Die Leipziger Buchmesse hat dieses Jahr rund 2.200 Aussteller. Die Frankfurter Buchmesse verzeichnete im vergangenen Jahr über 7.000. Sind Sie eifersüchtig?
(lacht) Nein, eifersüchtig sind wir nicht. Unsere Kollegen in Frankfurt organisieren diese Messe ja schon seit 1949 und wir haben 1991 begonnen, ein neues Konzept zu entwickeln. Frankfurt ist in erster Linie eine Fachmesse, wir sind eine Publikumsmesse. Wir beziehen vom Buchhändler bis zum Leser alle ein. 1992 haben wir "Leipzig liest" gegründet, ein Literaturfestival, das mit 1900 Veranstaltungen das größte in Europa ist. Insofern sind wir einzigartig.
Ausgehend von der Leip-ziger Buchmesse: Was sind die Trends auf dem Buch-markt?
Es gibt eine immer noch starke Entwicklung der jüngeren deutschsprachigen Literatur, also eine Besinnung auf Autoren aus dem eigenen Land. Zum Zweiten ist die Kinder- und Jugendliteratur wieder stärker. Und besonders zu erwähnen, mit zweistelligen Zuwachsraten ist immer noch das Hörbuch.
A propos Kinder- und Jugendliteratur: Es heißt, Kinder gucken nur noch Fernsehen oder spielen am Computer. Wie versucht die Buchmesse junge Menschen für Bücher zu begeistern?
Wir verfolgen zwei Strate-gien. Zum einen wenden wir uns direkt an die Kinder und Jugendlichen. Wir bieten ein unter anderem ein Spezialprogramm zu Manga-Comics an. Dann gibt es Aktionen wie Buchwerkstätten. Dort können Kinder eigene Texte in selbst hergestellten Büchern veröffentlichen. Zum Zweiten wenden wir uns an Lehrer, Erzieher und Eltern. Wir informieren über neue didaktische Formen der Leseförderung, zum Beispiel in einem Symposium für Kindergärtner zum Thema frühkindliche Bildung.
Die Römischen Verträge wurden vor 50 Jahren unterzeichnet. In welcher Weise trägt die Leipziger Buchmesse dem Rechnung?
Die europäische Verständigung zu fördern ist eine permanente Aufgabe. Wir haben seit 1991 immer Autoren und Verlage ost- und mitteleuropäischer Länder eingeladen. Die kommen auch zahlreich, weil der deutsche Buchmarkt immer noch der stärkste Übersetzungsmarkt ist. Zudem bieten wir Veranstaltungen wie unser "Autorenspe-zial" an, die sich mit Fragen der Integration und ihrer Schwierigkeiten beschäftigen. Darüber hinaus verleihen wir den "Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung".
Welches ist denn Ihr persönliches Lieblingsbuch der letzten Zeit?
Für mich war Ilja Trojanows "Der Weltensammler" eine der Entdeckungen von 2006. Das ist ein Buch, was sehr viel über die Eigenwahrneh-mung fremder Kulturen und den Umgang mit Kulturen sagt und einen bestätigt, wenn man sich bemüht, anderen Kulturen offen gegenüber zu treten.
Die Fragen stellte Sandra Ketterer