Auch wenn alle deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet werden, ist das Thema Atomkraft noch nicht erledigt. Wie lange strahlt der hoch radioaktive Müll?
Radioaktive Abfälle enthalten Stoffe, die weit über eine Million Jahre strahlen. Solange haben sie auch ein Gefährdungspotenzial für Mensch und Umwelt. Für die Endlagerung der hoch radioaktiven Abfälle suchen wir nach einer Lösung, die den Atommüll für eine Million Jahre sicher vor Mensch und Umwelt verschließt. Das ist die Grenze der geologischen Prognose- fähigkeit.
Warum ist es so schwierig, ein Endlager zu finden?
Es gibt weltweit bisher noch keine zuverlässige Lösung für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle. Es geht nicht nur um die Frage, welches Wirtsgestein am besten geeignet ist. Wir müssen dabei auch einen möglichen Klimawandel berücksichtigen und tektonische Veränderungen wie Erdbeben für einen so langen Zeitraum ausschließen.
Im Salzbergwerk Asse in Niedersachsen sind in den 70er-Jahren radioaktive Abfälle eingelagert worden. Jetzt dringt dort Wasser ein. In Gorleben hat man Angst, dass aus dem geplanten Endlager ein ähnliches Desaster wird. Wie sicher ist das Bergwerk?
Das Bergwerk in Gorleben ist kein Endlager, sondern wird auf seine Eignung untersucht. Es gibt noch keine belastbare Aussage darüber, ob Gorleben als Endlager geeignet ist. Ich rate dazu, mögliche Wirtsgesteine wie Granit, Salz, Tongestein erst einmal zu vergleichen und auf dieser Basis eine Standortentscheidung zu treffen. Bei Asse hat man die Risiken unterschätzt. Die Standorte sind aber nicht vergleichbar. Asse ist ein altes Bergwerk, in Gorleben wird ein jungfräulicher Salzstock untersucht.
Wenn es keine Atomkraft mehr gibt, wie kann man dann künftige Generationen vor dem radioaktiven Nachlass warnen?
Es wird nicht möglich sein, alles über eine Million Jahre zu dokumentieren. So lange sind die Speichermedien von heute nicht haltbar. Das Wissen kann schon nach 500 Jahren verloren sein. Wir müssen verhindern, dass künftige Generationen zum Beispiel auf der Suche nach Rohstoffen in die Endlager eindringen. Das ist auch eine Frage des Gesteins: Granit ist hier nicht so gefährdet wie beispielsweise Salz.
Atomenergie wird schon wieder als Zukunftsenergie diskutiert. Ist Uran nicht eigentlich auch endlich?
Uran ist wie Öl und Gas ein nicht erneuerbarer Rohstoff und deshalb endlich wie andere auch. Hinzu kommt: Der Uranabbau birgt Risiken für die Menschen. Studien zeigen, dass das Lungenkrebsrisiko bei Arbeitern im Uranabbau stark erhöht ist. Was meiner Ansicht nach vor allem gegen die zivile Nutzung von Atomkraft spricht: Die Kehrseite der Medaille ist die militärische Nutzung.
Die Fragen stellte Miriam Schröder. Sie ist freie Journalistin in Berlin.