Diesen Sieg kann ihm wohl niemand mehr nehmen. Alle Herausforderer hat er hinter sich gelassen. Die Rede ist von Jörg Tauss, Bundestagsabgeordneter der SPD. Und die Disziplin, in der er seinen beeindruckenden Sieg errungen hat, nennt sich "Zwischenrufen". Mit "Zwischenrufen" sind jene mehr oder weniger intelligenten, informativen, humorvollen verbalen Einlassungen gemeint, wenn am Rednerpult des Bundestages eigentlich ein anderer Parlamentarier oder andere Parlamentarierin das Wort hat. Nachzulesen und auszuzählen sind diese Zwischenrufe im Plenarprotokoll des Bundestages. Dort finden sich alle Reden der Abgeordneten vor dem Hohen Haus, nebst den dazugehörigen Beifalls- oder Unmutsbekundungen aus dem Plenum und eben jenen Zwischenrufen wieder - fein säuberlich aufgezeichnet vom Stenografischen Dienst.
Rund zwei Wochen nachdem die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten am 1. Juli Bundeskanzler Gerhard Schröder wunschgemäß das Vertrauen verweigert hat, präsentierte die Satire-Zeitschrift "Helgoländer-Vorbote" ihren Lesern das Ergebnis ihrer Auszählung aller Zwischenrufe, die in den 185 Sitzungen der 15. Legislaturperiode die Ohren ihrer Hörer erfreuten oder erzürnten - 57.854 waren es insgesamt. Und davon gehen allein stolze 2.736 auf das Konto von Jörg Tauss. Der 52-jährige Baden-Württemberger ist ganz offensichtlich ein kommunikativer Mensch - wahrscheinlich hat ihn deswegen seine Fraktion auch zum Medienbeauftragten gemacht.
Wie hoch der Sieg des Sozialdemokraten einzuschätzen ist, zeigt ein Blick auf die Tabelle: sein Fraktionskollege Wilhelm Schmidt auf Platz zwei kann lediglich 1.734 Zwischenrufe vorweisen und der Unionsabgeordnete Steffen Kampeter auf Platz drei nur 1.709. Nun werden sich die Abgeordneten Anfang September voraussichtlich zwar noch einmal zu einer Sitzung des Bundestages versammeln, aber dieser Vorsprung ist selbst unter übermenschlichen Anstrengungen nicht mehr einzuholen. Spannend könnte es im Wettstreit um den Titel des Parlamentarischen Zwischenrufer-Königs nur dann werden, wenn das Bundesverfassungsgericht die Auflösung des Bundestages für verfassungswidrig erklären würde. Ansonsten kann Tauss schon einmal den Champagner kühlen, um am Tag der Konstituierung des 16. Bundestages - bis dahin läuft laut Grundgesetz die 15. Legislaturperiode - auf seinen dann auch verfassungsrechtlich einwandfreien Sieg anzustoßen.