Trotz zahlreicher Bedenken hat das Europäische Parlament am 13. April mit deutlicher Mehrheit die Aufnahme von Bulgarien und Rumänien in die Europäische Union gebilligt. Doch erst Konsultationen des Luxemburger EU-Vorsitzes mit den Regierungschefs einiger Länder über Finanzierungsfragen hatte eine von mehreren Fraktionen beantragte Verschiebung der Abstimmung verhindern können.
Damit können wie geplant am 25. April die Beitrittsverträge beider Länder in Luxemburg unterzeichnet werden. Die Staats- und Regierungschefs der Union hatten die Aufnahme der Länder auf ihrem Gipfeltreffen im Dezember 2004 beschlossen. Der Beitritt der beiden Länder zur EU ist für 2007 vorgesehen. Voraussetzung ist, dass sie bis Ende 2006 alle Beitrittskriterien erfüllen.
Im Gegensatz zur Erweiterungsrunde 2004 hat sich Brüssel jedoch eine kleine Hintertür offen gelassen: Sollten nicht alle Voraussetzungen erfüllt werden, kann die EU den Beitritt auf 2008 verschieben.
Da das Straßburger Parlament nach dieser Abstimmung bis zur Ratifizierung der Verträge nicht mehr in die weiteren Entscheidungsprozesse eingebunden sein wird, forderten die Abgeordneten, wegen der ungewissen Situation bei der möglichen Anwendung von Schutzklauseln für Rumänien und Bulgarien einbezogen zu werden.
Während Erweiterungs-Kommissar Oli Rehn den Wunsch des Parlaments unterstützte, blieb Luxemburgs Europaminister Nicolas Schmit als Vertreter des Ministerrats eher zurückhaltend. Die Position des Parlaments werde stets berücksichtigt, so Rehn.
In der Entschließung, die zusammen mit der Beitrittsempfehlung verabschiedet wurde, wurden die von Bulgarien erreichten Vorbereitungen als "hervorragende Fortschritte" bezeichnet. Fraglich bleibt aber, ob die Regelungen jetzt auch in die Praxis umgesetzt werden. Kritik erntete Bulgarien allerdings für das Vorhaben, die Reform der Strafjustiz erst zusammen mit einer völlig neuen Strafprozessordnung vorzunehmen. Auch die weitere Bekämpfung der Korruption in dem Balkanstaat wurde angemahnt. Als positiv wurde dagegen das Projekt "Jahrzehnt der Integrierung der Roma" bezeichnet. Die alltägliche Benachteilung der Volksgruppe der Roma ist in Bulgarien noch immer groß. Für einen Beitritt Bulgariens sprachen sich 522 Abgeordnete aus. Dagegen stimmten 70 Abgeordnete, bei 69 Enthaltungen.
Weniger positiv fiel die Beurteilung Rumäniens aus. In der Entschließung wurden zwar die Reformanstrengungen sowie die Verpflichtung der neuen Regierung, die Medienfreiheit und das Bildungssystem zu verbessern, gewürdigt. Doch die Mängelliste bleibt lang: Die wirksame Umsetzung der Reformen in der Verwaltung und im Justizwesen, die Bekämpfung der Korruption, die Beseitigung von Gewalt und Diskriminierung gegen Minderheiten und die Verbesserung der Lage von Patienten in psychiatrischen Krankenhäusern sind nur einige Beispiele. 497 Abgeordnete stimmten für einen Beitritt des Landes, 93 Parlamentarier votierten dagegen und 71 enthielten sich der Stimme.
Wenige Stunden zuvor waren diese Ergebnisse noch nicht zu erwarten gewesen. Denn im sogenannten Trialog zwischen Parlament, Ministerrat und Kommission konnte über das Haushaltsverfahren zu den Auswirkungen des Beitritts keine Einigung erzielt werden. Daraufhin hatte die EVP-Fraktion am Vorabend einen Antrag auf Verschiebung der Abstimmung beschlossen. Nach unzähligen Gesprächen hinter den Kulissen wurde wenige Minuten vor der Abstimmung im Parlament doch noch die Zustimmung zu einer gemeinsamen Erklärung erreicht. Damit werden die Ausgaben für die Erweitung jetzt vom Parlament bewilligt werden. Zudem wird sichergestellt, dass der Beitritt auch in der Finanzplanung der EU von 2007 bis 2014 berücksichtigt wird. H.H.