SICHERHEITSPOLITIK
Innerhalb von zehn Tagen müssen "Battlegroups" einsatzfähig sein
"Können Sie sich heute noch vorstellen, dass die Europäische Union sich nur auf Worte und wohlklingende Stellungnahmen beschränkt, aber auf jegliches Handeln verzichtet?", lautete die rhetorische Frage, die Javier Solana, der Hohe Repräsentant der Außenpolitik der Europäischen Union, vor einigen Tagen in Berlin an sein Publikum richtete. Denn inzwischen hat die Union die Lektion aus der Balkankrise der 90er-Jahre gelernt. Die Staats- und Regierungschefs der EU machten die Krisenbewältigung zum Herzstück ihrer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP).
Zu den so genannten "Petersberg-Aufgaben", auf die sich Europas Streitkräfte seither vorbereiten, gehören humanitäre Rettungseinsätze, friedenserhaltende Operationen und im Extremfall auch Friedenserzwingung mit Waffengewalt. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) beschränkt sich allerdings nicht auf das Krisenmanagement. Der Vertrag der Europäischen Union setzt ehrgeizigere Ziele: Die Entwicklung einer gemeinsamen Sicherheitspolitik, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik.
Das ist zwar nach wie vor Zukunftsmusik. Immerhin hat sich die EU aber inzwischen die militärischen Instrumente und die Strukturen zur Krisenbewältigung geschaffen. Die EU-Staaten sind in der Lage, innerhalb von 60 Tagen eine Streitkraft von 60.000 Mann zusammenzustellen, die ein Jahr lang für friedenserhaltende Aufgaben eingesetzt werden könnte. Realistischer und inzwischen auch praktisch erprobt ist allerdings das Konzept der "Battlegroups": Kleine selbständig operierende Kampfgruppen von jeweils rund 1.500 Soldaten aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die spätestens nach zehn Tagen am Einsatzort sein müssen und die Fähigkeit haben sollen, dort bis zu vier Monate ihre friedenserhaltenden Aufgaben zu erfüllen.
Geplant und vorbereitet werden diese Einsätze von Brüssel aus. Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK), zu dem die Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten zusammenkommen, trifft die politischen Entscheidungen. Beraten wird das Komitee durch den Militärausschuss der EU, in dem die Vertreter der nationalen Generalstabchefs sitzen. Diesem höchsten militärischen Gremium der Europäischen Union arbeitet der EU-Militärstab mit militärischer Lagebeurteilung und strategischer Planung zu.