Als in der vergangenen Woche Belgiens Fluglotsen spontan ihre Arbeit niederlegten, kam es zu einer Kettenreaktion: In ganz Europa gab es Verspätungen und Flugausfälle. Die belgischen Fluglotsen wollten mit ihrem Streik wieder einmal auf ihre schwierigen Arbeitsbedingungen hinweisen. Denn kein anderer Job verlangt mehr Konzentration, da bereits die kleinste Unaufmerksamkeit zur Katastrophe führen kann. Kein Wunder, wenn Fluglotsen frühzeitig in Rente gehen oder schon nach wenigen Berufsjahren eine andere Tätigkeit ausüben müssen. Auf der anderen Seite bilden Fluglotsen eine Kaste, die sich ihrer Monopolstellung wohl bewusst ist. Selbst ein kurzer Streik verursacht Kosten in Millionenhöhe.
Da der Himmel über Europa aber sprichwörtlich grenzenlos ist, möchte die EU unter dem Stichwort Single Sky, einen einheitlichen Luftraum auf dem Kontinent schaffen und zumindest für die Mitgliedstaaten die 25 nationalen Systeme harmonisieren. In Straßburg wurde daher am 8. März die Gesetzgebung für eine gemeinschaftliche Fluglotsenzulassung beraten. Die Abgeordneten fordern von den EU-Staaten, dass Fluglotsen künftig nach einheitlichen Kriterien im Sicherheits-, Gefahrenabwehr- und Krisenmanagement ausreichend geschult werden.
Endziel dieses Kommissionsvorschlags ist die Harmonisierung der nationalen Fluglotsenzulassungssysteme, mit der eine gegenseitige Anerkennung von nationalen Lizenzen in den EU-Staaten ermöglicht würde. Eine einheitliche EU-Zulassung würde auch den Einsatz grenzüberschreitender Dienste garantieren. Die Monopolstellung der bisher rein nationalen Organisationen würde dadurch geschwächt werden. Einem Austausch von Fluglotsen wären aber auch künftig Grenzen gesetzt. Denn einerseits wird zwar verlangt, dass die Fluglotsen ausreichend Englisch sprechen, um eine umfassende Kommunikation zwischen ihnen und den Piloten zu ermöglichen. Andererseits hält es die Brüsseler Kommission aber für notwendig, dass aus Sicherheitsgründen die Landessprache gesprochen wird. Denn für bestimmte Aufgaben, wie für die Verständigung mit der Flughafenfeuerwehr und anderen Rettungsdiensten ist es notwendig, sich unmissverständlich ausdrücken zu können. So ist die grenzenlose Freiheit doch noch eingeschränkt.
Der Wunsch der Europaabgeordneten, bei der Liberalisierung des Flugsicherungssektors weiter zu gehen als die Kommission, hat bereits heftige Reaktionen bei Berufsverbänden, insbesondere bei den französichgen Fluglotsen ausgelöst. Sie argumentieren, die EU-Kommission wolle mit ihrem Vorschlag einen marktwirtschaftlichen Luftraum schaffen, in dem wirtschaftliche Anreize an die Stelle technischer Erfordernisse treten würden.