Um im beginnenden Europawahlkampf endlich die lästigen Diskussionen über angebliche Bereicherungen bei Tagegeld- und Reisekostenabrechnungen vom Tisch zu bekommen, sind die 99 deutschen Abgeordneten im Europäischen Parlament in die Offensive gegangen. Da es wegen eines von den Mitgliedstaaten der EU immer noch blockierten Abgeordnetenstatuts noch immer keine einheitlichen Abgeordneten-Diäten und damit verbunden auch keine gemeinsamen Reisekostenregelungen gibt, verpflichteten sie sich in einer öffentlichen Erklärung dazu, die Flugkosten nach Brüssel, Straßburg und in ihre Heimatorte grundsätzlich nur noch in Höhe des verauslagten Ticketpreises abzurechnen und keine Pauschalen in Anspruch zu nehmen.
Bei den von einigen Boulevardzeitungen in Deutschland und Österreich als Bereicherungsquelle angeprangerten Tagegeldregelungen sollen Eintragungen in das Zentralregister nur noch während der offiziellen Tagungsperioden möglich sein. Der Freitag einer Plenarsitzungswoche soll nicht mehr als ganzer Arbeitstag anerkannt werden. Eintragungen begründen nur noch Anspruch auf ein halbes Tagegeld. Die Verpflichtung gilt für die deutschen Abgeordneten unabhängig davon, ab wann einmal eine solche Regelungen für das gesamte Parlament in Kraft tritt.
Ausgelöst wurde dieser Schritt durch den aus der Sozialistischen Fraktion ausgeschlossenen Österreicher Hans-Peter Martin, der angeprangert hatte, dass sich viele Abgeordnete in das so genannte Zentralregister eintragen, das zum Empfang von einem Tagegeld von 262 Euro berechtigt und dann nicht unmittelbar danach in den Plenarsaal gingen. Parlamentspräsident Cox und die Abgeordneten hatten immer wieder darauf verwiesen, dass die Tagegelder keine Sitzungsgelder sind. Ihre Anwesenheit am Arbeitsort und nicht nur im Plenarsaal berechtige zum Empfang von Tagegeldern, da ein mindestens ebenso großer Arbeitsaufwand der Parlamentarier in der Teilnahme an Ausschusssitzungen, der Er- und Bearbeitung von Berichten und Gesetzgebungstexten sowie in der normalen Büroarbeit besteht. Eine Abgeordnete hat inzwischen auch ein Urteil beim Landgericht Köln erwirkt, das Martin unter Androhung von 250.000 Euro Geldstrafe oder sechs Monaten Haft untersagt, das Ansehen der Abgeordneten weiter zu schädigen.
In ihrer jetzt veröffentlichten Initiative fordern die deutschen Parlamentarier von CDU/CSU, SPD, Grünen und PDS die Verabschiedung eines Abgeordnetenstatus unmittelbar nach der Europawahl. Die Berliner Bundesregierung, die zu Jahresbeginn ihre Unterschrift unter ein Statut nach Erscheinen der Presseberichte verweigert hatte, wird aufgefordert, sich im EU-Außenministerrat für eine rasche Einigung einzusetzen. Damit die Abrechnungen künftig transparent sind, sollen bei Reisen zwischen Wohnort und den Arbeitsorten des Parlaments Flug- und Bahnkosten in Höhe der vorgelegten Tickets erstattet werden, bei Autofahrten die Kosten nach einer Kilometerpauschale. Bei der Anstellung von persönlichen Mitarbeitern wird die praktizierte Regelung bekräftigt, dass keine Familienangehörigen beschäftigt werden dürfen. Auch wenn dies in der Erklärung nicht gesagt wird, hoffen die deutschen Abgeordneten darauf, dass ihr Beispiel bei ihren Kollegen aus anderen Ländern Schule macht.