Für Laien ist das Vokabular der Tarifpartner oft verwirrend und unklar. Wer verstehen will, worüber Politiker und Gewerkschaften streiten und mitreden möchte, muss auch die Termini beherrschen. Deshalb haben wir ein kleines Tarif-Lexikon zusammengestellt.
Arbeitsmarkpolitik, aktive: Bezeichnet sämtliche
Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und somit
auch zur Förderung des Wirtschaftswachstums sowie zur
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Hierzu zählen
Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, Umschulungen oder
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Wichtigster Träger der
Arbeitsmarktpolitik ist die Bundesanstalt für Arbeit.
Arbeitsrecht, kollektives: Ordnet die Interessenwahrnehmung sowie die Gestaltung von Arbeitsbedingungen der gesamten Arbeitnehmerschaft. Dazu gehören das Tarifvertragsrecht, das Arbeitskampfrecht, das Betriebsverfassungsrecht.
Aufsichtsrat: Gesetzlich vorgeschriebenes Kontrollorgan bei Kapitalgesellschaften oder GmbHs mit mehr als 500 Arbeitnehmern. Der Aufsichtsrat besteht aus gewählten Vertretern der Anteilseigner. Er prüft den Jahresabschluss, ohne jedoch unmittelbar in die Unternehmensleitung einzugreifen. Daneben berät, kontrolliert und beruft der Aufsichtsrat den Vorstand bzw. setzt diesen ab.
Betriebsvereinbarung: Schriftlicher Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und seiner Belegschaft (vertreten durch den Betriebsrat), in dem Rechte und Pflichten enthalten sind, die nicht durch den Tarifvertrag geregelt werden. Dies sind zum Beispiel Regelungen zu gleitenden Arbeitszeiten oder Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung.
Betriebsverfassung: Regelt die Beteiligung der Arbeitnehmer an den sozialen, personellen, und wirtschaftlichen Belangen des Betriebes, wie in etwa Urlaubszeiten, Beförderungen oder Abfindungen. Belegschaften von mindestens fünf Arbeitnehmern können sich eine Betriebsverfassung geben.
Corporate Governance: Kodex, der alle Grundsätze für die Leitung und die Überwachung eines Unternehmens umfasst. Corporate Governance soll ein effizientes System von "checks and balances" in einer Aktiengesellschaft garantieren. Die Grundsätze betreffen das Verhältnis von Aufsichtsrat, Vorstand und Hauptversammlung sowie das Verhältnis der (Aktien-)Gesellschaft zu außenstehenden Personen oder Unternehmen.
Ein-Euro-Job: Gemeinnützige Arbeiten, durch welche die Empfänger des Arbeitslosengeldes II wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden sollen, ohne reguläre Stellen zu gefährden. Die Vergütung liegt zwischen einem und zwei Euro je Stunde.
Entlohnung, variable: Flexibilisierter Lohn, bei dem die Höhe der Zahlung durch individuelle Leistungen oder anhand von Zielvereinbarungen bestimmt wird. Oftmals erfolgt die Maßgabe nach dem Unternehmensertrag. Der Arbeitnehmer wird faktisch zum Mitunternehmer, da seine Entlohnung an das wirtschaftliche Risiko aber auch an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens gebunden ist.
Flächentarif: Sind Tarifabschlüsse, die nicht nur für ein einzelnes Unternehmen sondern bundesweit oder regional nach Tarifbezirken für die gesamte Branche gelten. Flächentarifverträge werden zunehmend kritisiert, da sie ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation der individuellen Unternehmen gültig sind.
Flexibilisierung: Übergang von formalisierten Arbeitsverhältnissen (feste Arbeitszeiten, tarifliche Löhne etc.) zu einer Organisation der Lohnarbeit, welche weitestgehend ohne feste Vorgaben auskommt. Das Unternehmen soll somit besser auf die Auftragslage reagieren können und seine Produktivität steigern.
Haustarifvertrag: Tarifvertrag, welchen die Gewerkschaft zur Regelung der Arbeits- und Einkommensbedingungen mit nur einem einzelnen Unternehmen schließt. Haustarifverträge werden oftmals in Form eines Anerkennungsvertrages ausgestaltet, womit die Anwendung des entsprechenden Flächentarifvertrages vereinbart wird.
Ich-AG: Von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Existenzgründung für Kleinstunternehmer. Förderungsvoraussetzungen sind die Arbeitslosigkeit des Antragstellers sowie die Vorlage eines tragfähigen Geschäftskonzeptes. Der Existenzgründer bleibt für drei Jahre sozialversichert und erhält in diesem Zeitraum einen steuerfreien Zuschuss von monatlich 600 Euro im ersten Jahr, 360 Euro im zweiten Jahr und 240 Euro im dritten Jahr.
Kündigungsschutz: Gesetzlich festgelegte Regelungen, welche die Kündigung eines Arbeitsvertrags verhindern oder erschweren. Der Kündigungsschutz gilt erst für Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitern und soll vor Entlassungen ohne personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe schützen.
Mitbestimmung, Unternehmens-: Meint die Partizipation der Belegschaft an unternehmerischen Planungen und Entscheidungen. Hierzu werden Vertreter der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat und in den Vorstand entsandt. Das Mitbestimmungsgesetz gilt für Firmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten.
Mitbestimmung, betriebliche: Regelt sämtliche betrieblichen Angelegenheiten wie etwa die Verteilung der Arbeitszeit, die Personalauswahl oder die Leis-tungskontrolle. Das Organ der betrieblichen Mitbestimmung ist der gewählte Betriebsrat, welcher die Interessen der Belegschaft vertritt und Mitentscheidungs-, Mitsprache- sowie bloße Informationsrechte besitzt.
Öffnungsklausel: Ist eine tarifvertragliche Vereinbarung, welche Abmachungen zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern zulässt, die vom Tarifvertrag abweichen. Hierzu gehören zum Beispiel mögliche Lohnabschläge bei schlechter Wirtschaftslage.
Streikrecht: Ist ein Grundrecht, das durch die Koalitionsfreiheit (Art. 9, Abs. 3 GG)) abgedeckt und zusätzlich in den einzelnen Landesverfassungen geregelt wird. Lediglich für Beamte besteht kein Streikrecht. Ein Streik dient zur Durchsetzung arbeitsrechtlicher Forderungen (Lohnerhöhung, Arbeitszeitverkürzung etc.). Der Staat hat bei einem Arbeitskampf (Auseinandersetzung zwischen gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern und Unternehmen) neutral zu bleiben. Tarifautonomie: Arbeitgeber und Arbeitnehmer legen in freier Vereinbarung die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen fest, ohne dass der Staat Einwirkung nehmen kann. Die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften sind zuständig für Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen sowie für Pausenregelungen, Wochenarbeitszeit und den Urlaub. Der Staat kann lediglich per Sozialpolitik Rahmenbedingungen setzen, wie etwa eine Obergrenze für die maximale Arbeitszeit oder eine Untergrenze für den Mindesturlaub.
Tarifpartner: Hierzu gehören zum einen die Arbeitgeberverbände, die in Form von eingetragenen Vereinen für die Belange der Unternehmen eintreten. Zum anderen sind dies die Gewerkschaften, welche sich für die Arbeitnehmerinteressen einsetzen. Die Tarifpartner handeln stellvertretend für die Unternehmen und die Arbeitnehmer Tarifverträge aus.
Tarifvertrag: Sind Rechtsnormen, die die Arbeitsverhältnisse zwischen den Mitgliedern der jeweiligen Tarifpartner regeln. Unterschieden wird zwischen Lohn- /Gehaltstarifverträgen, welche die Höhe des Arbeitsentgeltes festlegen, Rahmentarifverträgen, die über die Zuordnung von Arbeitnehmern zu Lohn- und Gehaltsklassen befinden, und Manteltarifverträgen (Regelung von allgemeinen Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeit, Urlaub, Kündigungsfristen und Abfindungen).
Michael Münch ist Praktikant in der Redaktion "Das
Parlament".