Er tauschte 2002 die Uniform gegen den Anzug, den Dienstausweis der Bezirksregierung Detmold gegen den Ausweis des Deutschen Bundestages. Jürgen Herrmann war 23 Jahre Polizeibeamter, zuletzt als Dienstgruppenleiter im Führungs- und Lagedienst der Polizei - Gesetzeshüter im Polizeimanagement sozusagen. Beruflich gesehen macht das den CDU-Abgeordneten im Deutschen Bundestag zu einem "Exoten". Laut Bundestagspressestelle gibt es nur zwei Polizisten aus dem gehobenen Dienst unter den Parlamentariern.
Dass Herrmanns Leitstelle unter anderem für Autobahnen im Regierungsbezirk Detmold verantwortlich war, klingt eher unspektakulär. Doch er kennt auch brenzligere Einsätze, musste auch Führungsaufgaben bei großen Schadensereignissen, Geiselnahmen, Bedrohungslagen und Demonstrationen bewältigen. "Hier kann ich mich gut an einen Aufmarsch von Rechtsradikalen an einem 1. Mai erinnern, bei dem ich in der ersten Einsatzphase neben den eigenen Kräften noch zusätzlich mehrere hundert Fremdkräfte zu führen hatte."
Als "gelernter Polizist" liegt es natürlich auf der Hand, dass ihn die Innenpolitik reizte. Doch beim Innenausschuss war lediglich eine stellvertretende Mitgliedschaft zu vergeben, genauso wie im Petitionsausschuss. Herrmann sitzt als ordentliches Mitglied im Verteidigungsausschuss und findet das heute gut: "Diesen Schritt habe ich nicht bereut und bin heute froh, in diesem wichtigen und verantwortungsvollen Bereich arbeiten zu dürfen. Dies gilt um so mehr, da die Diskussion über das Zusammenwachsen der inneren und äußeren Sicherheit einen immer breiteren Raum einnimmt." Seine Erfahrungen aus seinem früheren Berufsleben kann er uneingeschränkt einbringen. Er schafft es, viele Querschnittsaufgaben miteinander zu kombinieren. Dass er ausschließlich zu Themen der inneren Sicherheit und zu verteidigungspolitischen Themen im Plenum spricht, ist mit diesem Erfahrungshintergrund nicht weiter verwunderlich.
Eine Fülle aktueller Themen hält ihn auf Trab: der Einsatz der Bundeswehr im Inneren und eine damit einhergehende Notwendigkeit, das Grundgesetz zu ändern, das Luftsicherheitsgesetz, digitaler Bündelfunk, die Zukunft der Wehrpflicht, Katastrophenschutz, internationaler Terrorismus, organisierte Kriminalität, aber auch die Drogenbekämpfung in Afghanistan.
Dass berufliche Erfahrung für die Arbeit als MdB unerlässlich ist, zeigt sich auch im Unterausschuss "Innere Führung". Dort diskutiert Herrmann über die Märzunruhen im Kosovo im vergangenen Jahr mit. Es geht insbesondere um Fragen mit polizeilichem Hintergrund.
Warum geht jemand, der den Polizeiberuf so liebt, in die Politik? "Politik hat mich schon immer interessiert. Bereits als ich 1979 in den Polizeidienst des Landes Nordrhein-Westfalen eintrat, hatte ich eine besondere Vorliebe für das Lehrfach Staatsbürgerkunde. Aktuelle Politik, verfassungsrechtliche Fragen und die Geschichte unseres Landes waren Bestandteil der Ausbildung", erinnert sich Herrmann. Diese Themen haben ihn nie mehr losgelassen. Und da er es gut mit Menschen kann und gerne Gespräche führt, war der Entschluss schnell gefasst, sich politisch zu engagieren.
Herrmann ist einer, der von Verantwortung spricht und sie auch gern übernimmt. Er war Ortsvorsitzender in Brakel, Stadtverbandsvorsitzender, Ratsherr, ist jetzt Kreisvorsitzender. "Die Funktionen haben mich immer tiefer in die Politik geführt." Den Kreisverband Höxter, mit 4.100 Mitgliedern einer der am stärksten organisierte CDU-Verbände in NRW, übernahm Herrmann 1999. Politik hat sein Leben stark geprägt. Die Kandidatur für den Bundestag war dann die Chance, ein Hobby zum Beruf zu machen.
Längst liegt nun die intensive Einarbeitungsphase hinter dem 42-jährigen Politiker. Der Aufbau eines Informationsnetzes, das Knüpfen und Ausbauen von Kontakten und wesentliche Entscheidungen in der Arbeitsgruppe Verteidigung verbucht Herrmann auf dem Habenkonto. Lange Arbeitstage machen ihm nichts aus. Dass er zu wenig Zeit für seine Familie mit seinen beiden Söhnen Björn und Niclas hat, zehrt gelegentlich schon an ihm.
Der Polizist, der auch ein Studium als Diplom-Verwaltunswirt abschloss, hat gewissermaßen die Seiten gewechselt, schaut nicht mehr als aktiver Polizeibeamter auf die Politik, sondern gestaltet selber mit. Dass er die Reformen, die auch bei der Polizei anstehen, genau verfolgt, ist nahe liegend, beispielsweise die angestrebte Polizeireform in Nordrhein-Westfalen. Auf die Frage, ob die angestrebte Reform in NRW in Zeiten terroristischer Bedrohung die Arbeit der Polizei straffer und stärker Aufgaben orientiert machen würde, hat Herrmann eine klare Position: "Die Arbeit der Polizei ist in den zurückliegenden Jahren, gerade im Bereich der Einsatzbewältigung, Beweissicherung und der Ermittlungen sehr professionalisiert worden. Ich würde mir jedoch wünschen, dass gerade aus dem Bereich der Politik wesentlich mehr rechtlicher Rückhalt vorhanden wäre. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit weitergehenden rechtlichen Maßnahmen eher in der Lage wären, gegen die organisierte Kriminalität, gegen Terrorismus und Extremismus vorzugehen. Ich denke hier insbesondere an die Wohnraumüberwachung, die Verwertbarkeit von DNA-Spuren und die Kronzeugenregelung, um nur einige zu nennen."
Herrmann sieht seine Arbeit im Deutschen Bundestag als einen beruflichen Lebensabschnitt, wo Anforderungen da sind, wie in jedem anderen Beruf auch. Das Mandat mit den beiden "Baustellen" Berlin und Wahlkreis füllt ihn voll und ganz aus. Nebentätigkeiten übt Herrmann keine aus.
Wenn überhaupt, sind sie sportlicher Natur. Er läuft ganz gern und kickt in der parlamentarischen Fußballmannschaft. Dann kommt er zwanglos mit Kollegen ins Gespräch, die er sonst wohl nicht treffen würde. Kommunikation - so wie er sie gerne hat.