Beim Thema Sucht galt bislang das fachliche und öffentliche Interesse überwiegend der stoffgebundenen Abhängigkeit, also der Abhängigkeit von bewusstseinsverändernden Substanzen (Alkohol, Cannabis oder Heroin), und erst in jüngster Zeit wird die Aufmerksamkeit auch auf die nichtstoffgebundenen Abhängigkeiten, die so genannten Verhaltenssüchte, gelenkt. Zu den Verhaltenssüchten, die insbesondere im deutschen Sprachraum nur wenig beschrieben sind, zählen exzessiv ausgeübte Verhaltensweisen, die einen belohnenden Effekt haben und die Kriterien einer Abhängigkeit erfüllen.
Vor allem die Spielsucht ist in den letzten Jahren verstärkt in den Focus der öffentlichen Aufmerksamkeit geraten. Zur Verbreitung der Glücksspielsucht in Deutschland gibt es derzeit kaum verlässliche Angaben. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren geht gegenwärtig von 90.000 bis 150.000 beratungs- und behandlungsbedürftigen Spielern aus, wobei hier noch nicht alle Formen des Glücksspiels (zum Beispiel auch Wetten und Lotto) erfasst sind. Über die anderen Formen von Verhaltenssüchten gibt es bislang jedoch nur sehr wenige Informationen und genaue Angaben. So wird berichtet, dass derzeit ungefähr 1,1 Prozent der Bevölkerung weltweit, und 1,8 bis 8,1 Prozent der amerikanischen Bevölkerung unter dem starken Drang, impulsiv exzessiv zu kaufen leiden. In Deutschland wird von einer Häufigkeit zwischen 6,5 und 8 Prozent berichtet. Für Sexsucht wird in den USA eine Häufigkeit von drei bis sechs Prozent angegeben, für Deutschland liegen bislang noch keine Zahlen vor. Des Weiteren ist es, insbesondere für den deutschen Sprachraum, recht schwierig eine genaue Häufigkeit in Bezug auf das Auftreten von Verhaltenssüchten in der Allgemeinbevölkerung zu bekommen.
Bereits vorliegende Zahlen zu der Häufigkeit von Verhaltenssüchten in der Bevölkerung deuten darauf hin, dass weltweit Millionen Menschen direkt von ihnen betroffen sind. Durch soziale und berufliche Verknüpfungen werden jedoch indirekt weitere Millionen Menschen in Mitleidenschaft gezogen.
Am Ende des 19. Jahrhunderts waren die allgemeinen Merkmale stoffgebundener und auch nichtstoffgebundener Suchterkrankungen bereits bekannt worden. Es wurden vier spezielle Suchtformen unterschieden, nämlich die Trunk-, Morphium-, Kokain- und die Spielsucht.
Beim Abhängigkeitssyndrom, ob nun stoffgebunden oder nicht, handelt es sich um eine Gruppe körperlicher, verhaltensmäßiger und kognitiver Phänomene. Diese beinhalten neuroadaptive (biochemische Anpassung) Vorgänge, die den Wirkungen des Suchtstoffes entgegengesetzt sind und zur Toleranzentwicklung führen, das heißt, der Körper wird gegenüber der ihm zugeführten Substanz tolerant, und somit muss diese in höheren Dosen eingenommen werden, um die erwünschte Wirkung zu erzielen. Darüber hinaus zählen das Auftreten von Entzugssymptomen beim plötzlichen Absetzen der Substanz, der unwiderstehliche Wunsch, eine Droge zu konsumieren, der Kontrollverlust während des Konsums sowie der Vorrang des Konsums gegenüber gesellschaftlichen, sozialen und rechtlichen Verpflichtungen dazu.
Bei den nichtstoffgebundenen Süchten werden keine bewusstseinsverändernden Substanzen von außen zugeführt, der Effekt stellt sich durch körpereigene biochemische Veränderungen, die durch bestimmte exzessive, belohnende Verhaltenweisen ausgelöst werden, ein. Daher spricht man hier auch von so genannten Verhaltenssüchten. Bislang hat die Verhaltenssucht noch keinen Eingang als eigenständiges Störungsbild in die gängigen internationalen Klassifikationssysteme psychischer Störungen gefunden, womit eine Diagnosestellung erschwert wird. Derzeit ist lediglich nur eine Form der Verhaltenssucht, das pathologische Glücksspiel als "Pathologisches Spielen" unter der Kategorie der "Psychischen und Verhaltensstörungen" als "Abnorme Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle" aufgelistet. Hier sind andernorts nicht klassifizierbare Verhaltensstörungen zusammengefasst, die sich in der Beschreibung eines unkontrollierbaren Impulses ähneln. Die Störungsursache(n) sind unbekannt. Die Subsumption des pathologischen Spielens unter die Störung der Impulskontrolle kann verhindern, dass geeignete Behandlungsmethoden und -strategien aus der Behandlung suchtkranker Patienten bei Personen mit Verhaltensüchten angewendet werden.
Neben dem intensiven Drang zu spielen, der nur schwer kontrollierbar ist, lauten die diagnostischen Hauptmerkmale für "Pathologisches Spielen" (in inhaltlicher Übereinstimmung mit wesentlichen Kriterien für "Substanzabhängigkeit"): dauerndes, wiederholtes Spielen über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr, anhaltendes und oft noch gesteigertes Spielen trotz negativer sozialer Konsequenzen, wie Verarmung, gestörte Familienbeziehungen und Zerrüttung der persönlichen Verhältnisse, und ständiges gedankliches Beschäftigtsein mit dem Glücksspiel. Allerdings werden die für stoffgebundene Süchte zentralen Kriterien, Toleranzentwicklung (Dosissteigerung) und Entzugssyndrom, nicht genannt. Kennzeichnend ist also vor allem eine eingeschränkte Kontrolle über das Suchtverhalten, das trotz negativer Konsequenzen fortgesetzt wird.
In Anlehnung an die Einordnung des "Pathologischen Spielens" ist es derzeit nur möglich, andere Verhaltenssüchte als "Störung der Impulskontrolle, nicht andernorts klassifiziert", zu diagnostizieren. In der Literatur stehen einheitlichen Kriterien für das Störungsbild "exzessives, belohnendes Verhalten" verschiedene Bezeichnungen gegenüber. So bevorzugen einige Autoren den Begriff der Impulskontrollstörung. Die Diagnose "abnorme Gewohnheiten und Störung der Impulskontrolle" ist jedoch für das Störungsbild der Verhaltenssucht angesichts der Erfüllung der diagnostischen Kriterien für Abhängigkeit zu ungenau. Insbesondere, da hier verschiedene nicht an anderer Stelle klassifizierbare Verhaltensstörungen zusammengefasst werden und der exzessive Gebrauch von Alkohol und anderen psychotropen Substanzen explizit ausgeschlossen wird. Des Weiteren wird zum Beispiel von einem zwanghaften Verhalten geschrieben und das abhängige Verhalten als Zwangshandlung definiert. Die Diagnose "Zwangsstörung" scheint jedoch für die Verhaltenssüchte nicht zutreffend zu sein. So werden beispielsweise Zwangshandlungen nicht als angenehm empfunden und gelten häufig als Vorbeugung gegen ein objektiv unwahrscheinliches Ereignis, das Unheil anrichten könnte. Die Zwangshandlung wird in der Regel nicht lange vorbereitet und teilweise unmittelbar mehrfach stereotyp wiederholt.
Andere Autoren postulieren, dass die Merkmale des Störungsbildes mit den Merkmalen der Abhängigkeitsstörung vergleichbar sind und formulieren den Begriff der Verhaltensabhängigkeit ("behavioral dependence") beziehungsweise Verhaltenssucht. Hierbei wird betont, dass sowohl das Verlangen von Abhängigen, ihrer Verhaltensroutine nachzugehen als auch das auftretende Unbehagen, wenn die Durchführung des Verhaltens verhindert wird, der Verlangens- und Entzugssymptomatik von Substanzabhängigen entspricht. Der synonym genutzte Begriff der Verhaltensabhängigkeit impliziert, dass eine Belohnung für ein Gehirn eine Belohnung ist, unabhängig davon, ob sie chemisch vermittelt oder "erfahren" ist. Es wird dabei davon ausgegangen, dass die Mechanismen, die der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Abhängigkeit von bewusstseinsverändernden Substanzen zugrunde liegen, mit den Mechanismen der Verhaltenssüchte vergleichbar sind.
Wie bei der Substanzabhängigkeit wird auch bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Verhaltenssüchten dem verhaltensverstärkenden Belohnungssystem eine zentrale Rolle zugeschrieben. So wird postuliert, dass die Erinnerung an die positive Wirkung der Suchtmittel als zentrale Motivation für das süchtige Verhalten fungiert, dass also die Verhaltensüchte erlernt sind.
Betroffene regulieren beziehungsweise verdrängen durch exzessives, belohnendes Verhalten schnell und effektiv Gefühle im Zusammenhang mit Frustrationen, Ängsten und Unsicherheiten. Analog zum Effekt beim Gebrauch von bewusstseinsverändernden Substanzen kann eine aktive Auseinandersetzung des Betroffenen mit Problemen dabei immer mehr in der Hintergrund rücken und "verlernt" werden. Uneingeschränktes exzessives Verhalten erhält somit, wie der Gebrauch einer bewusstseinsverändernden Substanz, die Funktion, das Leben für den Betroffenen erträglich zu gestalten und Stress zu bewältigen. So wird das suchtartige Verhalten im Laufe einer pathologischen Verhaltensentwicklung oftmals zur noch einzig vorhandenen Stressverarbeitungsstrategie.