STRASSENBAU
Bundesrechnungshof vermisst Kostenklarheit. Die Förderalismusreform II soll sie bringen.
Jeder Berufspendler und Geschäftsreisende kennt das Problem: die Straßen sind überfüllt, der Verkehr rollt im Schneckentempo, die Zeit vergeht in stundenlangen Staus. Und nicht nur Zeit. Der Wirtschaftsrat der CDU hat berechnet: In 200.000 Staus pro Jahr verpuffen mehr als 14 Milliarden Liter Kraftstoff und entstehen Kosten von 100 Milliarden Euro.
Allein aus diesem Grund müsse Deutschland in den Ausbau und die Sanierung der Straßen investieren. Aber auch die Schienennetze, Häfen und Flughäfen müssten erweitert und besser angebunden werden. Der Wirtschaftsrat rechnet damit, dass 2015 jährlich rund 250 Millionen Passagiere deutsche Flughäfen nutzen - rund 100 Millionen Menschen mehr als heute. "Mobilität ist einer der wichtigsten Standortfaktoren für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze am europäischen Verkehrsknotenpunkt Deutschland", so der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Hans Jochen Henke.
Jörg Hennerkes, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, sieht ebenfalls einen grundsätzlichen Modernisierungsbedarf bei den deutschen Verkehrswegen. Allerdings gehe es nicht mehr um Aus- und Neubau, sondern darum, die Qualität zu verbessern, widerspricht er. "Wir verfügen über 650.000 Kilometer Straße in Deutschland, 34.000 Kilometer Schiene und mehr als 7.000 Kilometer schiffbare Wasserwege", erklärt Hennerkes. Rund ein Viertel der gesamten Verkehrsleistung in der EU werde in Deutschland erbracht. Das überörtliche Straßennetz habe sich seit 1950 mehr als verdoppelt. Aber: "Wir werden uns um die Engpässe kümmern müssen", sagt der Staatssekretär.
Sowohl Ausbau als auch Modernisierung kosten Geld. Wie viel genau, wissen jedoch weder der Steuerzahler noch der Staat selbst. "Wir haben kein gesichertes Zahlenmaterial", kritisiert der Vizepräsident des Bundesrechnungshofes, Norbert Hauser. "Zwar gibt es Kostenberechnungen für die Baukosten von Straßen nach der Anweisung zur Kostenrechnung von Straßenbaumaßnahmen aus dem Jahre 1985", erklärt er. Aber darin seien nicht alle Kosten enthalten. Wie viel die Verwaltung, Planung und Bauüberwachung kostet, sei genauso wenig erfasst wie der Aufwand für den Betrieb der Bundesfernstraßen. "Natürlich bleibt so auch verborgen, ob die einzelnen Behörden wirtschaftlich arbeiten", sagt Hauser.
Verkehrsexperten fordern daher mehr Transparenz bei der Kostenrechnung der Behörden. Ein betriebliches Rechnungswesen beispielsweise bildet die Gesamtkosten ab, weil es auch die in unterschiedlichen Haushaltstiteln versteckten Verwaltungs- und Gutachterkosten projektbezogen erfasst. Die sind nicht unerheblich. So schätzt der Wirtschaftsrat der CDU die Gesamtkosten für den Bau von einem Kilometer Autobahn in Deutschland auf durchschnittlich 26,8 Millionen Euro. Rund 15 Millionen davon seien Verwaltungs- und Gutachterkosten.
Verlässliche Zahlen sind eine notwendige Grundlage, um die Wirtschaftlichkeit einzelner Projekte zwischen verschiedenen Bundesländern, aber auch zwischen dem Staat und der Privatwirtschaft vergleichen zu können. "Das alles reicht aber nicht, solange noch so viele Köche am Werk sind", hakt Norbert Hauser nach. Derzeit gebe es in Deutschland 16 Obere Baubehörden in den Ländern, in sieben Regierungspräsidien und neun Landesämtern, zwei Autobahndirektionen als Obere Baubehörde, über 40 Autobahnämter oder Landratsämter und mehr als 180 Autobahnmeistereien. Zu viele, denkt Hauser, und plädiert für eine Neukonzeption der Straßenverwaltung und eine neue Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern.. "Die Finanz- und Aufgabenverantwortung muss zusammengeführt werden. Wegen unterschiedlicher Interessenlagen sollte der Bund seine Aufgaben bei den Bundesautobahnen selbst erledigen", schlägt der Rechnungshof-Vize vor. "Die Länder übernähmen die Bundesstraßen. Die Auftragsverwaltung wäre abgeschafft. Aufgaben und Verantwortung wären klar zugeordnet und damit transparent."
Der CDU-Wirtschaftsrat fordert, die zweite Stufe der Föderalismusreform zu nutzen, um Doppelzuständigkeiten im Verkehrswesen abzubauen und die Verantwortung zwischen Bund und Ländern klarer zu regeln. Der Bund solle demnach nur noch für Bundesautobahnen und Bundesstraßen mit überwiegendem Fernverkehr zuständig sein. Um alle anderen Straßen sollen sich Länder und Kommunen kümmern. Gepaart mit der Vereinfachung des Planungsrechts böten sich neue Anreize für Kosten- und Zeitersparnis. Auch die Beteiligung privater Partner bei so genannten Public-Private-Partnership-Projekten wäre einfacher. Sie wäre auch ein Instrument, um mehr Geld zur Modernisierung der Verkehrswege in die Kassen zu spülen.