Wird Hamburg zur neuen CDU-Dauerhochburg? Zurzeit sieht es ganz danach aus. Denn rund ein Jahr, nachdem in der 1,8-Millionen-Metropole erstmals eine christlich-demokratische Alleinregierung an die Macht kam, dominiert politisch die schwarze Farbe eindeutig. Eine Umfrage des Psephos-Instituts ergab jetzt: Wenn dieser Tage Bürgerschaftswahlen wären, dann könnte die CDU ihre absolute Mehrheit in der Stadt behaupten. Sie würde 48 Prozent aller Stimmen erhalten, das wären 0,8 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl 2004. Die oppositionelle SPD käme auf 29 (-1,5), die GAL (Grün-Alternative Liste) erhielte 14 (+1,7), die FDP 3 Prozent (+0,2). Damit hat sich die politische Stimmungslage ein Jahr nach dem letzten Hamburger Urnengang so gut wie gar nicht verändert.
Ein Ergebnis, das Rathauskenner deshalb für umso bemerkenswerter halten, weil der von Bürgermeister Ole von Beust geführte Senat in den vergangenen zwölf Monaten ein unpopuläres Sparprogramm gefahren hat, dass permanent für kritische Schlagzeilen sorgte. Neuerliche Einschnitte bei der Polizei und finanzielle Erschwernisse für junge Familien, insbesondere auf dem Schulsektor (Abschaffung der Lernmittelfreiheit, Elternbeteiligung an den Kosten des Schwimmunterrichts) erschienen den Oppositionsparteien als geeignete Steilvorlagen, um die Politik der Elb-Union als sozial unausgewogen und grausam gegen die "kleinen Leute" anzuprangern. Doch ohne Erfolg: Obwohl 58 Prozent der Hamburger das Sparprogramm in der Tat für sozial ungerecht halten, traut nur eine Minderheit den Sozialdemokraten zu, es besser machen zu können. 60 Prozent der Befragten sind überdies der Ansicht, dass die SPD sich noch immer nicht erneuert habe. Dagegen vertreten 65 Prozent der Wähler die Überzeugung, der Senat werde insgesamt "gut" mit seinen Aufgaben fertig.
Garant des CDU-Erfolges ist der in der Stadt weiterhin außerordentlich beliebte Erste Bürgermeister Ole von Beust, gegen den die Oppositionschefs Michael Neumann (SPD) und Christa Goetsch (GAL) blass aussehen. Doch die besondere Zuneigung der Hanseaten zu von Beust erklärt die überraschend hohe Zustimmung zu den Christdemokraten nicht ausschließlich - es spielt auch der Umstand eine Rolle, dass die Oppositionsparteien als inhaltlich schwach positioniert wahrgenommen werden. Tatsächlich hatte vor allem die SPD immer wieder eine strikte Blockadehaltung eingenommen, die Sparmaßnahmen des Senats zwar in dramatisierender Diktion angeprangert, aber in den Augen der Bürger keine überzeugenden Alternativen aufgezeigt. CDU-Fraktionschef Bernd Reinert ist deshalb der Ansicht: "Trotz der Einschnitte, die wir vielen Menschen gegenwärtig zumuten müssen, wird unser Handeln von den Wählern nicht nur akzeptiert, sondern auch honoriert." Dazu kommt als weiterer Erfolgsgarant der ausgeprägte politische Instinkt Ole von Beusts, der kürzlich eine große Party aus Anlass seines 50. Geburtstages kurzerhand absagte, weil ein solches Fest in Zeiten, da alle Bürger den Gürtel enger schnallen müssten, unangebracht sei. Wer ihm gratulieren wolle, könne dies in der Bürgerschaft tun, kündigte er überraschend an, während die Landespartei schon in den Fest-Vorbereitungen steckte. So etwas kommt an. Und als die Schlagzeilen schließlich überhand nahmen, in denen die finanziellen Belastungen für Familien angeprangert wurden, da kündigte Beust an: Es wird keine weiteren Zumutungen mehr geben, das Ende der Fahnenstange sei erreicht.
Der SPD-Fraktionschef Neumann sieht in Anbetracht der aktuellen Umfrageergebnisse noch "ein gutes Stück Arbeit" vor sich, um das Vertrauen der Menschen zurück zu gewinnen: "Das wird dauern und das wird hart", sagte der Politiker, den gerade mal 37 Prozent aller Hamburger kennen. Seine Kollegin Christa Goetsch tröstet sich mit der Aussicht, die hohe Zustimmung zur CDU werde dann bröckeln, wenn die Folgen ihrer Politik überall zu spüren seien. Die Christdemokraten sehen dem offensichtlich relativ gelassen entgegen und setzen weiter auf ihr Konzept der "Wachsenden Stadt", das sich immer stärker auch im Erscheinungsbild Hamburgs zu spiegeln beginnt. Und sie hoffen darauf, dass die "Grausamkeiten" ihrer finanziellen Konsolidierungspolitik spätestens bei den nächsten Wahlen wieder vergessen sein werden. Auch das scheint die Senatsmannschaft richtig gemacht zu haben: Sie hat sich an die alte Regel aus dem Lehrbuch der Politik gehalten, nach der die harten Reformschritte möglichst sofort nach Regierungsantritt in die Tat umzusetzen sind.