In einer Entschließung zum Abschluss der Debatte über den Jahresbericht 2003 der Europäischen Zentralbank (EZB) hat das Europäische Parlament am 26. Oktober in Straßburg den obersten Währungshütern angemessene Reaktionen auf die wirtschaftlichen und finanziellen Herausforderungen bescheinigt. Die Abgeordneten begrüßen das Erreichen der historisch niedrigen Inflationsraten in der Eurozone. Kritisiert werden aber die Geschäftsbanken, die ihrerseits die wiederholte Senkung der Zinssätze nicht oder nur mit erheblicher Verzögerung weitergegeben hätte.
Die Wirtschaftsprobleme der Mitgliedstaaten der Eurozone und das niedrige Wachstum im Jahr 2003 seien nicht die Folge eines unzureichenden Vertrauens in die neue Währung, sondern auf einen Mangel an Strukturreformen und auf die - verglichen mit anderen Regionen der Welt - zu kurzen Arbeitszeiten zurückzuführen. Während der übrige Teil der Welt aus der Rezession herausgefunden habe und vergleichbare Industrienationen wie die USA und Japan mit 3,1 und 2,5 Prozent ein deutliches Wirtschaftswachstum aufwiesen, sei die Eurozone sogar mit 0,4 gegenüber 0,9 Prozent Wachstum noch weiter zurückgefallen. Selbst der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts Großbritanniens, das die gemeinsame Währung noch nicht übernommen habe, liege mit 2,2 Prozent um ein Mehrfaches höher.
Das Parlament fordert deshalb die Mitgliedstaaten der Währungsunion zur schnelleren Umsetzung der Strukturreformen auf, um so hohe Wachstumsraten zu erreichen, die eine Verwirklichung der Ziele des Lissaboner Prozesses zur Wiedererlangung der Vollbeschäftigung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ermöglichen. In der Entschließung wird vom Parlament anerkannt, dass die Gewährleistung der Preisstabilität das oberste Ziel der EZB ist. Dadurch trage sie zur Erreichung der angestrebten Vollbeschäftigung bei. In der Begründung zur Entschließung heißt es aber auch, dass die EZB ihren Auftrag, die Unterstützung der Lissaboner Strategie, klar verfehlt habe, weil sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU wegen des hohen Euro-Werts im Verhältnis zum Dollar stark verschlechtert habe.
An die Adresse der EZB wird der Wunsch gerichtet, eine Veröffentlichung von Zusammenfassungen der Entscheidungsprotokolle zu ermöglichen, um der Rechenschaftspflicht der EZB gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit nachzukommen. Vorbild könnte hier die US-Notenbank sein, die ihre Beschlüsse ebenfalls nicht nur mitteilen, sondern auch begründen müsse.
Die einzelnen Mitgliedsländer werden aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass alle Stückelungen von Banknoten und Münzen, insbesondere die Ein- und Zwei-Cent-Münzen sowie 200- und 500-Euro-Noten in allen Mitgliedstaaten akzeptiert werden. In einigen Ländern wird darüber debattiert, Münzen mit geringem Wert nicht weiter zu nutzen. Die Abgeordneten befürchten, dass dies zu einer Aufrundung der Preise bis zur nächsten Fünf-Cent-Stufe und damit zu einem zusätzlichen Inflationsdruck führen könne.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet verwies darauf, die Inflationsrate im Jahr 2003 habe bei nur 2,1 Prozent gegenüber 2,3 Prozent in den beiden Vorjahren gelegen. Dass die Zahl knapp über der Zielmarke von zwei Prozent lag, sei auf den verstärkten Anstieg der Öl- und der Lebensmittelpreise, der Erhöhung von Verbrauchssteuern sowie der Verunsicherung der Finanzmärkte zurückzuführen.
Insgesamt habe die Stabilitätspolitik zu höherem Wachstum geführt, das sich künftig aber leicht abschwächen könne. Dennoch beurteilt Trichet die Exportaussichten für 2005 als sehr gut. Sorgen bereiten der EZB nur die voraussichtlich weiter ansteigende Verschuldung der Euro-Staaten. Der Stabilitätspakt sollte dennoch keinesfalls verändert werden. Sinnvoll könnten aber Maßnahmen zur besseren Vorbeugung bei negativen Entwicklungen sein.