Familie, Sippe, Stamm, Kriegshorde, das Dorf, der Stadtstaat, die Polis, das Königreich, das Imperium und schließlich die Nation bildeten im Laufe der Jahrtausende die wesentlichen Größen. Aber weltgeschichtliche Bedeutung haben Nationen erst seit dem 16. und 17. Jahrhundert erlangt: zuerst in Europa, 1776 in Nordamerika, ab 1810 in Lateinamerika, zumeist erst nach 1945 in Afrika und Asien.
Wie und wann reißen sich Nationen aus größeren politischen Einheiten wie zum Beispiel Imperien los? Wie entwickeln sie sich umgekehrt aus kleineren Einheiten, aus Stämmen, Volksgruppen, religiösen Gemeinschaften zu Staaten und Nationen? Wie integrieren sie sich in den Bauvorgang einer entstehenden Nation? Und wie sieht schließlich die Wechselwirkung zwischen Staats- und Nationenbildung aus?
Manche sprechen vom Wachstum, andere bevorzugen den Begriff Nationenbildung, wiederum andere betonen nationale Entwicklung. Wachstum suggeriert eine organische Entwicklung und unterstellt Kreisläufe von Blüte, Reife, Verfall und Absterben, wie die alten Griechen vermuteten. Nationale Entwicklung suggeriert Freiheit und Offenheit. Im Gegensatz dazu beinhaltet Nationenbildung ein architektonisches, ja mechanistisches Entwicklungsmodell, so wie ein Haus, das nach verschiedenen Entwürfen nach dem Willen und Vermögen seines Bauherren errichtet wird.
Die Entscheidung für eine nationale Orientierung hängt oft von der Selbstbehauptung gegenüber einem gemeinsamen Feind ab. Das spanische Volk fand seine staatliche Identität im Kampf gegen die arabische Vorherrschaft, Deutschland 1870/71 im Krieg gegen Frankreich und die Gründung der USA 1776 ist ohne den erfolgreichen Unabhängigkeitskrieg gegen die englischen Kolonialherren nicht denkbar.
Nation ist also das Ergebnis von Transformation eines Volkes innerhalb eines umfassenden Mobilisierungsprozesses. Die Menschen entdecken, dass sie ihre Interessen im politischen und ökonomischen Wettbewerb optimal im Nationalstaat und dann möglichst kooperativ aber auch in Bereitschaft zur Konfrontation fördern können. In einer Welt extremer Unterschiede mit Blick auf Lebensstandard, Sicherheit etcetera neigen Menschen dazu, die Nation instrumental zur Verbesserung ihrer eigenen Lebenssituation gegenüber ihrem Nachbarn zu gebrauchen.
Diese Erkenntnis erfordert gerade in Deutschland ein gewisses Umdenken, denn der Nationalsozialismus hat das nationalstaatliche Denken und Handeln rassistisch und kriegerisch pervertiert, so dass die Deutschen seitdem ihre neue Identität lieber im europäischen Gemeinschaftsrahmen suchen. Auch nach der Vereinigung Deutschlands 1990 wurde konsequenterweise die europäische Integration forciert, während nationalstaatliche Bewusstseinsbildung weitgehend ausblieb. Im Zuge forcierter Globalisierung in den 90er-Jahren schien das Absterben des Nationalstaates vorprogrammiert und aus deutscher Sicht sogar wünschenswert. Doch haben sich die Globalisierungsoptimisten geirrt, die dem Nationalstaat das Totenglöckchen läuten wollten. Unter dem Eindruck der dunklen Seiten der Globalisierung, der neuen Kriege und Bürgerkriege seit den 90er-Jahren und vor allem hinsichtlich des 11. Septembers 2001 und des Anstiegs vom weltweiten islamistischen Terror hat sich das Verlangen der Menschen nach mehr und besserem staatlichen Schutz vergrößert.
Vor allem in den ärmeren Regionen der Welt ist der Mangel an nationalstaatlicher Leistungsfähigkeit zum Problem geworden, so dass dort Terror, Rückständigkeit, zusammengebrochene Staatsstrukturen und die Gefahr von Massenvernichtungswaffen auch zur Gefahr für die Weltpolitik geworden sind. Das Beispiel von neuem Nationenbau an der Schwelle des 21. Jahrhunderts in Mittel- und Osteuropa bleibt Produkt einer genuinen Entwicklung und lässt sich kaum auf andere Länder und Kontinente übertragen.
Auch in Europa scheint sich der Integrationsprozess - also der Zusammenschluss der Mitgliedsstaaten zu einem Bundesstaat - festzulaufen. Keine Nation will sich völlig aufgeben. Der Selbstbehauptungsnationalismus, hautpsächlich in Osteuropa beheimatet, aber auch in Frankreich verankert, macht Schule. Deshalb ist eine neue Balance zwischen Nation und Integration nötig. Die nationalstaatlichen Industriedemokratien in der Triade Nordamerika, Europa, Japan beweisen weltweit gesehen kluge Anpassungs- und neue Steuerungsfähigkeiten bei den neuen Herausforderungen. Doch während die USA und die Mehrheit der asiatischen Nationalstaaten die Globalisierung als Chance nutzen, schwächeln die meisten europäischen Nationalstaaten, weil das Gemeinschaftsprojekt überdehnt wurde und es ihnen andererseits an genügend nationalstaatlicher Selbstbehauptung fehlt. Sie haben die Wohlfahrtsstaatlichkeit übertrieben - insbesondere in Deutschland und Frankreich - und erscheinen heute ratlos, Staat und Nation konsequent und kraftvoll umzubauen. Nation-Building beginnt also zu Hause!
Bevor Deutsche und andere Europäer kluge Ratschläge in der Dritten Welt verteilen, sollten sie erst sich selbst beispielhaft auf die neuen Herausforderungen einstellen. So wirkt es wenig überzeugend, wenn die ratlosen Demokraten in Europa kluge Modelle für weltweites "Nationenbauen" anbieten, aber selbst schwächeln und dazu noch protektionistisch und möglichst risikolos ihre Privilegien gerade im Nord-Süd-Verhältnis der Weltpolitik aufrecht zu erhalten suchen. Nation-building "à la carte européenne" war schon die falsche Antwort in den 60er-Jahren. Sie war eher Zeichen von schlechtem postkolonialen Gewissen. Entwicklungshilfe wird heute leider noch zu oft in diesem Sinne fantasielos fortgesetzt.
Doch schon in den 50er-Jahren waren die Versuche der transatlantischen Industrienationen, aber auch der sozialistischen Führungsmächte Sowjetunion und Rot-China gescheitert, die Staaten und Nationen der Dritten Welt nach ihrem eigenen Vorbild zu modernisieren. Beide Lager verstanden Nation-Building im Kontext des Kalten Krieges als Alternative zur Gegenseite. Beide scheiterten, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Seit dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums im Jahr 1991 ist das sozialistische Modell zwar weltweit diskreditiert. Aber, so scheint es, der Westen will von eigenen Erfahrungen nichts lernen. Nach wie vor scheitert Nation-Building, vor allem in Afrika und im Nahen Osten, weil die andersartigen historischen, kulturellen und sozialen Bedingungen verkannt werden und das Füllhorn westlicher Entwicklungshilfe weiter primär den korrupten Eliten zugute kommt. Folglich werden gerade in Afrika zerfallene Staaten, korrupte Regime, zerstrittene Volksgruppen und neue organisierte Kriminalität im globalen Ausmaß nicht eingedämmt, sondern gestützt. Insbesondere in der muslimischen Welt wirkt seit dem Irak-Krieg der Westen eher als abschreckendes Beispiel.
Wie soll Nation-Building heute weltweit vor diesem Hintergrund stattfinden? Soll der Westen im Zeichen von Demokratie und Menschenrechten Staaten durch nicht militärische Hilfe (wieder) herstellen oder soll durch humanitäre Intervention, sogar durch Krieg wie im Fall Irak, Nation-Building rigoros erzwungen werden? Wann, wie und mit welchen Mitteln können Nationalstaaten oder Gemeinschaftsinstitutionen intervenieren, um Staaten aufzubauen?
Der Grundsatz, dass sich die Staaten dieser Welt nicht in andere Staaten einmischen, sollte neu belebt werden. Denn staatliche Souveränität gilt nach wie vor als zentrales Struktur- und Handlungsprinzip in einem System souveräner Nationalstaaten. Hungerkata-strophen, Genozid, Terror und zerfallende Staaten lassen die Staatengemeinschaft von diesem Grundprinzip zwar immer öfter abrücken. Leider zeigen die Interventionen seit den 90er-Jahren aber kaum durchschlagenden Erfolg. Die Bilanz der vergangenen 15 Jahre von humanitärer Intervention ist sehr enttäuschend. Die Hilfs- und Unterstützungsprogramme der reichen Industrienationen, vor allem im Rahmen der UNO, haben als traditionelle Entwicklungshilfe aufs Ganze gesehen ebenfalls kaum Fortschritte gebracht und eher dazu gedient, unmenschliche Regime zu stabilisieren. Drohungen mit diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Sanktionen bis zum Extremfall des Einsatzes militärischer Mittel bilden ein weites Spektrum von Maßnahmen, die mit dem Einrichten von Flugverbotszonen beginnen und mit dem Einsatz von Streitkräften enden können. Doch Vorsicht ist geboten: Der Schritt von der humanitären Intervention kann schließlich zum Protektorat führen.
Außerdem werden in der Regel die Probleme verschärft, wenn mehrere Staaten oder Gemeinschaftsinstitutionen handeln. Rivalisierende Interessen und unterschiedliche Einstellungsmuster führen zu oft dazu, dass gutgemeinte Interventionen unter hohen Reibungsverlusten Blockaden und Widersprüchlichkeiten produzieren oder sogar die Zielsetzungen gefährden.
Leider gibt es kein Patentrezept für erfolgreiches Staaten- oder Nation-Building. Viele Faktoren müssen eigentlich zusammenwirken, wie zum Beispiel in OstTimor oder vorübergehend in Bosnien. Voraussetzung bei beiden Interventionen war jedoch die Bereitschaft der UNO, militärisch einzugreifen, Kriege zu unterbrechen oder Aggressoren in die Schranken zu weisen.
Doch ansonsten überwiegen die negativen Beispiele. Die humanitäre Solidarität wird allzu oft missbraucht. Vor allem die Form der so genannten "humanitären Intervention" hält Kriege eher am Laufen. Die Warlords, die Mafiosi und autokratischen Regimes von auseinanderbrechenden Staaten nutzen die mediale Inszenierung von Hunger und Elend, damit internationale Hilfsorganisationen herbeieilen und dann im Land ausgenutzt werden können. Flüchtlingslager begünstigen neue Brutstätten der Gewalt. Die Lieferungen von Lebensmitteln und Medikamenten kommen nicht nur den Bedürftigen, sondern auch den Armeen der Warlords und Diktatoren zugute. Alle suchen hiervon zu profitieren. So hat sich Solidarität angesichts des menschlichen Leids in zerfallenden Staaten zu einem Bestandteil moderner Kriegsfinanzierung im Rahmen der asymmetrischen Kriege entwickelt. Ein Teil der Güter darf im Lager ausgegeben werden, den anderen Teil sichern sich die Kriegsfürsten, um damit Loyalitäten und Abhängigkeiten zu schmieden und nicht zuletzt die eigenen Einkünfte zu erhöhen. Zivile Intervention ist also risikoreich. Aber unbeteiligtes Abseitsstehen kann nicht die Alternative sein, wie der Völkermond in Ruanda 1994 zeigte.
Er war nicht der spontan-archaische Ausbruch von alten Stammesfehden, sondern eine bewusste, kalkuliert geplante Entscheidung einer brutalen Militärjunta sich durch Hass, Angst und Vertreibung die Macht zu sichern. Die UNO und die hauptverantwortlichen Weltmächte sahen weg. Auch im Ruanda wurden keine UNO-Truppen zur Intervention bereitgestellt. Andernorts, wo sie für Ordnung und Sicherheit sorgen sollten, fehlten sowohl ein so genanntes "robustes Mandat" - so lautet im UN-Jargon das bewaffnete Mandat - als auch genügend Zivilcourage, geschweige denn politische und militärische Entschlossenheit, um Mord und Terror zu stoppen.
UN-Truppen sahen in den 90er-Jahren auf dem Balkan den Bürgerkriegen eher zu, da sich die Mächte des UN-Sicherheitsrates nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten. Auch sind die bunt zusammengewürfelten UN-Truppen durch Fälle von Korruption und Vergewaltigung ihrer Schutzbefohlenen selbst in Misskredit geraten. Die Friedenseinsätze der Vereinten Nationen bedürfen einer dringenden Reform. Das institutionalisierte und beschönigende "Weltgewissen UNO" ist eher eine eitle Selbstbespiegelung und hält der Realität nicht stand.
Auf diese Weise kann der dramatisch angestiegenen Privatisierung und Kommerzialisierung des Krieges, vor allem durch reine humanitäre Intervention nicht erfolgreich begegnet werden. Wo staatliche Strukturen zerstört werden, wo staatliche Akteure sich an der Plünderung von Ressourcen beteiligen, eigene Milizen gründen oder die Armee kommerzialisieren, wo also Bürgerkriegs- und Gewaltökonomien eine zentrale Rolle spielen und wo keine Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten, zwischen politischen und ökonomischen Akteuren mehr möglich ist, wo das militant abgedeckte Verbrechen rücksichtslos um sich greift, kann humanitärer Idealismus nicht reüssieren.
Die Schwachen müssen durch militärische Entschlossenheit und nachhaltiges Engagement von außen beim staatlichen beziehungsweise nationalen Wiederaufbau abgestützt werden. Doch muss zuvor Klarheit über den angestrebten politischen und militärischen Endzustand herrschen. Ansonsten degeneriert die militärische Intervention zum Selbstzweck.
Nicht diffuse Humanität, sondern nüchterne Interessensorientierung tut also beim Nation Building Not. Voraussetzung kann der erzwungene Regimewechsel sein, aber dem von außen herbeigeführten Regimewechsel muss ein planmäßiger und langfristiger Wiederaufbau folgen. Es nützt nichts, den Krieg zu gewinnen, aber den Frieden zu verlieren.
Der Rückblick ins 20. Jahrhundert verweist nicht nur bei der UNO, sondern auch beim wichtigsten internationalen Akteur, den USA, auf eine ambivalente Bilanz des Nation-Building: Auf den Philippinen, in Mexiko und in den mittelamerikanischen Kleinstaaten wirkte amerikanische Intervention primär stabilisierend. In Japan und Deutschland, in Südkorea und in Taiwan war das amerikanische Nation Building nach 1945 sogar außerordentlich erfolgreich. Im karibischen Raum hingegen blieb der Erfolg aus und in der mittelamerikanischen Nachbarschaft sowie in Südvietnam wurde es sogar zur Katastrophe.
In der muslimischen Welt wird Nation-Building von außen heute als Bedrohung, als Ausdruck eines westlich-universalen Missionsgedankens verstanden. In Mittel- und Osteuropa hingegen werden die USA als stärkste demokratische Macht bestätigt, ohne die die Idee vom souveränen demokratischen Nationalstaat in Europa nicht überlebensfähig gewesen wäre. Das 20. Jahrhundert hat von 1917 an, als die Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg eintraten, die Rolle der USA als wichtigsten Nation builder eindrucksvoll bestätigt. Indes fehlt den Amerikanern ein Konzept für erfolgreiches Nation-Building zu Beginn des 21. Jahrhunderts in den nicht-europäischen Teilen dieser Welt.
Doch nicht nur die oft gescholtene USA alleine, sondern auch die vermeintlich besserwissende Weltgemeinschaft sieht sich damit konfrontiert, dass 43 Friedensoperationen der Vereinten Nationen im vergangenen Vierteljahrhundert mit dem Ziel des Nation- Building gescheitert sind. Gerade in Afrika, wo mehr als ein Drittel aller bisherigen Blauhelmeinsätze stattfanden, blieb der Erfolg aus. Entschlossene Diktatoren und vor allem solche, die selbst den Genozid ihres Volkes nicht scheuen, wie Saddam Hussein im Irak, sind alleine durch humanitäre Interventionen nicht zu stoppen. Somalia, Haiti, Bosnien, Kosovo, Afghanistan und Irak - wohin man schaut, nirgends überzeugende Erfolge beim Aufbau gescheiterter Staaten. Was hat der Westen, der das größte Interesse an Nation-Building hat, falsch gemacht?
Jeder Nationalstaat oder jede Gemeinschaftsinstitution sollte nur dann den riskanten Weg der Intervention einschlagen, wenn grundlegende eigene nationale Interessen auf dem Spiel stehen und wenn sich ein Völkermord abzeichnet. Interessen und Verantwortungsbewusstsein müssen stärker zusammenwirken.
Die Probleme der Staatenbildung sind im Wesentlichen politischer und kultureller, aber weniger militärischer Natur. Trotzdem gibt es keine standardisierte Vorgehensweise. Was hier richtig ist, mag dort falsch sein. Aber sich stets auf die zentralisierte Kontrolle über einen gescheiterten Staat zu konzentrieren, war der falsche Weg. Vielmehr empfiehlt sich, ein von unten nach oben organisierter, dezentraler (Wieder-) Aufbau von Staaten und Nationen. Der Zusammenbruch von Nationalstaaten ist ja prinzipiell die Folge von übersteigerter und fehlgeleiteter Zentralisierung.
Die Bedeutung lokaler Faktoren als Voraussetzung für den Aufbau von Institutionen, Strukturen und Mentalitäten ist die Nagelprobe für den Erfolg: Lokale Eliten müssen die ersten Adressaten sein. "Erfahre soviel wie möglich über die Stämme. Lerne ihre Familien, Sippen und Titel, Freunde und Feinde, ihre Brunnen, Hügel und Straßen kennen", wie Lawrence von Arabien (Thomas E. Lawrence, 1888-1935) als Kenner arabischer Mentalität seinen arabischen Freunden im Kampf gegen die osmanische Herrschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts empfahl.
Intervenierende Staaten und Organisationen sollten sich auf die Position des Beraters oder Förderers beschränken, aber niemals selbst die Führung übernehmen: "Je weniger deutlich man interveniert, desto eher kann man auch Einfluss ausüben", so Lawrence von Arabien, der vor allem die Interventionisten davor warnte, sich die Position eines Richters anzumaßen.
Kenntnis, Sensibilität, ja Liebe für die fremdartigen, wirtschaftlichen, sozialen, soziologischen, historischen und kulturellen Faktoren des Landes sind zentral für Erfolg. Legitimität der Intervention stellt sich erst dann ein, wenn man die kulturellen Normen des Landes versteht und nicht, in dem man westliche Muster überträgt und überstülpt. Das wird nicht als Hilfe, sondern als Bedrohung empfunden! Man muss Land und Bevölkerung in ihrem Wesen begreifen und achten, aber nicht erziehen wollen.
Staaten lassen sich nicht aus der Erde stampfen, lassen sich nicht wie Wolkenkratzer bauen. Vielmehr brauchen sie Zeit, um in langen Zeiträumen zu wachsen. Wer interveniert, muss wissen, dass er entweder solche Gebäude, wie marode sie auch sein mögen, nur mit großen Anstrengungen umgestalten kann. Wer von außen eingreifend mitbauen will, muss sich auf jahrzehntelanges Engagement einstellen.
Professor Christian Hacke lehrt Politikwissenschaften an der
Universität Bonn.