Deutsch-polnische Verständigung und Europa der offenen Türen
Nach Ansicht des Präsidenten des polnischen Parlaments, Sejm-Marschall Marek Jurek, gibt es eine Chance, den Streit der jüngsten Zeit in den deutsch-polnischen Beziehungen zu überwinden. Dabei könnten beide Parlamente eine wichtige Rolle spielen, sagte der Politiker in einem Interview mit der Wochenzeitung "Das Parlament". Die Kontakte zwischen dem Sejm und dem Bundestag seien vielversprechend, sagte Jurek, der mit dem Präsidium des polnischen Parlaments am Montag, dem 5. März 2007, nach Berlin gekommen ist. Beide Präsidien tagten am Dienstag, dem 6. März 2007, gemeinsam. Dabei ging es um eine engere Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten nach dem deutsch-französischen Vorbild und vor allem um die Vorbereitung einer für September geplanten Konferenz zum historischen Dialog. "Historische Fakten bedürfen einer moralischen Bewertung", stellte Jurek in diesem Zusammenhang fest. Erneut lehnte er den Begriff "Vertreibung" ab: "Dieser Begriff beinhaltet ein Potenzial der Abneigung gegenüber Polen" und werfe ein falsches Geschichtsbild auf.
In dem Interview signalisiert Jurek Dialogbereitschaft Polens in der Frage der EU-Verfassung. Es gebe neben der Präambel Diskussionsbedarf bei der künftigen Stimmgewichtung: "Es wird darum gehen, ein größeres Gleichgewicht zwischen kleinen und großen Staaten … zu garantieren", so Jurek. Polen werde konkrete Vorschläge unterbreiten und weiterhin das Stimmsystem von Nizza verteidigen. Gleichzeitig plädierte er für die Schaffung einer "aktiven östlichen Dimension" in der Europäischen Union.