Bildungsexperten bewerten Abweichungsrechte der Länder kritisch
Berlin: (hib/SUK) Den Bildungsexperten bereiten die im Rahmen der Föderalismusreform geplanten Abweichungsrechte der Länder Sorgen. Dies wurde in der Sachverständigenanhörung am Montagnachmittag deutlich. Der Generalsekretär des DAAD, Christian Bode, bezeichnete sie als "abenteuerliches Instrument". Sollte es dabei bleiben, empfehle er die Einrichtung eines "Ausbildungsberufes Rechtspfadfinder", um den Überblick darüber zu behalten, was in welchem Land gelte. Grundsätzlich seien aber seiner Ansicht nach weder bei Zugang noch Abschlüssen Regelungen des Bundes nötig: Die Abschlüsse würden ohnehin durch den Bologna-Prozess geregelt, zum Hochschulzugang gebe es ein bindendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Christiane Ebel-Gabriel, Generalsekretärin der Hochschulrektorenkonferenz, betonte dagegen, Bologna gebe keine verbindlichen Strukturen vor, für ein Funktionieren des gewünschten Wettbewerbs im Bildungsbereich seien Rahmenbedingungen nötig. Manfred Erhardt, Wissenschaftssenator a.D., regte an, dass die Länder künftig gemeinsam mit den Hochschulen die Möglichkeit haben sollten, mit ihren speziellen Kenntnissen der Situation vor Ort die Kapazitäten pro Studiengang festzulegen.
Auf Fragen der Bundestagsfraktionen und von Vertretern des Bundesrats nach der Notwendigkeit einer baldigen Finanzverfassungsreform betonten mehrere Sachverständige, wenn es nicht möglich sei, beide Reformen gleichzeitig anzugehen, müsse man zunächst den materiellen Teil regeln. "Die Aufgabenerfüllung hat Vorrang", so das Fazit von Ferdinand Kirchhof von der Eberhard Karls Universität Tübingen. Diese Einschätzung teilte der ehemalige Ministerpräsident Bernhard Vogel. Man dürfe nicht einen Teil der Reform zurückstellen, weil der andere noch nicht angegangen werden könne. Die geplante Finanzreform stehe vor erheblichen Schwierigkeiten: "Die Verteilung wird sich ändern, aber die Masse wird nicht wachsen."
Auch in den Fragerunden bekräftigten die Experten ihre Kritik sowohl am geplanten Kooperationsverbot wie auch den Wegfall der gemeinsamen Hochschulbaufinanzierung. Während der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Ulrich Thöne, das Kooperationsverbot "absurd" nannte, begrüßte Bernhard Vogel es als "Einmischungsverbot". Föderalismusforscher Hans-Peter Schneider und der Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Hans-Peter Klös, betonten, dass das Erziehungs- und Bildungswesen aufgrund seiner immensen Bedeutung für eine strikte Trennung der Bundes- und Landeskompetenzen nicht geeignet sei. Ministerpräsident a.D. Kurt Biedenkopf wies ebenfalls nachdrücklich darauf hin, dass die hoch entwickelten Volkswirtschaften noch stärker als bisher darauf angewiesen seien, das "geistige Potenzial" zu erhöhen und auf ein Wachstum der Intelligenz zu setzen.
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