Fast vier Jahrzehnte lang hatten die europäischen Zuckerrüben-Bauern ein süßes Leben. Garantierte Preise, Subventionen und hohe Zölle schützten sie vor den rauen Winden der Globalisierung. Zucker kostete in der Europäischen Union im Jahr 2005 über 600 Euro pro Tonne: fast dreimal so viel wie auf dem Weltmarkt. Verständlich, dass die Produktion von Rübenzucker den Bedarf weit überstieg. Der überschüssige Zucker wurde kurzerhand exportiert, nachdem er durch Exportbeihilfen verbilligt worden war. Das wiederum traf Bauern in Brasilien, Australien, Thailand und anderen Ländern hart. Bei der Billigkonkurrenz aus der EU konnten sie ihren eigenen Zucker nicht mehr verkaufen. Und auch die Bürger in Europa legten in Form von Lebensmittelpreisen und Steuern drauf: 6,5 Milliarden Euro jährlich, wie der Evangelische Entwicklungsdienst schätzt.
Doch schließlich sprach die Welthandelsorganistion (WTO) ein Machtwort. Das Genfer Urteil zwang die Europäische Union, die Festpreise für Zucker ab 2006 drastisch zu kürzen: schrittweise um mehr als ein Drittel. Auch die Preise für Zuckerrüben und die Produktionsquoten wurden beschnitten. Mit Transparenten und Trillerpfeifen stürmten die europäischen Rübenbauern nach Brüssel - vergebens.
Die Klägerstaaten applaudierten, auch die Süßwarenindustrie in der EU war erfreut. Die EU-Bauern erhalten, zumindest mittelfristig, Entschädigungen. Die Reform sei nötig, "weil wir sonst aus Butterbergen Zuckerberge machen", bekräftigte die damalige deutsche Landwirtschaftsministerin Renate Künast.
"Viele kleinere Bauernhöfe werden im neuen System nicht über die Runden kommen", prognostizieren dagegen europäische Bauernverbände. Auch für einige ehemalige Kolonien, Mauritius, Jamaika und Guyana etwa, ist die neue Regelung eine bittere Pille: Sie sind an das Subventionssystem der EU angeschlossen und müssen nun ebenfalls mit kräftigen Einbußen rechnen.