Wortlaut der Reden
Otto Schily, SPD | Peter Conradi, SPD >> |
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vermutlich gibt es kaum jemanden, der nicht offen oder insgeheim des Streits um Bonn oder Berlin überdrüssig geworden ist. Die Erbitterung und Verbitterung haben leider von Tag zu Tag zugenommen. Aus diesem Krampf müssen wir uns lösen und zur Vernunft zurückkehren. Der Antrag, den ich begründe, versucht, die Brücke zu einem Konsens zu bauen, in dem sich sowohl Berlin- als auch Bonn-Befürworter unter Respektierung ihrer wechselseitig unterschiedlichen Auffassungen treffen können. Es ist ein Vorzug, kein Nachteil, daß der Berlin-Antrag Bundestag und Bundesregierung beisammen lassen will.Das gilt aber ebenso für den Bonn-Antrag. Ich betone, daß ich den Berlin-Antrag so verstehe, daß Berlin zugleich Parlaments- und Regierungssitz werden soll. Auch der Kollege Geißler hat das ja so verstanden. Alle Teilungsanträge opfern die Funktionsfähigkeit des Parlaments der berechnenden Zaghaftigkeit, die sich wenigstens ein Stück der Torte sichern will. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Wenn es unser gemeinsames vorrangiges Anliegen ist, daß die Arbeits- und Funktionsfähigkeit von Parlament und Regierung unter keinen Umständen beeinträchtigt werden darf, kann eine räumliche Trennung von Parlaments- und Regierungssitz im Sinne einer Aufteilung auf Bonn und Berlin nicht zugelassen werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP) Das Parlament, das von Berlin aus die Bundesregierung, die in Bonn ansässig bleibt, kontrollieren will, gibt sich selbst auf. Das ist genauso richtig im umgekehrten Fall. Wenn sich zwei Städte um den Austragungsort eines Fußballspiels bewerben, kann die Konkurrenz nicht dadurch geschlichtet werden, daß die eine Mannschaft in Berlin und die andere in Bonn spielt. (Heiterkeit -- Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP) Wir alle müssen es aushalten können, daß heute die Entscheidung entweder zugunsten von Bonn oder Berlin ausfällt. Was wir uns nicht zumuten dürfen, ist ein Scheinkonsens, durch den die Arbeitsfähigkeit des Parlaments und damit die parlamentarische Demokratie insgesamt in Gefahr gebracht werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP) Manchmal, verehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen wir uns fragen, ob wir als Parlamentarier nicht nur das Selbstbewußtsein von Eisenspänen haben, die in ein Magnetfeld geworfen werden. Besser wäre es, heute manifestierte sich die Würde des Parlaments in der verantwortlichen Souveränität einer und eines jeden von uns. Danke sehr. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des Bündnisses 90/GRÜNE) Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster hat der Abgeordnete Peter Conradi zum selben Antrag das Wort. |