Manche Prediger für "freies" Wissen leiten ihre Lehren aus Digitalisierung und elektronischer Vernetzung ab oder aus Konflikten um "Tauschbörsen" und Videoplattformen wie "YouTube" - also eher elitären Veranstaltungen. Fakt ist jedoch: Am globalen Wissen sollten alle teilhaben können, nicht nur betuchte Bewohner der Nordhalbkugel mit High-Speed-DSL-Zugang. Das bedeutet, auch wenn es überraschen mag, nicht etwa ein "Contra", sondern ein "Pro" zum Schutz kreativer Leistungen durch das Urheberrecht. Genau dieses Recht hat lange Zeit den freien Wissenstransfer geschützt und gefördert.
Wieso? Lernen Sie Englisch oder HTML aus einem gekauften, geliehenen oder meinetwegen gestohlenen Buch: Das Erlernte ist hinterher Ihr Wissen! Kein Urheberrecht der Welt verhindert das.
Der Urheberschutz erlaubt es, Wissens- und Kulturgüter in Umlauf zu bringen, ohne die Sorge, anschließend könne jeder damit seine eigenen Geschäfte treiben, also Texte nachdrucken oder Bilder im Internet präsentieren. Das Recht, über Authentizität und Integrität des Werkes zu wachen, sowie die Verdienstquellen, werden denen zugewiesen, die die kreative Leistung erbracht haben.
Letzteres heißt: Der Zugriff auf urheberrechtlich geschützte Werke kann Geld kosten: mal viel, wie beim Kauf eines Prachtbandes, mal einige Cent, die im Preis von Speichermedien stecken, mal fast nichts, nämlich bei der Ausleihe in öffentlichen Bibliotheken. Diese Kosten allerdings sollte uns die schöpferische Arbeit wert sein, jene Arbeit nämlich, die in einem Buch, einer Forschungsarbeit, einem Film oder einem Musiktitel steckt. Wer "freien Zugang" zu Wissens- und Kulturgütern sucht, findet ihn schon heute in jeder öffentlichen Bibliothek - ohne jegliches Gemurkse am Urheberrecht.