreichen sei. Ohne deren Aussage sei der Tatnachweis wegen Menschenhandels nicht erfolgreich zu führen.
Als "überarbeitungsbedürftig" bezeichnete die Karlsruher Generalstaatsanwältin Christine Hügel den Entwurf. Die Initiative verdiene Unterstützung, werde allerdings dem selbst gesetzten Ziel, den Strafrechtsschutz bei Menschen- und insbesondere Frauenhandel zu verbessern, nicht vollständig gerecht.
Um die für diesen Bereich typischen Beweisprobleme in den Griff zu bekommen, müsste auch bei "einfachem" Menschenhandel das Beweismittel der Telefonüberwachung erlaubt sein. Da die Opfer oftmals ausgewiesen, ausgereist oder untergetaucht seien, stünden sie als Zeugen nicht mehr zur Verfügung. Daher sei die Telefonüberwachung die einzige Möglichkeit, in die kriminellen Strukturen der Menschenhändler einzudringen, sagte sie.
Aus der Sicht von Theda Kröger von der Zentralen Koordinierungs- und Beratungsstelle für Opfer von Frauenhandel in Hannover ist die frühzeitige Information der Opfer über die Möglichkeit des Schutzes vor eigener Strafverfolgung und vor Übergriffen der Täter nach der Aussage für eine erfolgreiche Umsetzung der neugefassten Tatbestände maßgeblich. Nur so könnten Geschädigte zur Aussage motiviert werden. Im Übrigen sprach sie sich für ein vollständiges Zeugnisverweigerungsrecht für Beraterinnen von Menschenhandelsopfern aus.
Nach Ansicht von Professor Joachim Renzikowski von der Martin-Luther-Universität Halle wird der Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung erst durch eine entsprechende Nachfrage ausgelöst. Diese sei daher aus seiner Sicht strafwürdig, da der "Kunde" sich die Zwangslage oder auslandsspezifische Hilflosigkeit der Opfer zunutze mache.
Dem stimmte Generalstaatsanwalt Heinz-Bernd Wabnitz aus Bamberg zu. Die Ausnutzung von Zwangslagen durch Freier müsse zu einem Straftatbestand werden. Auch Kriminalhauptkommissarin Sabine Roidl vom Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz sprach sich dafür aus, insbesondere Freier, die im Grenzgebiet Prostituierte aufsuchten, zur Verantwortung zu ziehen. Außerdem sprach sie sich für die im Gesetz vorgesehene Gewinnabschopfung aus.