Nach der für den 1. Mai 2004 vorgesehenen Erweiterung wird die Europäische Union 25 Mitgliedstaaten mit zusammen über 450 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen umfassen. Zugleich wird - sollte die bisher eingeschlagene Richtung der europäischen Integration beibehalten und statt des nationalen Vetorechts im Ministerrat die Mehrheitsentscheidung eingeführt werden - für alle Bürger und Bürgerinnen unmissverständlich deutlich werden, dass in Brüssel de facto ein transnationaler Staat entstanden ist, der über viele jener Kompetenzen verfügt, die bisher charakteristische Merkmale nationaler Souveränität waren.
Somit ist es nur verständlich, dass man allenthalben nach Mitteln und Wegen sucht, einen europäischen Gemeinsinn zu fördern, der die Idee der "Werte-Gemeinschaft Europa" mit Leben erfüllt. Dabei wird die Stärkung einer transnationalen europäischen Identität weithin auch als Aufgabe für die historische und politische Bildung in Europa verstanden, die zum Aufbau eines europäisch orientierten Geschichtsbewusstseins bei der jungen Generation beitragen soll. Denn politische und kulturelle Gemeinschaften können sich "offenbar nur selbst verstehen, wenn sie bei ihrer Ortsbestimmung Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft aufeinander beziehen" 1 . Somit muss der traditionell in der Nationalhistorie verankerte Geschichtsunterricht angemessene Antworten auf fundamental sich verändernde Rahmenbedingungen finden.
Dabei stellt die kulturelle Vielfalt der europäischen Regionen und Staaten mit ihren spezifischen historischen Identitäten eine besondere Herausforderung dar. Die kulturelle Heterogenität gilt zwar zu Recht als unverzichtbarer Bestandteil der europäischen Identität, doch wurzeln das nationale Denken und die damit verbundenen historischen Identitäten häufig in "Geschichtsbildern", 2 die in den entsprechenden Geschichtskulturen und -schulbüchern ihren Ausdruck finden und mehr von nationalen Abgrenzungen (bisweilen auch Ausgrenzungen) als von europäischen Orientierungen bestimmt sind. In Anbetracht der europäischen Geschichte der vergangenen 200 Jahre vermag die Präsenz national "umkämpfter Vergangenheiten" 3 kaum zu überraschen. Doch wenn der Geschichtsunterricht in der Europäischen Union dem Prinzip der "Einheit in der Vielfalt eines erweiterten Europas" gerecht werden will, muss er überzeugende Konzepte entwickeln, welche die gewachsenen regionalen und nationalen historischen Identitäten nicht nur anerkennen und bewahren, sondern auch in transnational europäische Perspektiven integrieren.
In diesem Zusammenhang mag die Beobachtung interessant sein, dass sich - bislang weithin unbemerkt und unkommentiert - seit dem großen Umbruch zu Beginn der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts in den aktuellen Geschichtsschulbüchern Europas ein konvergierendes Inventar von etwa 15 "Bildern zur Geschichte" etabliert hat, dem man offenbar europaweit einen herausragenden historischen Erinnerungs- und Symbolwert zuschreibt, zumindest im Hinblick auf den Geschichtsunterricht und die entsprechenden Unterrichtswerke. 4 Wenn sich dieser Trend fortsetzt, werden schon bald alle europäischen Geschichtslehrer und -lehrerinnen von Finnland bis Griechenland und von Irland bis Weißrussland über einen gemeinsamen Fundus von ebenso populären wie historisch aussagekräftigen Bildquellen zur modernen europäischen Geschichte verfügen, der den ikonischen Kernbestand eines transnationalen historischen "Bildgedächtnisses" begründen könnte. Im Unterschied etwa zum "Europäischen Geschichtsbuch", 5 welches neben den nationalhistorischen Schulbuchwerken steht und eine transnational-europäische Perspektive anstrebt, geht das neue Bildinventar aus den nationalen Schulbuchwerken selbst hervor. Gegründet auf ein Fundament nationaler Akzeptanz, lädt es ein, europaweite Brücken zwischen den heterogenen regionalen und nationalen Geschichts(unterrichts)kulturen zu schlagen.
Dieselben Bilder haben keineswegs überall dieselbe Bedeutung und Relevanz. Am Beispiel von Jacques-Louis Davids Darstellung des Ballhausschwures am 20. Juni 1789 kann man sich unschwer vergegenwärtigen, dass dieses Historienbild 6 in französischen Schulbüchern primär ein nationalhistorisches Ereignis von europäischer und welthistorischer Tragweite darstellt, während es andernorts als "Ikone" der europäischen Geschichte präsentiert und in unterschiedlicher Weise mit der je eigenen Nationalhistorie verbunden wird. Die Anknüpfungspunkte können in dem einen Land - in parallelisierendem Zugriff - in revolutionären Erhebungen liegen, für welche die Französische Revolution möglicherweise eine wichtige Vorreiterrolle gespielt hat (z.B. in Polen), wohingegen man vielleicht in einem anderen Land - gleichsam kontrastierend - einen patriotisch-"nationalen" Widerstand gegen die französische Fremdherrschaft in den Vordergrund rückt, der zu einem nationalen Gründungsmythos und Kernelement des patriotischen Selbstverständnisses geworden ist. Somit bekommt man zugleich historische Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Blick, wenn man jene europaweit verbreiteten "Bilder zur Geschichte" im jeweiligen nationalen Geschichtsunterricht nicht nur auf ihre gesamteuropäische Relevanz hin beleuchtet, sondern auch komparatistisch im Hinblick auf die Verschiedenartigkeit der historischen Erfahrungen befragt, die im eigenen Land und anderswo damit verknüpft sind.
Dabei bietet die Tatsache, dass gerade Bilder bzw. Bildquellen einen ersten gemeinsamen Fokus für den Geschichtsunterricht in Europa konstituieren, besonders auch im Hinblick auf das "visuelle Zeitalter" einen viel versprechenden Anreiz für die Geschichtsvermittlung. Denn historische Bildquellen sind nicht nur Ausdruck historisch-gesellschaftlicher Erfahrungen, sondern formen auf besondere Weise individuelle und kollektive Vorstellungen von der Vergangenheit und beeinflussen den Blick auf Gegenwart und Zukunft. Darüber hinaus dienen die einschlägigen fachspezifischen Methoden, welche die Schüler und Schülerinnen bei der Analyse und Interpretation von historischen Bildquellen im Geschichtsunterricht kennen lernen, dem Aufbau ebenso allgemeiner wie grundlegender Kompetenzen im Bereich der medial vermittelten visuellen Kommunikation. Nicht zuletzt aber wird eindrucksvollen historischen Bilddokumenten eine hohe Lernwirksamkeit zugeschrieben: Man nimmt vielfach an, dass die Auseinandersetzung mit Bildern verstärkt affektive Assoziationen hervorruft, die später dafür sorgen, dass nicht nur die Bilddokumente selbst, sondern auch die damit verbundenen historischen Gedächtnisinhalte vergleichsweise gut erinnert werden. 7 Klug ausgewählte "Schlüsselbilder" zur Geschichte Europas könnten somit als "Ankerkonzepte" für den Aufbau einer elementaren historischen Wissensstruktur genutzt werden, die - weit davon entfernt, als Selbstzweck zu fungieren - ein unverzichtbares Instrument für den historischen Bildungsprozess im eigentlichen Sinne darstellt.
Doch mit den Vorzügen, die historische Bildquellen für die Geschichtsvermittlung bieten, sind auch besonders anspruchsvolle geschichtsdidaktische Herausforderungen verbunden. Denn "Bilder sind stumme Zeugen, und es ist schwierig, ihre Aussage in Worte zu übersetzen" 8 . Sieht man einmal davon ab, dass das erforderliche Sachwissen zu den einzelnen Werken für Lehrkräfte im Allgemeinen nur schwer zugänglich ist und die meisten aktuellen Schulbücher die Bilddokumente noch immer nicht als Quellen, sondern als illustrierende Beigaben präsentieren, erfordert die Bildquellenkritik professionelle Kompetenzen.
Mit wenigstens drei elementaren Aspekten des Verhältnisses von Bildquellen zur Vergangenheit sollten Schüler und Schülerinnen vertraut gemacht werden. So können die Details von bildlichen Darstellungen einzigartige Informationen für die Rekonstruktion beispielsweise der materiellen Kultur der Vergangenheit liefern. Peter Burke hält etwa in Bezug auf die Geschichte der Kleidung fest: "Manche Kleidungsstücke haben Jahrtausende überlebt, will man aber einen Eindruck vom ganzen Ensemble gewinnen, will man feststellen, was wie zusammenpasste und getragen wurde, so muss man sich Bilder und Drucke anschauen (...)." 9
Was dagegen die Darstellung von historischen Ereignissen in mimetisch-illusionistischen Gemälden anbelangt, so öffnen diese entgegen allem Anschein für die Schüler und Schülerinnen gerade kein "Fenster" zum vergangenen Geschehen; vielmehr dokumentieren sie die Art und Weise, wie man in der Vergangenheit historische oder zeitgenössische Ereignisse für die Nachwelt dargestellt hat. Schließlich gilt es in einem weiteren Schritt zu verstehen, dass populäre Bilddarstellungen oder vielmehr -deutungen von historischen Ereignissen - ganz unabhängig von ihrem dokumentarischen Wert - höchst wirksame Faktoren von historischen Prozessen sein und ihrerseits "Geschichte machen" können, indem sie kollektive Erinnerungen prägen und die Einstellungen und Verhaltensweisen historischer Akteure beeinflussen. Ein bekanntes Beispiel bieten die National-Ikonographien des 19. Jahrhunderts, die vielerorts im Zuge des nation building entstanden sind. Einige dieser Bilder, die heute weithin vergessen sind, haben wesentlich dazu beigetragen, mit Hilfe historischer Imaginationen nationale Identitäten zu formen und erwünschte Orientierungen visuell und damit affektiv besonders wirksam in der nationalen Memoria zu verankern. Andere dieser Bilder haben bis heute ihre Popularität bewahrt oder vielleicht auch eine neue gewonnen - zum Beispiel im Kontext des Bilderkanons der Geschichtsschulbücher in der Europäischen Union.
Bei einer Untersuchung von aktuellen, nach 1997 publizierten Schulbüchern aus Albanien, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Mazedonien, Moldawien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, der Schweiz, Serbien und Montenegro, der Slowakei, Slowenien, Spanien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Weißrussland, wie sie Anfang 2003 in der Bibliothek des Georg-Eckert-Instituts für Internationale Schulbuchforschung in Braunschweig verfügbar waren, 10 wurden die Abbildungen ausgezählt, die (Historien-)Gemälde und Fotografien "zur Geschichte" zeigen. Die Bildwerke, die in den genannten Schulbüchern am häufigsten wiedergegeben sind, werden entsprechend der Chronologie der dargestellten Ereignisse aufgeführt. 11
Es handelt sich um folgende Werke:
Da andere Bildwerke in der Häufigkeit erst mit einem deutlich größeren Abstand folgen, als er innerhalb des genannten Kanons vorliegt, kann die Gruppe der "Spitzenreiter" als einigermaßen abgeschlossen gelten. Zugleich muss betont werden, dass keines der untersuchten nationalen Schulbücher das komplette Repertoire enthält, sondern durchschnittlich vier bis maximal sieben der "kanonischen Bilder" 13 aufweist. Umgekehrt aber gibt es kein nationales Unterrichtswerk, das nicht mindestens zwei der meistverbreiteten Bildwerke zeigt. Am häufigsten findet man die "Liberté" von Delacroix, die offenbar als die herausragende "Ikone" der modernen europäischen Geschichte aufgefasst wird.
Bei dem einzigen Schulbuch in Europa, das neben vielen anderen Abbildungen den gesamten Kanon wiedergibt, handelt es sich übrigens um den Sonderfall des mitunter sehr heftig gescholtenen "Europäischen Geschichtsbuches". Vermutlich hat sein Bildrepertoire als Modell gewirkt und auf diese Weise zur Entstehung der europaweiten Konvergenzen bei der Schulbuch-Ikonographie beigetragen, besonders auch im Hinblick auf die Unterrichtswerke jener mittel-, ost- und südosteuropäischen Länder, die sich nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme grundlegend neu orientieren mussten.
Die untersuchten Schulbücher, seien sie nun üppig und aufwändig oder eher sparsam und technisch bescheiden 14 illustriert, zeigen regelmäßig auch "Bilder zur Geschichte" mit einem speziell nationalhistorischen Symbolgehalt. Somit spiegeln die Bildinventare der europäischen Geschichtsbücher die historischen Identitäten der verschiedenen Regionen und Staaten sehr lebendig wider; der neue Bilderkanon bedeutet keineswegs eine Nivellierung. Auch innerhalb der "Spitzengruppe" werden regionale und nationale Unterschiede sichtbar: So findet man beispielsweise in deutschen Büchern nur vereinzelt Anton von Werners "Berliner Kongress" oder die beiden Delacroix-Gemälde zum Ende des griechischen Freiheitskampfes (Missolonghi) und zur Niederschlagung des Aufstandes von Chios, wohingegen man recht zuverlässig auf ein Schulbuch aus einer (süd)östlichen Region Europas schließen kann, wenn man sowohl den "Berliner Kongress" als auch "Chios" oder "Missolonghi" entdeckt.
Wie man unschwer erkennen kann, beschränkt sich der Kanon der "Spitzenreiter" auf Darstellungen zur Geschichte des modernen Europas, und selbst hierbei spart er - mit seiner Präferenz für bedeutende Ereignisse der europarelevanten politischen Geschichte - zahlreiche Themen aus, die in den Schulbüchern durchaus präsent sind, wie z.B. die Industrialisierung, die agrarischen und demographischen "Revolutionen" und die "Soziale Frage", 15 der europäische Kolonialismus, der Imperialismus und die Geschichte außereuropäischer Regionen unter europäischem Einfluss, innereuropäische und transkontinentale Migrationen, die Technik-, Umwelt- und Urbanisierungsgeschichte oder die Emanzipation von Frauen.
Dies bedeutet freilich nicht, dass die europäischen Schulbücher nicht auch Bildquellen zur Geschichte von der Antike bis 1776/89 sowie, in unterschiedlichem Ausmaß, auch zu den genannten Themenkomplexen der neueren Geschichte enthielten. Doch divergieren in diesen Bereichen die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen teilweise so stark, dass dies auf die Häufigkeitsauszählung durchschlägt, oder das dargebotene Material ist so facettenreich, dass sich keine Konzentration auf "kanonische Bilder" einstellt. Letzteres gilt besonders für die Bildinventare zur "Entdeckung" Amerikas, zum Absolutismus (Louis XIV.) und zu Napoleon sowie zu den beiden Weltkriegen, dem Nationalsozialismus und dem Holocaust.
Dennoch bleibt zu konstatieren, dass im hier beschriebenen Bildinventar transnationale "Ikonen" fehlen, die sich explizit auf die Grundlagen des modernen Europas in der Antike, im christlichen Mittelalter und in der Frühen Neuzeit beziehen würden. Hier ist kritische geschichtsdidaktische Aufmerksamkeit gefordert, auch wenn die einzelnen Schulbücher als solche immer ein chronologisch und thematisch vielseitigeres Bildrepertoire darbieten als der statistisch ermittelte Bestand der "Spitzenreiter". Immerhin haben die "kanonischen Bilder" auf Grund ihrer europaweiten Verbreitung ungleich größere Chancen als andere Bildquellen, die allgemeinen Vorstellungen von der europäischen Geschichte zu beeinflussen, so dass die gegebene Einseitigkeit und Selektivität den Verlust an historischer Tiefenschärfe verstärken könnte, der mit der überproportionalen Präsenz der modernen Geschichte in den Curricula ohnehin zu verzeichnen ist.
Die Aussichten von Bildquellen, in die Gruppe der "Spitzenreiter" aufzurücken, beeinflussen die Chancen von historischen Themen, als besonders wirkungsmächtig oder symbolträchtig in Bezug auf die europäische Geschichte wahrgenommen zu werden. Beispielsweise können wir nur spekulieren, welchen Stellenwert die deutsche Bombardierung der baskischen Stadt Guernica im April 1937 im kollektiven Gedächtnis hätte, wenn nicht Picassos weltberühmtes Werk daran erinnern würde; auch wissen wir nicht, welche "Ikone" gegebenenfalls den Platz von "Guernica" in den Schulbüchern einnehmen würde. Mit Blick auf die Werke von David, Goya, Delacroix und Picasso erkennt man deutlich, dass die Auswahl der "Spitzenreiter" nicht allein historiographischen Kriterien folgt, sondern auch von kunst- bzw. rezeptionsgeschichtlichen Faktoren und den ästhetischen Präferenzen der heutigen Massenkultur bestimmt ist. Damit schlagen vergangene Darstellungskonventionen auf unsere ikonisch geprägten Geschichtsvorstellungen durch: Dies betrifft z.B. nicht nur die Idealisierungs- und Personalisierungstendenzen bei der Darstellung historischer Ereignisse, sondern auch "Nullstellen" bzw. das Nichtvorhandensein entsprechender "Ikonen" zu bestimmten historischen Themenbereichen, die man in der Vergangenheit vielleicht nicht für darstellungswürdig befand.
Das Wirken solch "sachfremder" kunst- und ästhetikgeschichtlicher Faktoren zeigt sich unter anderem auch darin, dass sich unter den meistreproduzierten "Bildern zur Geschichte", von den Fotografien einmal abgesehen, die ohnehin eine unmittelbare Präsenz des Fotografen am Ort des Geschehens dokumentieren, ausschließlich "Ereignis-" 16 und keine "Vergangenheitsbilder" befinden, obgleich sie in der Vergangenheit sehr einflussreich waren. Dabei verzichten die aktuellen Schulbücher in Europa keineswegs darauf, auch solche Historienbilder exemplarisch wiederzugeben, die historische "Vergangenheitskonstruktionen" belegen, nur haben diese keine Chance auf eine europaweite Präsenz - zum einen wegen ihres meist eng begrenzten nationalen Bedeutungs- und Symbolgehaltes, zum anderen aber auch, weil sie als Kunstwerke heute keine überragende Popularität genießen.
Im Unterricht sollte man den Einfluss der heutigen Medienkultur und ihrer ästhetischen Präferenzen auf den Kanon der meistverbreiteten "Bilder zur Geschichte" gezielt ansprechen, um den Schülern und Schülerinnen die Einseitigkeiten der Auswahl, aber auch die Bedingtheit von Geschichtsvorstellungen im "visuellen Zeitalter" bewusst zu machen. Letzteres scheint umso dringender geboten, als man überall in Europa die Unterrichtswerke zunehmend opulenter mit Abbildungen und entsprechend sparsamer mit Texten ausstattet.
Welche Aspekte der europäischen Geschichte betont das neue europäische Bildinventar, wenn man es als Gesamtheit in seinem inneren Zusammenhang betrachtet? Auch wenn die nationalen Schulbücher stets nur einzelne Elemente und nicht den Gesamtkanon wiedergeben, ist eine solche Frage berechtigt. Denn für die Anbahnung einer europäischen historischen Identität kann es nur als wünschenswert gelten, dass die Geschichtslehrer und -lehrerinnen europaweit gerade diesen gemeinsamen Bildbestand verstärkt in ihren Unterricht einbeziehen und mit Hilfe dieses "tertium comparationis" - eines Repertoires gemeinsam rezipierter, aber unterschiedlich gedeuteter Bilder - sowohl dem Transnational-Verbindenden der historischen Erfahrung in Europa als auch den Besonderheiten der eigenen wie auch anderer europäischer Geschichtskulturen nachspüren.
Zugleich belegen die National-Ikonographien, die das nation building unterstützten, dass Bilderkanons, welche die allgemeinen Geschichtsvorstellungen prägen wollen, aus geschichtsdidaktischer Sicht besonders kritisch zu überprüfen sind. So war etwa die "Erfindung" 17 neuer historisch-politischer Identitäten im nationalen Historienbild weithin von dem Bestreben geleitet, den erreichten oder erwünschten politischen Zustand als überhistorisch "notwendig" darzustellen und möglichst alle Spuren von Kontingenz aus dem Tableau der identitätsrelevanten Memoria zu tilgen. Die Nationalgeschichte, so lautete sehr oft die ästhetisch vermittelte Botschaft, wurde nicht "gemacht", sondern hat sich "erfüllt". 18 Doch können solch teleologische Geschichtsversionen, wie subtil sie auch immer suggeriert werden mögen, keinesfalls als passender Entwurf für eine historische Identität in einem demokratischen Europa gelten. Dem modernen europäischen Geschichts- und Selbstverständnis gemäß begreift man die Historie nicht als Prozess, dem ein überhistorischer "Sinn" innewohnt, sondern als Summe des Handelns und Leidens von Menschen.
Dabei kann es wohl kaum als Zufall gelten, dass das in den europäischen Schulbüchern neu sich etablierende gemeinsame Bildinventar die Genealogie jenes Wertesystems in den Mittelpunkt rückt, das mit den Leitbegriffen der Bürger- und Menschenrechte und der Demokratie, des Friedens und der Toleranz den normativen Grundbestand der "Werte-Gemeinschaft Europa" bilden soll. Somit präsentiert dieser Bilderkanon eine ikonisch formulierte historische Legitimation des angestrebten Wertefundaments eines Vereinigten Europas.
Einen herausragenden Rang erhält dabei naturgemäß die Geschichte der politischen Revolutionen, die zunächst - siehe die "Unabhängigkeitserklärung", den "Ballhausschwur" und die "Liberté" - im Zeichen liberaler und demokratischer Werte stehen. Ihnen "folgt" gewissermaßen mit den Lenin-"Ikonen" der Hinweis auf die sozialistischen Revolutionen und die "Diktatur des Proletariats" im 20. Jahrhundert. Den vorläufigen Abschluss bildet die Fotografie zur Öffnung der Berliner Mauer, wobei sich ein Kreis zu schließen scheint: Denn die politischen Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts repräsentieren nicht allein zentrale politische Werte des modernen Europas, sondern auch eine Geschichte von Gewalt und Terror, machtpolitischen Hegemonialansprüchen und verheerenden Kriegen. Das Bild der Maueröffnung steht somit in diesem Kanon mit seinem Hinweis auf eine friedliche demokratische Revolution und eine (weitgehend) friedliche Neuordnung der Machtverhältnisse auf dem Kontinent für die zuletzt erfolgte Verbindung von Freiheit und Frieden.
Eine weitere Gruppe von Bildern thematisiert die Geschichte gesamteuropäischer Ordnungs- und Friedenskonzeptionen in Europa seit 18 14/15. Hierzu zählen die Werke zum Wiener und Berliner Kongress sowie zur Versailler Friedenskonferenz. Aber auch "Jalta" und indirekt wohl auch die Fotografien der Sowjetflagge auf dem Reichstagsgebäude und der Öffnung der Berliner Mauer können hierzu gerechnet werden. Zugleich verdeutlicht diese Bilderserie den wachsenden Einfluss der USA auf die europäische Geschichte und den Verlust der europäischen Vormachtstellung in der Welt sowie den Ost-West-Konflikt und die Teilung Europas infolge des Zweiten Weltkrieges. Die "amerikanische" Linie reicht von der "Unabhängigkeitserklärung" von 1776 über "Versailles 1919" und "Jalta" indirekt bis zur "Öffnung der Berliner Mauer".
In der Gruppe der "Konferenzbilder" findet man auch Hinweise auf den Wandel im Umgang von Siegern mit Besiegten: Im bekannten Kupferstich zum Wiener Kongress blickt Talleyrand, der als französischer Delegationsführer den Auftrag für das Werk an Isabey erteilt hat, sehr selbstbewusst aus der Runde auf den Betrachter, während in Versailles die besiegten Mittelmächte nicht zu den Verhandlungen zugelassen waren; auch das "Jalta"-Foto mag in diesem Sinne symbolkräftig sein, wenngleich es sich freilich um eine Kriegskonferenz handelte. Darüber hinaus verweisen diese Bilder am Rande auch auf die Geschichte des Osmanischen Reiches in Bezug auf das christliche Europa. Das Fehlen von Vertretern der Hohen Pforte, die in Wien zwar anwesend, aber nicht an den Verhandlungen beteiligt waren, auf dem Bild zum Wiener Kongress kontrastiert mit deren Präsenz beim Berliner Kongress, wie sie im Bild sichtbar wird, und der Absenz des Verbündeten des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg auf dem "Versailles 1919"-Bild. In den beiden Delacroix-Werken "Chios" und "Missolonghi" ist das Osmanische Reich als grausame Unterdrückungsmacht dargestellt. Was die Härte des Vorgehens gegen patriotischen Widerstand bzw. Freiheitsbestrebungen anbelangt, mag sich innerhalb des Kanons eine assoziative Verbindung zwischen "Chios" und dem "3. Mai"-Bild von Goya herstellen.
Die drei letztgenannten Kunstwerke erinnern an die Enttäuschung jener Hoffnungen, welche die Französische Revolution in Europa geweckt hatte, und die opferreichen patriotischen Kämpfe gegen Fremdherrschaft im Zeichen nationaler Selbstbestimmung als Teil der neueren europäischen Geschichte. In den weiteren Kontext des Strebensnach nationaler Einheit und Unabhängigkeit lassen sich ferner auch das Bild von der "VersaillerFriedenskonferenz" (vgl. z.B. Wilsons "14 Punkte") und schließlich die "Öffnung der Berliner Mauer" einordnen, wobei letztere "Ikone" auch hier eine langfristige Entwicklung zu friedlichen Lösungen suggeriert - was freilich der neuen europäischen Realität nicht ganz entspricht.
Nationalismus und Militarismus, die in totalitäre Gewalt, Terror und Krieg münden, sind konstitutive Bestandteile der Geschichte des modernen Europas und deuten sich im Bild der "Proklamierung des Deutschen Kaiserreiches im Spiegelsaal von Versailles" an, das den preußischen Militarismus und die deutsche "Waffenbrüderschaft" als nationale Gründungsmythen feiert. 19 Diese Darstellung korrespondiert innerhalb unseres Kanons einerseits mit dem Bild der Friedenskonferenz, die 48 Jahre später im selben Spiegelsaal ihren Abschluss fand und dem Deutschen Reich die Schuld am Ersten Weltkrieg zuschrieb, sowie andererseits mit "Guernica" bzw. dem Hinweis auf die deutsche Bombardierung einer friedlichen Stadt. Ein symbolischer Kontrapunkt ist auch hier mit dem von friedlichen deutschen Zivilisten beherrschten Bild der "Maueröffnung" gegeben.
Ebenso werden bei der Geschichte des modernen Krieges im Zeitalter der Industrialisierung Akzente gesetzt. Schon Goyas eindrucksvolle Darstellung des französischen Erschießungskommandos im "3. Mai"-Werk ruft entsprechende Assoziationen hervor; ein weiteres Zeugnis gibt "Guernica", das u.a. auf Goyas Werk Bezug nimmt. Diese beiden Bilder kann man im Hinblick auf eine Geschichte der Kriegführung sehr gut z.B. mit den Flandern-Bildern von Otto Dix sowie mit unterschiedlichen Fotografien aus den beiden Weltkriegen oder dem Vietnamkrieg verbinden, von denen die meisten Schulbücher zumindest eine kleine Auswahl bieten.
Schließlich aber vermittelt dieses "kanonische" Bild-Repertoire auch Einsichten in den Aufstieg der Fotografie als Bildmedium und das Ende der traditionellen Historienmalerei im 20. Jahrhundert - jenseits von staatlicher Propagandakunst. Dabei sind die Gemälde von Anton von Werner, William Orpen und Wladimir Serow zu einem Zeitpunkt entstanden, als die Alternative einer fotografischen Dokumentation bereits gegeben war. Sie wurde teilweise auch parallel genutzt, so dass man einen Vergleich der unterschiedlichen Funktion der beiden Medien anregen kann, speziell auch im Hinblick auf die Authentizität der Wiedergabe. Wenn auch die Fotodokumente "Lenin spricht zu Rekruten der Roten Armee" und "Hissen der Sowjetflagge auf dem Reichstagsgebäude" mit einer expliziten Geschichte der Retuschen bzw. der Propagandalügen behaftet sind, so gilt doch für nicht manipulierte Bilder, dass ein Foto niemals nur dokumentiert, sondern stets auch interpretiert. Was aber die Gemälde anbelangt, so kann man an dem vorzüglichen Beispiel der drei unterschiedlichen Darstellungen ("Fassungen") derselben Szene der Proklamierung des Deutschen Kaiserreiches, bei welcher der Maler immerhin als Augenzeuge zugegen war, aufzeigen, dass sich die "Authentizität" illusionistischer Gemälde oft genug auf realistisch wiedergegebene Details wie z.B. Uniformen beschränkt.
Es bleibt noch hinzuzufügen, dass das Bildrepertoire keine herausragende "Ikone" für den Prozess der europäischen Integration selbst bereithält, auch wenn einige Ereignisbilder historische Vorgänge darstellen, bei denen europäische Staaten gemeinsam auf europäischer Ebene handeln. Allenfalls könnte man der Fotografie von der "Maueröffnung" eine entsprechende Symbolkraft zusprechen, zeigt sie doch, dass bestehende Grenzen in Europa auf friedliche Weise und im Zeichen liberaler Demokratie fallen können, nachdem die Ost-West-Teilung überwunden ist.
Zurückkehrend zur Frage, ob und inwieweit die neue europabezogene Historien-Ikonographie in den Schulbüchern eine teleologische Lesart der modernen europäischen Geschichte suggeriert, wie man sie von den National-Ikonographien kennt, könnte der gegebene Kanon - nimmt man den chronologischen Anfangs- und den Schlusspunkt zusammen - dazu verleiten, die Entwicklung zu Freiheit und Frieden als immanentes Gesetz der europäischen Geschichte aufzufassen und darauf einen falschen Geschichtsstolz zu gründen. Doch wenn man sich dieser Gefahr bewusst ist, kann man ihr auch begegnen: So sind Geschichtslehrer und -lehrerinnen gefordert, ihren Schülern und Schülerinnen zu verdeutlichen, dass die europäische Einigung ein Prozess ist, der von historischen Rahmenbedingungen geprägt ist und explizit auf historische Erfahrungen Bezug nimmt, nicht aber ein Geschehen, das sich in einem überhistorischen Sinn "erfüllt".
Das transnationale Bildinventar setzt die historischen Hauptakzente einerseits auf die Orientierung an den Menschen- und Grundrechten, die mit den politischen Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts verbunden sind, andererseits auf die Gefährdungen der europäischen Welt durch Machtstreben und Unterdrückung, Nationalismus und Krieg sowie schließlich auf die Geschichte der gesamteuropäischen Ordnungs- und Friedenskonzeptionen. Damit ist ein Rahmen für den Bereich der neueren Geschichte in Europa gegeben, der für alle nationalen Curricula hinreichend viele Anknüpfungspunkte bietet, um die nationalhistorischen Geschichtszusammenhänge mit europäischen Kontexten und Perspektiven zu verbinden und vice versa die europäische Geschichte in der Nationalhistorie sichtbar zu machen. Dabei kann man einzelne "kanonische Bilder" aufgreifen, die angedeuteten Möglichkeiten von Bilderreihen für thematische Längsschnitte nutzen oder auch das Gesamtrepertoire in einem Projekt beleuchten. Stets aber sollte man die "europäischen Ikonen" mit passenden Bildquellen in Beziehung setzen, die speziell nationalhistorische Zusammenhänge oder Sichtweisen verdeutlichen und keine transnationale Bedeutung erlangt haben.
Soll die Arbeit mit dem gegebenen Bildinventar wirksam zur Förderung eines europäisch orientierten Geschichtsbewusstseins beitragen, das sich mit den regionalen und nationalen historischen Identitäten zu verbinden weiß, dann ist zweierlei geboten. Zum einen gilt es, jene Bildquellen in den jeweiligen Schulbüchern, die tatsächlich europaweite Verbreitung gefunden haben, im Unterricht bewusst als solche zu kennzeichnen und zu fragen, warum das betreffende Bild und der dargestellte Ereigniszusammenhang eine übergreifende Bedeutung für das historische Selbstverständnis in Europa gewonnen haben und worin diese bestehen könnte. Zum anderen aber gilt es, die Vielfalt der historischen Erfahrungen in Europa zu unterstreichen und beispielsweise zu fragen, in welchem Verhältnis die historische Interpretation, die uns eine europäische "Ikone" bietet, zu den geschichtlichen Erfahrungen im eigenen Land steht. Hier können Bildquellen mit nationalhistorischen Bezügen zum Vergleich anregen.
Den größten Wert für eine europäische historische Bildung könnte der Bildquellenfundus aber im transnationalen Dialog gewinnen, wenn Jugendliche aus verschiedenen Ländern - im Rahmen etwa von europäischen Schul-Kooperationsprojekten - an gemeinsamen Schulbuch-"Ikonen" arbeiten. So können sie sich mit der unterschiedlichen Bedeutung eines Bildes sowie des dargestellten Ereignisses in den jeweiligen Geschichtskulturen befassen oder sich über nationale und regionale Bildquellen in ihren Schulbüchern austauschen, die hier wie dort mit dem betreffenden Geschichtszusammenhang verknüpft sind und die unterschiedlichen historischen Erfahrungen und Deutungen erschließen.
Der beschriebene Kanon erscheint attraktiv und symbolträchtig genug, um sich langfristig auf dem Weg über die Schulbücher in das europäische Bildgedächtnis einzuprägen. Es ist damit zu rechnen, dass diese "Bilder zur Geschichte" die kollektiven "Geschichtsbilder" beeinflussen. Dabei dürfen aber die populären geschichtskulturellen "Ikonen" das begriffliche Wissen und die historische Reflexion nicht dominieren. Denn Geschichtsvorstellungen, die sich unmittelbar von Bildern ableiten, sind der Tendenz nach nichtreflexiv, konkretistisch und affektiv angelegt und auf symbolkräftige personen- und ereignisgeschichtliche Inszenierungen und Idealisierungen ausgerichtet. Es kommt somit wesentlich auf eine geschichtsdidaktisch kompetente Umsetzung des wertvollen Potenzials an, dasmit dem gemeinsamen Bildrepertoire für den europäischen Geschichtsunterricht gegeben ist. Da viele Lehrkräfte mit dem "kanonischen" wie auch anderem in Schulbüchern dargebotenen Bildquellenmaterial nicht hinreichend vertraut sind und oft nur wenig oder keine Erfahrung mit der Bildquellenarbeit im Unterricht besitzen, sind verstärkte Anstrengungen von Seiten der Geschichtsdidaktik, besonders auch im Bereich der Geschichtslehreraus- und -fortbildung, gefordert. 20
Ebenso müssen die europäischen Schulbuchgestalter endlich ihren Beitrag leisten, indem sie wichtige Bildelemente als Bildquellen ausweisen und inhaltlich so weit erschließen, dass die Lernenden im Unterricht selbsttätig damit arbeiten können. Dabei kommt dem "Europäischen Geschichtsbuch" wie auch den deutschen, französischen und einigen anderen Unterrichtswerken besondere Verantwortung zu: Sie werden vielfach in Ländern, die ihre Geschichtscurricula von Grund auf neu zu gestalten haben, als mustergültig angesehen. Doch nur wenn das symbolkräftige Bild als historische Quelle fassbar wird, können die transnational bedeutsamen "Ikonen" jene fragenden und forschenden Dialoge anregen, in denen man die regionalen, nationalen, genuin europäischen und bisweilen auch globalen Perspektiven immer wieder neu verknüpft und gegeneinander setzt, so dass das Prinzip der Einheit in der Vielfalt in der europäischen historischen Bildung wirksam wird.
1 'Karl-Ernst
Jeismann, Geschichtsbilder: Zeitdeutung und Zukunftsperspektive,
in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B51 - 52/2002, S. 13.'
2 'Der Begriff `Geschichtsbilder` wird
hier mit Karl-Ernst Jeismann als `Metapher für gefestigte
Vorstellungen und Deutungen der Vergangenheit mit tiefem zeitlichem
Horizont, denen eine Gruppe von Menschen Gültigkeit
zuschreibt`, verstanden. Vgl. ebd.'
3 'In Anlehnung an den Titel von Petra
Bock/Edgar Wolfrum (Hrsg.), Umkämpfte Vergangenheit,
Göttingen 1999.'
4 'Zur Analyse des gemeinsamen
Bildinventars in europäischen Schulbüchern und der
einzelnen Bildwerke sowie zu geschichtsdidaktischen
Umsetzungsmöglichkeiten im Interesse einer europäisch
orientierten historischen Bildung vgl. Susanne Popp, Die
europäische Identität im Bild. Analysen zu den
populärsten Bildquellen in den Geschichtsschulbüchern
Europas, Schwalbach/Ts. (i.V.).'
5 'Vgl. Frédéric Delouche
(Hrsg.), Das europäische Geschichtsbuch. Von den Anfängen
bis heute [1992], völlig überarb. und erw. Neuausgabe,
Stuttgart 1998. 14 Autoren aus 13 europäischen Ländern
haben an diesem Gemeinschaftswerk mitgewirkt, das inzwischen in
über 20 Sprachen übersetzt ist.'
6 'Der kunsttheoretische und
-geschichtliche Begriff des `Historienbildes` bezieht sich auf die
traditionelle Unterscheidung von fünf Bildgattungen nach dem
Kriterium der dargestellten Gegenstände (Historie,
Porträt, Genre, Landschaft, Stillleben). Historien stellen
geschichtliche Ereignisse (im modernen Sinne), aber auch
religiöse und mythologische Szenen dar. Ebenso können
zeitgenössische Ereignisse Gegenstand von Historienbildern
sein; diese nennt man bisweilen auch `Ereignisbilder`. Vgl. zum
Thema des Historienbildes z.B. die Einführung in Thomas W.
Gaehtgens/Uwe Fleckner (Hrsg.), Historienmalerei, Berlin
1996.'
7 'Zum Zusammenhang von
Erinnerungsvermögen und emotionalen Faktoren vgl. z.B. Gerhard
Roth, Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie
und ihre philosophischen Konsequenzen, Frankfurt/M. 19973, S.
210ff. Vgl. auch Bernd Mütter/Uwe Uffelmann, Emotionen und
historisches Lernen. Forschung - Vermittlung - Rezeption,
Frankfurt/M..19963.'
8 'Peter Burke, Augenzeugenschaft.
Bilder als historische Quellen, Berlin 2003, S. 15.'
9 'Ebd., S. 91.'
10 'Die Länderauswahl richtete
sich nach den Beständen der genannten Bibliothek und
entspricht nicht ganz dem Kreis der Mitgliedsstaaten des
Europarates; so fehlen Andorra, Armenien, Aserbaidschan, Georgien,
Island, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, San Marino, die
Türkei, die Ukraine und Zypern, wohingegen Weißrussland
erfasst wurde, das (neben Monaco) nicht Mitglied des Europarates
ist. In einigen mittel- und osteuropäischen Staaten, wo man
neben den National- auch Weltgeschichtsbücher einsetzt, findet
man die hier in Rede stehenden Bildwerke vorzugsweise in den
Letzteren. Türkische Unterrichtswerke waren in der
Braunschweiger Bibliothek nicht verfügbar.'
11 'Da eine Wiedergabe der Bildwerke
hier nicht möglich ist, soll für eine erste Orientierung
auf das Internet verwiesen und zugleich vermerkt werden, dass die
meisten dort dargebotenen Bild-Präsentationen
bildquellenkritischen Maßstäben nicht genügen und
die begleitenden Informationen häufig unzuverlässig
sind.'
12 'Die Schulbücher zeigen oft die
retuschierte Fassung, aus der die Figur Trotzkis, im Original
rechts im Bild neben dem Rednerpult stehend, entfernt wurde.'
13 'So der Titel einer Rubrik in der
Zeitschrift `Praxis Geschichte`.'
14 'In einigen Ländern mit sehr
bescheiden ausgestatteten Schulbüchern bietet man anstelle von
Bildreproduktionen gezeichnete Bildskizzen an.'
15 'Ausgehend vor allem von
französischen Schulbüchern verbreiten sich
gegenwärtig Adolph von Menzels (1815 - 1905) `Das
Eisenwalzwerk` (1875, Öl/Lw., 153 x 253cm, Berlin), Robert
Köhlers (1815 - 1917) `Der Streik` (1886, Öl/Lw., 181,6 x
275,6cm, Berlin) und - mit einigem Abstand - auch Köhlers `Der
Sozialist` (1885, Öl/Holz, 39,7 x 31cm, Berlin) zunehmend in
Europas Geschichtsschulbüchern. Vor allem das erste Bild
könnte in die Spitzengruppe vorrücken.'
16 'Die Künstler standen dem
jeweils dargestellten Geschehen zumeist räumlich und/oder
psychisch relativ nahe. Unmittelbare Augenzeugen der dargestellten
Szenen waren David, von Werner (in Versailles und Berlin) und
Orpen.'
17 'Vgl. hierzu Benedict Anderson, Die
Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts,
erw. Ausgabe, Berlin 1998.'
18 'Vgl. hierzu Susanne Popp, `Wenn sie
manchmal wie Marmorstatuen aussehen, dann war genau das ihr Wunsch`
(J.J. Ellis), in: Anton Hauler/Werner Kremp/Susanne Popp (Hrsg.),
Die USA als historisch-politische und kulturelleHerausforderung -
Vermittlungsversuche, Trier 2003, S. 45 - 70.'
19 'Dabei kann eine Kontrastierung des
Bilderpaares `Versailles 1871` versus `Versailles 1919` sehr
plakativ wesentliche Aspekte des deutsch-französischen
Gegensatzes nicht zuletzt im Hinblick auf die Härte der
Versailler Vertragsbestimmungen verdeutlichen.'
20 'Vgl. hierzu Michael Sauer, Bilder
im Geschichtsunterricht. Typen - Interpretationsmethoden -
Unterrichtsverfahren, Seelze-Velber 2000, sowie Elisabeth Erdmann,
Bilder sehen lernen. Vom Umgang mit Bildern als historische
Quellen, in: Praxis Geschichte, 15 (2002) 2, S. 6 - 11.'