Die Opposition reagierte mit bissigen Kommentaren auf die Entwicklung, in der sie einen weiteren Machtverlust Stoibers sieht. Mit dem Vorziehen der Kabinettsumbildung will die CSU eine weitere Hängepartie mit zermürbenden Personalspekulationen verhindern. Für den Ministerpräsidenten bedeutet dies auch eine Chance, wieder Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, nachdem die Regierungspartei laut einer Umfrage in der Wählergunst unter die absolute Mehrheit gerutscht ist.
Das Revirement war notwendig geworden, weil Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (61) einem Ruf in den Vorstand der Deutschen Bahn AG folgte. Seinen Posten übernimmt der bisherige Staatskanzlei- und Reformminister Erwin Huber (59), der unlängst noch - als Konkurrent von Innenminister Günther Beckstein (62) - für den dann doch nicht frei gewordenen Sessel von Stoiber kandidieren wollte.
An Hubers alten Schreibtisch wird der bisherige Europaminister Eberhard Sinner (61) ziehen, nachdem in der Fraktion dem Vernehmen nach gegen Stoibers Favoriten für dieses Amt, Umweltminister Werner Schnappauf (52), erheblicher Widerstand laut geworden war. Für Sinner rückt im Kabinett als dritte Ministerin die derzeitige Umwelt-Staatssekretärin und Vorsitzende der CSU-Frauenunion, Emilia Müller (54), nach. Deren Geschäfte übernimmt der bisherige CSU-Fraktions-Vize und Münchner CSU-Chef Otmar Bernhard (59).
Vor allem aus den Reihen der Jungen Union war ursprünglich eine "klare inhaltliche und personelle Erneuerung" gefordert worden, wie es JU-Chef Manfred Weber formulierte. Der Nachwuchs wollte einen Generationswechsel in "einem der ältesten Kabinette Deutschlands". Doch das hätte auch die Auswechslung etablierter Spitzenkräfte bedeutet, was neue Unruhe in Fraktion und Partei gebracht hätte. Unter anderem Fraktionschef Joachim Herrmann wird mit der Äußerung zitiert, dass Dynamik "nicht nur eine Frage des Geburtsscheins" sei. So begnügte sich Stoiber vorerst mit einer kleinen Lösung, ließ aber durchblicken, dass eine größere Umbildung noch vor der Bayernwahl 2008 folgen werde.
SPD-Fraktionschef Franz Maget wertete die vorgesehene Kabinettsumbildung als "minimales Notprogramm" ohne neue Perspektiven und Inhalte. Stoiber sei längst nicht mehr Herr des Verfahrens und das Notprogramm ein weiterer Beleg für die nachhaltige Schwächung Stoibers. Auch die Grünen sprachen von einem "weiteren Beleg für den fortschreitenden Autoritätsverfall" des Ministerpräsidenten. Stoiber habe es nicht mehr im Kreuz, sich gegen wachsenden Druck aus den eigenen Reihen durchzusetzen, meinte Fraktionschef Sepp Dürr und betonte, Bayern brauche jetzt den "großen Wurf" statt einer kleinen Lösung.