Zehn Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über Einsätze deutscher Streitkräfte im Ausland hat der Bundestag am vergangenen Freitag das so genannte Parlamentsbeteiligungsgesetz ( 15/2742) mit den Stimmen der Koalition gegen das Votum der Opposition verabschiedet. Das Gesetz regelt, für welche Art von Einsätzen ein Bundestagsmandat benötigt wird. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 über den Einsatz von Bundeswehrsoldaten in NATO-Aufklärungsflugzeugen während der Balkan-Kriege den Bundestag aufgefordert, Form und Ausmaß der parlamentarischen Mitwirkung an Auslandseinsätzen zu bestimmen.
Nach dem Gesetz gilt wie bisher auch, dass die Bundesregierung für neue Auslandseinsätze der Armee einen entsprechenden Antrag zur Genehmigung vorlegen muss. Das Parlament kann diesen Antrag allerdings nur ablehnen oder annehmen, aber nicht verändern. Er muss Angaben über Auftrag, Einsatzgebiet, Höchstzahl der eingesetzten Soldaten, die geplante Dauer sowie die Kosten beinhalten.
Für Mandatsverlängerungen und Einsätze so genannter "niedriger Intensität und Tragweite" gelten vereinfachte Regeln: Hier gilt die Zustimmung als erteilt, wenn nicht mindestens eine Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten innerhalb einer Woche dem vorgelegten Antrag widersprechen. Als Einsätze "niedriger Intensität und Tragweite" gelten beispielsweise die Entsendung von Erkundungskommandos und einzelner Soldaten zu Friedensmissionen der Vereinten Nationen, der NATO oder der EU.
Keine voherige Zustimmung benötigen Einsätze bei Gefahr in Verzug, etwa bei der Befreiung von Geiseln. Darüber sollen die zuständigen Vertreter der Fraktionen vertraulich informiert werden, um die Mission nicht durch vorheriges Bekanntwerden zu gefährden.
Grundsätzlich neu an dem verabschiedeten Gesetz ist das Rückholrecht des Bundestages. "Wenn ein Einsatz sich im Charakter verändert und das Parlament zu einer neuen Auffasssung kommt, kann es sagen, der Einsatz wird beendet", erläuterte der Grünen-Abgeordnete Volker Beck. Damit könnten Soldaten aus kritischen Einsätzen wieder abgezogen werden.
Gernot Erler, stellvertretender Frakionsvorsitzender der SPD, charakterisierte das Gesetz als Stärkung der besonderen Verantwortung, die der Bundestag bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr trage.
Kritik am Gesetzentwurf übten für die Union der verteidigungspolitische Sprecher Hans-Christian Schmidt und sein Fraktionskollege Eckhardt von Klaeden. Sie bemängelten, dass keine näheren Angaben über Einsätze der Bundeswehr im Rahmen von NATO-Verbänden, zum Beispiel in der Schnellen Eingreiftruppe, gemacht werden. Die Verlässlichkeit Deutschlands im Bündnis dürfe nicht gefährdet werden. Die FDP-Fraktion kritisierte das Gesetz vor allem wegen unzureichender Regelungen für geheime Einsätze. Über solche Missionen solle ein besonderer Ausschuss entscheiden. Die Liberalen hatten einen entsprechenden Gesetzentwurf ( 15/1985) eingebracht, der von der Koalition jedoch abgelehnt wurde.
Die fraktionslose PDS-Politikerin Petra Pau erklärte, das Parlamentsbeteiligungsgesetz verdiene seinen Namen nicht, da es lediglich einer "beschleunigten Militarisierung der Außenpolitik diene".
Vor der Entscheidung über das Gesetz hatte der Bundestag bereits die Beteiligung an der Überwachungsmission der Afrikanischen Union im Sudan (AMIS) gebilligt. In namentlicher Abstimmung votierten 540 Abgeordnete für den entsprechenden Antrag der Regierung ( 15/4227), zehn stimmten mit Nein. Geplant ist die Entsendung von "Transall"-Maschinen der Luftwaffe, die tansanische Friedenstruppen in die Krisenregion Dafur transportieren sollen. Die Kosten der auf sechs Monate beschränkten Mission, an der sich 200 deutsche Soldaten beteiligen sollen, werden mit 6,75 Millionen Euro veranschlagt. Es ist der 43. Auslandseinsatz der Bundeswehr seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1994.