Aus der Konkurrenz der antagonistischen politischen Blöcke in Europa ging 1989/90 nicht nur die freiheitliche demokratische Ordnung des Westens, sondern auch das kapitalistische Wirtschaftssystem als Sieger hervor. Einer weltweiten Ausbreitung beider Konzepte - so schien es - stand nichts mehr im Wege, und einige politische Beobachter riefen bereits das "Ende der Geschichte" aus. Von dieser Euphorie ist nichts mehr übrig geblieben.
Mit der Globalisierung des Kapitalismus und der Entfesselung der Marktkräfte treten zunehmend auch die Schattenseiten des ordnungspolitischen Konzeptes zu Tage. Der Markt kann nicht alles regeln: Forderungen nach einer Bändigung des grenzenlosen Kapitalismus werden laut. Kann die Soziale Marktwirtschaft einen Ausweg aus diesem Dilemma weisen? Ist das Konzept ihres Begründers - Ludwig Erhard - als Blaupause für andere Volkswirtschaften tauglich? Die wirtschaftliche und politische Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland hat gezeigt, dasseine erfolgreiche Wirtschaftspolitik offenbar eines soliden rechtsstaatlichen Fundaments bedarf, mit dem das Privateigentum geschützt wird.
Dies scheint auch die Kommunistische Partei Chinas eingesehen zu haben, die vor 50 Jahren beschlossen hatte, das Privateigentum abzuschaffen. Jetzt will sie es - im Zeitalter der "sozialistischen Marktwirtschaft" - wieder rechtlich schützen. Gehört diesem Modell die Zukunft? Oder hat die chinesische Führung nur eingesehen, dass Wirtschaftspolitik ohne rechtliche Grundlagen nicht erfolgreich sein kann? Ob auf der Verpackung "sozial" oder "sozialistisch" steht, lässt sich mit den Worten von Deng Ziao-ping beantworten: Es ist egal, ob eine Katze schwarz oder weiß ist, Hauptsache, sie fängt Mäuse.