Was erfährt man von der deutsch-deutschen Vergangenheit, wenn man heute nach Berlin reist? Man sieht einen gepflasterten Mauerstreifen, der sich kreuz und quer durch die Straßen schlängelt, und der einem manchmal kurz vergegenwärtigt: Hoppla - da war doch noch was. Die Stadt war zweigeteilt, das Land war zweigeteilt, doch was bleibt davon übrig? Zwar gibt es noch einige Mauerreste zu bestaunen, derzeit auch auf dem Potsdamer Platz, aber was erzählen Mauerreste über ein ganzes Land? Das Interesse von Einheimischen und Touristen am Thema DDR zeigt sich etwa an den vielen Besuchern im Checkpoint Charlie Museum, dem bekanntesten Grenzübergang in Berlin. Im Alltag nimmt man diesen symbolischen Grenzübergang jedoch kaum wahr - die zugehörige Haltestelle der U6 heißt Kochstraße.
"Wir wollen zeigen, wie das alltägliche Leben hinter der Mauer aussah", sagt Peter Kenzelmann, Geschäftsführer der DDR Museum Berlin GmbH. Er will im Frühjahr 2006 am Hackeschen Markt ein DDR-Museum der besonderen Art eröffnen. Mehr als 15 Jahre nach dem Ende der DDR will das Museum die Lücke zwischen Mauer-Ausstellungen und Ostalgie-Shows schließen. "Bisher kann sich der Berlin-Besucher nur zwischen Mauer und Stasi bewegen - dies ist zwar wichtig, zeigt aber nicht alle Facetten." Grund genug für Peter Kenzelmann, ein Museum für Alltagskultur zu eröffnen.
Das Leben in der DDR abbilden - damit hat sich das Museum ein schwieriges Ziel gesetzt. Wie bildet man das Leben, die Alltagskultur eines ganzen Landes überhaupt ab? Die Antworten, die das DDR-Museum auf diese Frage gibt, wecken Interesse: Natürlich wird es nicht möglich sein, auf wenigen hundert Quadratmetern über 40 Jahre DDR-Geschichte zu rekonstruieren. Doch diesen Anspruch stellten sich den Betreibern gar nicht. "Wir planen keine erschöpfende museale Sammlung, sondern möchten Besuchern einen lebendigen, anregenden und authentischen Eindruck vermitteln", berichtet der zukünftige Museumsdirektor. Die Idee ist nicht die bloße Ausstellung von Exponaten, sondern einen interaktiven Ort der Information und Erinnerung zu schaffen. Auf Themeninseln wird der Besucher eingeladen zu verweilen und sich zu informieren. Die Sammlung umfasst die Bereiche Medien, Mode, Einkauf, Bildung, Arbeit, Familie, Wohnen und Freizeit.
Sehen, Hören und Fühlen sollen die Besucher das echte DDR-Leben. Die Gegenstände werden dafür in typischen DDR-Szenarien ausgestellt. Es wird keine Vitrinen geben, sondern dafür Touchscreenstationen an denen Infos zu Mode und Medien ertastet werden können - oder eben das legendäre Einkaufssystem mit seinen Angeboten erkundet werden kann. Wer will, kann zu den "erlebbaren Informationen" auch die harten Fakten bekommen: Fotos, Dokumente und Zeitzeugenberichte, denen man über Kopfhörer lauschen kann, runden das interaktive Konzept des Museums inhaltlich ab.
Am 7. Dezember ist das Museum unter "www.ddr-museum.com" online gegangen. Ein Durchstöbern der Museumsangebote lohnt sich auch schon vor der Eröffnung. Auf ihrer Homepage versuchen die Initiatoren, Kontakt zu den Besuchern zu knüpfen. Und das nicht ganz uneigennützig, denn die Ausstellungsmacher sind immer auf der Suche nach neuen Exponaten: "Ob Fotoalbum, Eierbecher, Kaffeemaschine oder Möbelstück - wir freuen uns über jeden, der seinen Dachboden für uns durchstöbert, aber auch über jede Idee, jedes Gespräch", so Projektleiter Robert Rückel. Und wer keine Uraltutensilien mehr hat, der kann künftig welche kaufen: Geplant ist auch ein DDR-Onlineshop.