Die alarmierende Eilmeldung traf am vergangenen Freitag um 9.56 Uhr auf den Nachrichtentickern ein: "Stoiber: Föderalismuskommission ,gegenwärtig' gescheitert". Und dabei hatte sich die Presse der Hauptstadt schon auf einen langen Abend eingestellt, denn die entscheidende Abschlusssitzung der Kommisssion, die das Verhältnis zwischen Bund und Ländern neu justieren sollte, war für den Nachmittag anberaumt. In der Meldung der Nachrichtenagentur hatte der bayerische Ministerpräsident Stoiber (CSU), der gemeinsam mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Müntefering, den Vorsitz in der Kommission führt, als Knackpunkt vor allem die künftige Kompetenzverteilung in der Bildungspolitik bezeichnet. Wenige Minuten später kam erneut die Meldung, die Kommission stehe vor dem Aus. Müntefering und Stoiber hätten das Scheitern der Verhandlungen eingeräumt und sich - natürlich - gegenseitig die Schuld dafür zugewiesen. Müntefering habe in einer Sondersitzung seiner Fraktion mitgeteilt, man habe sich nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag für die Kommissionssitzung am Nachmittag einigen können. Die Erwartungen der Länder, der Bund werde sich aus dem Hochschulbereich ganz zurückziehen, könnten nicht geteilt werden.
Bereits in den Vortagen hatte es immer wieder Spekulationen um eine Einigung gegeben, trotz der Forderung der ostdeutschen Länder, den Solidarpakt in die Verfassung zu schreiben, trotz der erweiterten Kompetenzen des Bundes bei der Bekämpfung des Terrorismus oder auch solcher Petitessen, dass das Land Berlin eine "Hauptstadtklausel" in der Verfassung anstrebe, um vom Bund eine zusätzliche finanzielle Zuwendung zu bekommen. Der sachsen-anhaltinische Regierungschef Böhmer sagte, die Ministerpräsidenten gingen mit unterschiedlichen Vorstellungen in die Schlussgespräche: "Es gibt noch keine Einigung." All dieses schien aber überwindbar, zumal beide Seiten, Bund wie Länder, stets den Eindruck erweckten, sie seien dringend an einer Einigung über diese als bedeutsam eingestufte Reform des Föderalismus interessiert. Auch Bundeskanzler Schröder hatte nach einem Treffen mit den 16 Länderchefs am Donnerstag in Berlin geäußert, er sehe die Verhandlungen auf einem guten Weg. Und Stoiber wiederholte erneut: "Ein Scheitern wäre schlecht für Deutschland." Folgerichtig erschien am Freitag etwa die "Frankfurter Rundschau" mit der Schlagzeile auf der Titelseite: "Föderalismus-Streit steht vor dem Ende".
Und dann kam der alles entscheidende Freitagmorgen mit den besorgniserregenden Eilmeldungen. Ein ganzes Jahr intensiver Beratungen wegen der starren Haltungen verloren? Die Chance auf eine Modernisierung der Republik auf viele Jahre hin vertan? Schnell kochte die Berliner Gerüchteküche: Hatte nicht der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck in einem Interview mit der "Berliner Zeitung" etwas sibyllinisch auf die Frage geantwortet, wann er denn am Freitag glaube, nach Mainz zurück fliegen zu können, er gehe von Freitagabend aus, habe aber auch die Option, erst sonntags die Hauptstadt zu verlassen. Also doch open end?
Und schon bald verbreitete sich das Gerücht, wenn am Freitagabend keine Einigung in der Kommission erzielt werde, wolle man am Samstag noch einmal zusammenkommen. Allen Beteiligten schien wohl klar, dass mit einer lapidaren Schluss-Meldung der Reformwillen aller Beteiligter bezweifelt werden muss. Um so erstaunter waren die Beobachter, als am Freitagnachmittag die Türen bei der vertraulichen Sitzung sich schon nach kurzer Zeit öffneten und das Ergebnis den Journalisten verkündet wurde: Es ist endgültig aus - keine Vertagung, kein Verschieben auf das nächste Jahr - aus und vorbei! So ist das hehre Vorhaben am Schluss an der Frage des Hochschulzugangs und -abschlusses sowie möglicher Studiengebühren gescheitert.