Migrantinnen transferieren mehr Geld in ihre Herkunftsländer als Männer
Berlin: (hib/BES) Für eine bessere Nutzung der Wirtschaftskraft und der soziokulturellen Potenziale von weltweit rund 190 Millionen Migranten für ihre Herkunfts- sowie Zielländer hat sich der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ausgesprochen. Bei Enthaltung der Linken nahm der Fachausschuss am Mittwochvormittag einen interfraktionellen Antrag aller anderen Fraktionen zu diesem Thema (16/4164) an. Darin beklagen die Entwicklungspolitiker, dass die vielfältigen Potenziale von Migranten unterschätzt und nicht ausreichend oder zum Schaden der Entwicklungsländer genutzt werden. Migranten trügen durch Rücküberweisungen, Geschäftsbeziehungen, Investitionen und Know-how-Transfer zur wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Herkunftsländer bei. Häufig zeige sich, dass Investitionsprojekte von Migranten aufgrund der Kenntnisse ihres Heimatlandes auf solideren Beinen stünden als die von ausländischen Investoren. Allerdings gebe es auch negative Auswirkungen der Migration. Als Beispiel nennen die Antragsteller etwa die Abwanderung - vor allem von hochqualifizierten - Arbeitskräften aus den armen Ländern. Besonders gravierend wirke sich dies bei medizinischem Personal in Afrika aus. Die Fraktionen fordern die Bundesregierung auf, ein Konzept für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit auszuarbeiten und darin aufzuzeigen, wie eine stärkere Vernetzung von Entwicklungspolitik mit unternehmerischen oder gemeinnützigen Tätigkeiten der Migrantengemeinden erreicht werden könnte. Deutschland solle sich außerdem auf EU-Ebene gegen eine gezielte Abwerbung von medizinischem Fachpersonal aus Entwicklungsländern einsetzen, so eine weitere Forderung. Um die Finanztransfers besser zu regeln, regen die Parlamentarier an, den Zugang zum formellen Finanzsystem in Ursprungs- und Empfängerlängern zu verbessern, Diaspora-Banken bei der Entwicklung von notwendigen Standards zu unterstützen, Vorschläge zur Verbesserung von Geldüberweisungen zu erarbeiten und sich international für eine Senkung von Überweisungskosten einzusetzen.
Das Thema Migration nahm der Ausschuss zum Anlass, mit der früheren Bundestagspräsidentin und Migrationsexpertin Rita Süssmuth über den Weltbevölkerungsbericht 2006 zu diskutieren. Süssmuth ging ausführlich auf die Situation der Migrantinnen ein. Jahrzehntelang sei vernachlässigt worden, dass sie rund die Hälfte der migrierenden Bevölkerung ausmachten und keine einheitliche Gruppe seien, so die CDU-Politikerin. Als ein großes Problem erweise sich, dass viele Migrantinnen ihre Kinder zu Hause lassen müssten. Vor allem in Asien sei die Situation dramatisch. Der Weltbevölkerungsbericht zeigt auch, so Süssmuth weiter, dass Migrantinnen sehr belastbar sind und finanziell ihre Familien in den Herkunftsländern stärker unterstützen als Männer. So sei der Anteil an Rücküberweisungen von Frauen "manchmal um ein Drittel höher als von Männern", obwohl Frauen meistens weniger verdienten. Süssmuth forderte mehr Rechtsschutz für Einwanderer, speziell auch für Kinder. Ihnen dürfe nicht das Recht auf Bildung vorenthalten werden. Größere Flexibilität sei auch im Ausländerrecht notwendig. Außerdem sollten die Bildungspotenziale der Migranten besser genutzt werden. Es sei "ein Unding", dass gut ausgebildete Naturwissenschaftler "hier Taxi fahren" und Krankenschwestern mit Abschlüssen aus dem Ausland nicht in ihrem Beruf arbeiten dürften. Migration sei längst ein globales Problem, meinte Süssmuth. Allerdings werde sie als ein nationales Problem angesehen, obwohl in offiziellen Reden bekundet werde, dass kein Land die Migrationsprobleme alleine bewältigen könne.
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