Man sollte Schiller nicht nur lesen, sondern auch hören, empfiehlt der Literaturwissenschaftler und Schillerbiograf Peter-André Alt (siehe Seite 3). Dazu gibt es mittlerweile hinreichend Gelegenheit; auf dem boomenden Hörbuchmarkt ist auch die Literatur inzwischen mit einigen respektablen Aufnamen vertreten. Zu den ersten Labels, die auch Literatur anboten, gehört die Deutsche Grammophon-Gesellschaft. Deren grüne Sprechplatten sind inzwischen begehrte Raritäten geworden.
Zum Schillerjahr hat die Grammophon aus ihrem Literarischen Archiv sechs Dramen von Schiller auf CD aufbereitet, die als 2-CD-Eloquence für jeweils acht Euro erhältlich sind. Es sind Aufnahmen aus den 50er- und 60er-Jahren: Zunächst wirkt die heute nicht mehr modern anmutende Hörspieltechnik etwas fremd, aber schon nach wenigen Minuten wird der Hörer gefangengenommen durch die kultivierte Sprache, durch Sprachtechnik und Sprachgewalt der hier mitwirkenden Schauspieler. Diese gehörten damals zur Elite an den deutschen Bühnen:
Etwa die berühmte Aufführung von "Kabale und Liebe" bei den Salzburger Festspielen 1955 mit Maria Schell und Will Quadflieg; der "Don Carlos", den der Bayerische Rundfunk 1953 mit Max Eckard und Ernst Ginsberg aufnahm; "Wallensteins Tod" von 1968, hier wirkten O.E. Hasse und Wolfgang Arps mit; eine dramatische "Maria Stuart"-Aufnahme des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1954 mit den damaligen Bühnenstars Paula Wessely, Attila Hörbiger und Edith Herdeegen. Schließlich die älteste Aufnahme, - ebenfalls vom Bayerischen Rundfunk "Wilhelm Tell" aus dem Jahre 1951.
Ein besonderes Hörerlebnis ist eine vierstündige Aufnahme von Schillers "Wallenstein" (ohne das "Lager"). Der Norddeutsche Rundfunk hatte 1960 eine glanzvolle Aufführung des Wiener Burgtheaters (Regie: Leopold Lindberg) aus dem Vorjahr übernommen; Jetzt wurde das Hörstück von der kleinen, bei literarischen Ausgrabungen umso rührigeren "Edition Mnemosyne" (Wolfgang Schwiedrzik) wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (Preis: 35,- Euro). Den Wallenstein spielte/spricht Ewald Balser, den Octavio Albin Skoda, den Max Walter Reyer, Wallensteins Tochter Thekla mit anrührender Stimme Agloja Schmid. Sie und viele andere machen eine heute nicht mehr vorhandene Sprachkultur deutlich; alle lassen sich auf Schillers Pathos ein und zügeln es gleichzeitig; sie beherrschen gleichermaßen die große Szene und das intime Gespräch. Man hört voller Spannung zu.
Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze ? Oh doch, manchmal schon!
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