Zum zehnten Male in Folge sehen sich Europas oberste Rechnungsprüfer nicht in der Lage, die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit bei der Umsetzung der im EU-Haushalt bewilligten Ausgaben zu verbürgen. Zwar seien die geprüften Vorgänge im Großen und Ganzen ordnungsgemäß, was die Einnahmen, Mittelbindungen und Verwaltungsausgaben angehe. Wesentliche Fehler gab es jedoch weiterhin in der Agrarpolitik und bei den Strukturhilfen. Unregelmäßigkeiten werden auch bei den Ausgaben für die Außen- und Innenpolitik sowie bei der Hilfe zur
Heranführung der zehn neuen Mitgliedsländer an die EU festgestellt. Diese Feststellung traf der Präsident des in Luxemburg ansässigen Europäischen Rechnungshofs, Juan Manuel Fabra Vallé, am 2. Dezember bei der Vorstellung des Jahresrechnungsberichts 2003 vor dem Europäischen Parlament in Brüssel. Dieser Bericht dient dem Europäischen Parlament als Grundlage für die im nächsten Frühjahr vorgesehene Entlastung der Kommission.
Auch wenn es bei den Unregelmäßigkeiten in der Regel nicht um Betrug geht, sondern um die komplizierte Regelung, dass die Mitgliedstaaten die EU-Ausgaben bis zu 80 Prozent in Auftragsverwaltung für die EU-Kommission vornehmen, zeigen sich vor allem die Abgeordneten aus den neuen Ländern über die Ergebnisse des Berichts schockiert. Nach Angaben des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung belief sich der Gesamtschaden von Juli 2003 bis Juni 2004 auf mehr als 1,5 Milliarden Euro. Im vorherigen Jahreszeitraum lag die Schadenssumme bei nur 850 Millionen Euro. Die meisten Verstöße wurden in Italien festgestellt, es folgen Deutschland, Spanien und Großbritannien. Betroffen sind neben den Ausgaben für die Landwirtschaft auch Zahlungen für Entwicklungshilfe, falsche Deklarationen beim Zoll an den EU-Außengrenzen, Zigarettenschmuggel und Unregelmäßigkeiten mit europäischen Geldern bei der palästinensischen Autonomiebehörde.
Auf der anderen Seite stellt der Europäische Rechnungshof in seinem Bericht einen Haushaltsüberschuss in Höhe von 5,5 Milliarden Euro fest, der anteilig in die Haushaltskassen der einzelnen EU-Staaten zurückfließt, da die EU keine unverbrauchten Mittel auf die Folgejahre übertragen darf. 2002 betrug der Überschuss noch 7,4 Milliarden Euro und 2001 sogar 15 Milliarden. Die Ursache für die nicht getätigten Ausgaben liegt in dem komplizierten Ko-Finanzierungssystem bei den Strukturfondsmitteln. Dabei müssen die Empfängerländer in der Regel die Hälfte der Mittel selbst aufbringen, womit sie oft überfordert sind.