Umwelt. Unterstützung bei der Abfallwirtschaft, Kritik bei Kommunalverbänden, Umweltwissenschaftlern und Öko-Organisationen: Auf ein unterschiedliches Echo bei den Sachverständigen stieß bei einer Anhörung des Umweltausschusses am 1. Dezember ein Antrag der FDP-Fraktion, die Mülltrennung in Privathaushalten zwecks Vereinfachung für die Betroffenen teilweise aufzuheben und stattdessen Verpackungsmaterial zusammen mit dem Restmüll in Sortieranlagen technisch aufzubereiten und zu verwerten ( 15/2193).
Während der RWE-Konzern dieses Konzept in größerem Stil bereits von 2006/2007 an für machbar hält, plädieren der Deutsche Städtetag und der Naturschutzbund Deutschland dafür, zunächst einmal die Auswertung der laufender Pilotversuche abzuwarten sowie alle Aspekte einer gemeinsamen Müllsortierung genau zu prüfen.
"Die Qualität der Vorsortierung ist gut." Diese Bilanz zog RWE-Experte Konrad Kerres über die bisherigen Versuche des Unternehmens mit der neuen Technik. Ein größeres Experiment mit immerhin 1.700 Tonnen Abfall habe gezeigt, dass die gemeinsame Aufbereitung von Verpackungs- und Restmüll sogar eine Übererfüllung der geltenden Verwertungsquoten mit sich bringe. Angesichts dieser positiven Erfahrungen wolle RWE jetzt im Praxisbetrieb eine Demonstrationsanlage zur Vorsortierung für 130.000 Jahrestonnen Abfall bauen. Kerres erklärte, auf diese Weise könne auch mehr Hausmüll als bisher für die Verwertung erfasst werden. Bestehende Sortieranlagen könnten für die neuen Anforderungen umgerüstet werden. Mit EU-Recht sei die einheitliche Sammlung von Verpa-ckungsmaterial und Restabfall vereinbar, so der Sachverständige. In Deutschland müssten dafür erst die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden.
Kerres setzte sich dafür ein, die gemeinsame Vorsortierung der beiden Müllarten nicht fläckendeckend, sondern in den Ballungszentren einzuführen, wo heute schon in einem gewissen Maße der Verpackungsabfall mit anderen Stoffen verunreinigt sei. Rückende-ckung erhielt Kerres von Joachim Christiani von der Ingenieurgesellschaft für Aufbereitungstechnik und Umweltverfahrenstechnik in Aachen: "Die technische Marktreife dieser Sortierung ist gegeben."
Jürgen Giegrich vom Institut für Energie- und Umweltforschung (Heidelberg) erklärte, vor einem endgültigen Urteil müsse man die Analyse der Versuche besonders im Blick auf die ökologische Effizienz abwarten. Vor allem stelle sich die Frage, ob mit der neuen Technik bei einem großflächigen Einsatz Erfolge zu erzielen seien. Auch Susanne Hempen vom Naturschutzbund unterstrich, dass zunächst einmal Langzeitversuche unter Praxisbedingungen erforderlich seien. Michael Heyde vom Dualen System Deutschland riet ebenfalls zur Vorsicht: Man dürfe die schwierige Sortierung von Restmüll mit seinem hohen Wasseranteil und selbst weggeworfenen Fahrradteilen nicht gleichsetzen mit der Bearbeitung von verunreinigtem Verpackungsabfall.
Aus Sicht von Jens Lattmann hätte eine Aufhebung der Getrenntsammlung schwerwiegende Konsequenzen für das gesamte System der Müllentsorgung. Bislang, so der Wirtschafts- und Umweltbeigeordnete beim Deutschen Städtetag, seien die Kommunen für den Hausmüll zuständig, während bei Verpackungsabfällen das Prinzip des regulierten Markts gelte.
Bei einer gemeinsamen Entsorgung beider Müllarten stelle sich die Frage, wer dann die Verantwortung trägt. Kommunale Unternehmen, so Lattmann, verfügten zudem nicht über Sortieranlagen. Die derzeit betriebenen Müllöfen würden bei einer Verwertung von Verpackungsmaterialien und Restabfall künftig nicht mehr ausgelastet, was eine ökonomische Entwertung dieser Verbrennungseinrichtungen mit Auswirkungen auf die Gebührenzahler zur Folge habe. Bei einer gemeinsamen Sortierung, warnte der Sachverständige des Städtetags, seien überdies "riesige Investitionen" in neue Anlagen erforderlich - was ebenfalls Konsequenzen für die Mülltarife haben werde.