Kolumbien und Peru setzen auf die Unterstützung Deutschlands und der EU
Delegationsleiter des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zieht erst Bilanz der einwöchigen Reise nach Lateinamerika.
Bei dem Bemühen, die Menschenrechtsverletzungen der Vergangenheit aufzuarbeiten und die Einhaltung der Menschenrechte zukünftig zu gewährleisten, setzen sowohl die staatlichen Stellen als auch die Nichtregierungsorganisationen (NGO) und Menschenrechtsaktivisten in Kolumbien und in Peru auf die Unterstützung Deutschlands und der Europäischen Union. „Den beiden Ländern kommt es dabei weniger auf eine finanzielle als auf eine personelle und fachliche Unterstützung an“, betont der Delegationsleiter der Ausschussreise, Christoph Strässer (SPD). Die sechsköpfige Delegation des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in der Zeit vom 24. September bis zum 1. Oktober 2007 Kolumbien und Peru besucht. An der Reise nahmen neben Christoph Strässer noch Ute Granold (CDU/CSU), Alois Karl (CDU/CSU), Wolfgang Gunkel (SPD), Florian Toncar (FDP) und Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) teil.
Bei den Gesprächen in Kolumbien, so der Delegationsleiter, hätten sowohl die Vertreter der internationalen Organisationen, wie des VN-Menschenrechts-büros, des VN-OCHA-Büros und der OAS-Mission zum Demobilisierungsprozess als auch die Vertreter der nationalen staatlichen Stellen, wie der Wissenschaftskommission zur historischen Erinnerung, des Anti-Minen-Programms und des Programms zur Opferidentifizierung und Aufklärung gewaltsamen Verschwindenlassens sowie der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung und die Vizeminister der Verteidigung und der auswärtigen Beziehungen die Auffassung vertreten, dass die Anstrengungen der Regierung Uribe, gegen Drogenanbau und –handel vorzugehen und die Paramilitärs zu entwaffnen und zu reintegrieren, ernst gemeint seien. Trotz der Komplexität des Problems bemühe sich Uribe, die Verbrechen der Vergangenheit aufzuklären und Opferversöhnung und Remigration der 3-4 Mio. Binnenvertriebenen voranzutreiben.
Laut Strässer haben die Bundestagsabgeordneten in den wenigen Tagen in Bogotá und Medellin einen sehr nachhaltigen Eindruck von den Anstrengungen der Regierung aber auch der NGOs, die sich aktiv an der Versöhnung der Bevölkerungsgruppen beteiligen, gewinnen können. Vor allem die Gespräche mit der Generalstaatsanwaltschaft und mit den NGO-Vertretern hätten gezeigt, dass es noch sehr viel zu tun gebe im Bereich der Verbrechensermittlung, der Reintegration von Paramilitärs sowie einer ausreichenden Opferentschädigung. Den deutschen Abgeordneten sei in den Gesprächen immer wieder dargelegt worden, dass es der kolumbianischen Seite vor allem um technische und personelle Unterstützung sowie Know-how-Transfer gehe. So habe auch die Generalstaatsanwaltschaft darauf hingewiesen, dass es an qualifizierten Richtern, Staatsanwälten und Ermittlern fehle, um die zunehmend publik werdenden Gewaltverbrechen der Vergangenheit aufzuklären und die Toten in den Massengräbern zu identifizieren. Erst vor kurzem habe ein Paramilitär gestanden, 2.000 Morde begangen zu haben. Dennoch müsste natürlich in jedem einzelnen Fall ermittelt werden. Und wenn wie jüngst etwa 30.000 Paramilitärs ihre Waffen niedergelegt hätten, so gelte es nun, diese nicht nur zu bestrafen, sondern sie auch wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Das Justizwesen Kolumbiens sei hiermit überfordert. Hinzu komme, dass Kolumbien in weiten Teilen des Landes unregierbar sei und es Regionen gebe, in denen der Staat schlicht nicht präsent sei.
Ein weiteres Problem in Kolumbien sind laut Strässer die zahlreichen Landminen, die vor allem im Umfeld der Drogengebiete verlegt seien. Beim Versuch die Kokapflanzen manuell zu vernichten, komme es deshalb immer wieder zu tödlichen Verletzungen. Auch hier müsse geprüft werden, wie Deutschland helfen könne.
In Peru, wo sich die Abgeordneten ebenfalls mit Regierungs- und Parlamentsvertretern sowie Menschenrechtsorganisationen und –aktivisten getroffen haben, sei vor allem die Aufklärung der Verbrechen, die zu Zeiten der Rebellenorganisation „Sendero Luminoso" und der Regierungszeit von Fujimori begangen wurden, thematisiert worden. Im Mittelpunkt habe hier die Arbeit der Wahrheits- und Versöhnungskommission gestanden, erklärt Strässer. Auch in Peru, so der Delegationsleiter, hätten sich alle Gesprächspartner für ein größeres Engagement Deutschlands und der EU ausgesprochen. Hier gebe es ebenfalls das Problem, dass es im Land zu wenige und vor allem nicht ausreichend ausgebildete Richter gebe. Von den aktuellen Problemen des Landes, die vor allem aus der Armut des größten Teiles der Bevölkerung resultieren, konnten sich die Abgeordneten u. a. bei dem Besuch eines Straßenkinderprojekts im Norden Limas überzeugen, das in weiten Teilen durch die Peru-Hilfe Deutschlands finanziert wird, und bei dem Besuch in Cajamarca, einer der größten Goldminen der Erde. Während die dortigen NGO-Vertreter betonten, dass die Erträge der Goldmine nicht der lokalen Bevölkerung zugute kämen und diese weiterhin in tiefster Armut lebe, verwiesen die Vertreter der Goldmine auf die staatliche Verantwortung, Infrastrukturen zu schaffen, zumal sie die rechtlich verpflichtenden Geldbeträge in Milliardenhöhe an die Regierung Perus abführten. Große Teile dieses Geldes flössen auch zurück in die Region.
„Deutschland und Europa muss alles in seiner Macht stehende tun“, bilanziert Christoph Strässer die Delegationsreise, „um Peru und Kolumbien bei der Bewältigung der Verbrechen der Vergangenheit und beim Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen zu unterstützen. Wichtig ist dabei aber auch, dass NGOs und Menschrechtsaktivisten frei und ohne Gefahr für ihr Leben arbeiten können.“
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