Eltern von Kleinkindern in Deutschland können hoffen: Bis 2010 sollen ausreichend Plätze in Krippen und bei Tagesmüttern oder -vätern vorhanden sein. Der Bundestag hat am 28. Oktober einen Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 15/3676, 15/3986) angenommen, wonach die Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren vor allem in den westlichen Ländern deutlich ausgebaut werden sollen. Und wie so oft, war sich das Hohe Haus in der Zielsetzung einig, die Wege dahin und die konkrete Ausführung der notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingugnen blieben umstritten. Daher enthielten sich die Oppositionsfraktionen der Stimme. Sie kritisierten vor allem den finanziellen Unterbau des Gesetzes als unseriös und unglaubwürdig. Der Bund will laut Gesetz für die Verbesserung der Betreuung in Kindertagesstätten und bei Tagesmüttern- oder -vätern jährlich 1,5 Milliarden Euro bereitstellen. Ein Teil des Geldes für die angestrebten 23.000 neuen Betreuungsplätze soll aus der erhofften Entlastung von 2,5 Milliarden im Zuge der Arbeitsmarktreform Hartz IV kommen.
Für heftige Kontroverse sorgte auch ein Schachzug der Koalition in der Verfahrensfrage: Am Abend des 26. Oktober koppelte die Regierung den zustimmungspflichtigen Teil des Gesetzes zur Weiterentwick-lung der Kinder- und Jugendhilfe ab, um die erwartete Ablehnung der Länderkammer auszuschließen. Die Opposition warf der Regierung daraufhin Trickserei und mangelndes Demokratieverständnis vor.
In der Debatte verteidigte Familienministerin Renate Schmidt (SPD) das Vorgehen. Die Regierung wolle den Bundesrat nicht umgehen, "aber wir können auch nicht zulassen, dass die Familien in Westdeutschland in puncto Kinderbetreuung weiterhin in einem Entwicklungsland leben". Daher dürfe der nötige Ausbau der Tagesbetreuung nicht zu einer reinen Finanzfrage verkommen. Gleichzeitig verteidigte sie die Finanzausstattung des Gesetzes. Schmidt rechnete vor, dass die Gemeinden und Kommunen ab 2005 schrittweise um sieben Milliarden Euro durch bundesgesetzliche Maßnahmen entlastet würden. Die Ministerin wandte sich überdies gegen überkommene Klischees von der verantwortungslosen erwerbstätigen Rabenmutter und der "etwas depperten" Nur-Hausfrau.
Darin gab die Unionsfraktion Schmidt Recht. Eltern müssten die Wahlfreiheit in der Erziehung der Kinder haben. Die Politik solle lediglich die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Aus der Sicht der Union sei aber das Regierungskonzept einseitig auf die Ermöglichung der Berufstätigkeit der Eltern ausgerichtet, kritisierte die CSU-Familienexpertin Maria Eichhorn. In der Finanzierungsfrage warf sie der Regierung Wortbruch vor. Das Finanzierungskonzept gehe zulasten der Eltern: "Diese müssen dann über höhere Beiträge die Zeche zahlen." Als Kronzeugen für die aus ihrer Sicht mangelnde finanzielle Absicherung des Gesetzes zog Maria Flachsbarth (CDU) die SPD-regierten Länder Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfallen heran. Diese hätten in einem Antrag betont, dass Länder und Kommunen angesichts der angespannten Haushaltslage keine weiteren Mehrbelastungen verkraften könnten.
Ähnlich argumentierte die FDP. Kinderbetreuungsangebote seien der Schlüssel für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie brächten langfristig wirtschaftlich mehr, als sie kosteten. Allerdings müsse man sie zuerst seriös finanzieren. Es sei nicht in Ordnung, dass die Koalition die Frage der Finanzieurung in der Debatte herunterrede. Das sei der große Pferdefuß des Gesetzes. Denn "wer den Kommunen konkrete Aufgaben zuweist, der muss auch dafür sorgen, dass die Finanzierung sichergestellt ist".
Realitätsfern nannte die Argumentation der Opposition die Grünen-Abgeordnete Katrin Göring-Eckardt. Die Koalition wolle, dass jedes Kind eine Chance habe, egal wo es herkommt und wie dick das Portemonnaie der Eltern sei. Daher: "Heute ist ein guter Tag für die Eltern und Familien, für die Kinder in Deutschland."