Die Europawoche rund um den Europatag am 9. Mai sollte Bürger und EU-Institutionen miteinander ins Gespräch bringen. Beim Jugendwettbewerb "Europäische Vision" zeigten Jugendliche, wie sie sich die Zukunft der Europäischen Union vorstellen. "Aber wie soll das klappen mit der Europäischen Integration - so viele Regierungen, so viele Menschen mit unterschiedlichen Sprachen", fragt ein Junge mit Zopf und schaut kurz in die Kamera. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das funktioniert." "Sicher, du hast Recht, einfach ist es nicht", entgegnet sein Freund, auf den die Videokamera jetzt schwenkt, "aber schau, es ist doch so wie in Deutschland, mit Bund und Ländern, nur auf europäischer Ebene: Die einzelnen Staaten, wie etwa England, Frankreich und Deutschland, geben Aufgaben an Europa ab, und die Bürger wählen ein europäisches Parlament und damit eine Regierung." Er hält kurz inne, fährt sich nachdenklich durch die Haare und fügt dann hinzu: "Was das Problem der Sprache betrifft: Wir müssen allen Kindern in Europa eben schon im Kindergarten eine gemeinsame Sprache beibringen, damit sich alle Europäer verstehen können."
Was die zwei Jungen in dem Film "Vision als Dialog" diskutieren, sind Fragen, die sich viele Menschen stellen, wenn sie über Europa nachdenken. Was wird aus der Europäischen Union? Ein Staat mit einer gemeinsamen Regierung oder eher eine lose Staatenföderation? Wie begegnet man Politikverdruss, mangelnder Europa-Identifikation und Sprachproblemen?
Welche Vorstellungen von Europas Zukunft sie ganz persönlich haben, darüber drehten die Schüler Johannes Hartung, Kevin Jevtic, Hans Griesemann und Wilhelm Voigt vom Berliner Oberstufenzentrum für Kommunikation, Information und Medientechnik den genannten Film und gewannen damit beim Kreativwettbewerb der Europäischen Kommission. Diese hatte im Rahmen der Europawoche, die in den vergangenen zehn Tagen bundesweit mit rund 1.000 Veranstaltungen gefeiert wurde, nach den Ideen und Visionen von Jugendlichen für Europa gefragt.
Die Themen, die die Jugendlichen insgesamt in Filmen, Fotogeschichten und Karikaturen aufgriffen haben, sind höchst unterschiedlich: Mal nahmen sie ihren Heimatort unter die Lupe und zeigten, wo selbst in der tiefsten Provinz Europa ist, ohne dass man es gleich sieht - etwa in mit EU-Geldern geförderten Jugendzentren und Sporthallen. Mal belegten sie per Straßenumfrage, wie wenig Kinder und Jugendliche über die EU wissen und forderten, dass das Thema Europa künftig öfter auf dem Stundenplan stehen soll. So unterschiedlich die Themen, der Tenor war jedoch in nahezu allen Beiträgen der gleiche: Europa ist eine Chance. Aber die Bürger müssen sie nutzen.
Der prämierte Film hat vor allem wegen seiner Botschaft überzeugt: Die europäische Vision könne sich nur im Dialog entwickeln. "Europa ist toll", sagte Wilhelm direkt nach der Preisverleihung, "aber wir Jugendlichen wollen öfter mitreden können. Ich finde, die Bürger brauchen überhaupt mehr Mitsprache - sonst geht die europäische Politik weiter an ihnen vorbei." Und - dazu passend: Die jungen Filmemacher wünschen sich mehr direkte Demokratie und häufiger Bundestagswahlen.